Licht am Ende vom Filz. Julianne Becker
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Da kam Isis mir zur Hilfe. Sie beschrieb mir nämlich, wie sie sich ihren Hut vorstellte. Wenn aber die Puppe einen Hut bekam, dann konnte ich darunter mit den Haaren ja ziemlich mogeln. Das freute mich. Ich legte mir die Haare auf einem Stoffband mittig zurecht, breitete ein zweites Band obenauf und nähte mit der Maschine darüber. Die so entstandene Haartresse nähte ich nun mit der Hand in Spiralen auf dem Isis-Kopf fest und filzte außerdem von unten nach oben ein paar Haare mit gleichfarbiger Wolle an die Kopfhaut, damit da kein Kahlkopf zu sehen war, falls jemand die Haare anhob. Ich legte ihr einen Mittelscheitel und schnitt die Frisur zurecht, ich entschied mich dabei für langes, gerade geschnittenes Haar, und so stimmte es auch.
Damit konnte ich äußerst zufrieden sein, die Puppe sah toll aus. Als nächstes modellierte ich den Hut ganz aus grobem Filz und bezog ihn mit Wolle und Seide, das Hellgrün des Kleides mit seidigem Gold. Die Göttin bat nun um zwei Hörner, von denen ein Schleier herabfallen sollte. Erst gab sie mir zu verstehen, dass zwischen diesen Hörnern eine goldene Scheibe hängen müsse, war aber später doch damit einverstanden, dass ich die goldene Scheibe nur andeutete, zwischen den Hörnern erhaben als Halbkugel auf dem Hut.
Nun fehlten nur noch die Finger und das ganze Gesicht der Puppe. Diese Arbeiten beanspruchten besonders viel Zeit und Hingabe. Die Füße hatte ich in gelbgoldene Pantoffeln gesteckt bzw. einfach aufgefilzt, so musste ich nicht auch noch die Zehen ausformen. Mit den vorhandenen Wollsorten und Nadeln war ich auch noch nicht zufrieden, aber besser ging es nicht.
Schließlich hörte der Kritiker in mir mit dem Herumgemäkel auf. Irgendwann würde ich in meiner Werkstatt viel mehr Farbnuancen und Wollsorten zur Auswahl besitzen, und dann würde ich noch schönere Puppen machen können. Aber mit meinen damaligen Mitteln war die Isis die bestmögliche Puppe, und damit in den dreißig Jahren Puppenmacherei mein bisheriges Meisterstück. Und so erklärte ich meine beste Puppe, die Göttinnen Isis, offiziell für vollendet und betrachtete sie zufrieden. Der Perfektionist in mir, der durchaus die paar Mäkel im Auge behielt, wurde auf das nächste Mal vertröstet. Ich sah mittlerweile auf eine fünfmonatige Arbeit zurück und staunte selbst über meine Leistung.
Ich liebte diese Puppe über alles und bewunderte sie immer wieder, vor allem ihre Kraft und ihren Ausdruck. Wäre es nur um das Filzen alleine gegangen, ich hätte die Puppe in hundert bis zweihundert Stunden herstellen können, selbst mit viel Liebe bis ins letzte Detail. Aber ich musste ja auch in mir selbst die Gaben der Göttin, diese Heilung und Ganzheit verankern, also ganz Frau sein, so dauerte es viel länger. Später wusste ich, dass ich mich eigentlich mit all diesen Prozessen selbst eingeweiht hatte in das Licht der Göttin.
Die Einweihung
Nach meiner Regenerierungspause bat mich die Göttin um eine feierliche Weihe für die Puppe. Die gewohnte Lichtfilz-Einweihung genügte ihr dazu nicht. Sie wollte unter Menschen, was ich nun eigentlich mittlerweile nicht mehr angesagt fand. Aber ich fügte mich und nahm die Puppe nach Absprache mit Regina zu deren Isis-Seminar mit, das – zufällig! – gerade statt fand. Zwölf Frauen hatten sich da versammelt und die Einweihung der Puppe wurde sehr bewegend für alle. Die Puppe blieb dabei verschleiert, bis der Moment der Einweihung gekommen war.
Ich wagte mich auch das erste Mal vor anderen Menschen zu channeln und verlieh Isis meine Stimme und sprach für sie. Unter anderem sagte die Göttin, dass jede der anwesenden Frauen, und wir waren, wie gesagt, genau ein Dutzend, eine andere Linie der Göttin repräsentierte. Und sie bat jede Frau einzeln vorzutreten und die Puppe mit ihrer eigenen Linie einzuweihen.
Und so kamen nach und nach alle Frauen nach vorne und jede tat das in ihrer eigenen Stimmigkeit, wortlos oder mit eigenen Worten, und brachte die eigene Linie der Göttin in sie und zur Erde zurück. Damit wurde das Licht der Göttin in dieser Puppe und für alle Menschen zugänglich, unsere vereinte Anstrengung verankerte sie auf der Erde, das wusste ich einfach.
Für alle anwesenden Frauen bedeutete dies auch eine erneute Selbsteinweihung in ihre eigene Göttinnen-Linie. Zum damaligen Zeitpunkt konnte ich noch nicht wirklich würdigen, welch ungeheuer wichtige Rolle Regina dabei spielte, dass sie den Raum dafür ganz groß und weit öffnete, zusammen mit einer anderen Frau, die Isis in sich bereits zu verwirklichen begann. Und welche Kraft die Puppe danach ausstrahlte! Die Göttin saß fortan auch immer verschleiert auf ihrem Thron bei mir zu Hause, und ich entspannte mich wieder mit den nunmehr schon gewohnten einfachen Tierfiguren.
Dann, irgendwann in den nächsten paar Wochen meldete sich die Göttin wieder und eröffnete mir, die Isis-Puppe hätte die Kraft, andere Menschen in die geheilte Weiblichkeit einzuweihen, und gleich diktierte sie mir eine Meditation dazu. Und ich durfte ihren Schleier nur lüften, wenn sich jemand ganz auf Isis einstellte und bereit war sich der Göttin für eine Einweihung zu öffnen. Die Puppe dabei anzusehen verstärkte die Wirkung, ja, selbst ein Bild dieser Puppe konnte ganz gandios unterstützen. Und Isis bat mich, andere Menschen über eine Meditation in das Licht der Göttin einzuweihen, die sie mir nun diktierte:
"ICH BIN ISIS. Ich bin der Weibliche Weg in diesem Universum. Und ich erinnere Dich an Deine Schönheit, Anmut, Unschuld, Hingabe und Ganzheit. Sie gingen nie verloren. Das Weibliche Mysterium wurde nie entweiht, es hat sich nur entzogen. Und kommt nun zurück. Lass es uns annehmen und feiern!
Geliebtes Wesen, gehe in die Stille und verbinde dich mit mir, der Göttin, die viele Namen hat und für diese Puppe den Namen Isis wählte. Stimme dich ein auf das Tor meines Lichtes und meiner Schwingung, das in Form einer Puppe für dich erschaffen wurde. Betrachte und fühle mich für eine Weile in Stille...
Spüre mich...
Und nun werde ganz weit! Öffne dein Herz und nimm mich auf, atme mich ein, nimm alle weiblichen Anteile auf dieser Erde auf, nimm die Erde selbst auf, und nimm mich in deinem Herzen mit zu den Sternen...
Werde noch größer und weiter...
Und dehne dich aus auf das Sonnensystem, auf die Milchstraße, deine Heimatgalaxie und auf das ganze Universum...
Und nun sage laut:
>Ich bin der weibliche Weg in diesem Universum.<
Und um diese Quelle ganz klar zu fühlen, schließe alle männlichen Anteile in dir für einen Moment aus – in Liebe. Nur so kannst du vollständig eintauchen in diese Schwingung, Göttin sein, mich in dir wiederfinden. Stelle dir um dich herum eine goldene Kugel aus Licht vor und erkläre dich frei von männlicher Energie. So sei es...
Und nun gehe wieder in die Stille und lass die Essenz des Weiblichen, lass mich mit dir SEIN...
Empfange, fühle...
Keine Gedanken...
Sei das Mysterium...
Und lausche...
Ich rede mit dir, in dir...
Suche deine wunderbare Weiblichkeit nicht draußen und bei andern sondern in DIR...
ICH BIN DU...
Meine Schönheit entstand,