Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held
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Mahomed ließ zwei Tiere satteln mit Goldsätteln und
reich mit Steinen verzierten Zäumen und starken seidenen
Zügeln; diese ritten er und sein Gast, und so
zogen sie mit großem Gefolge gen Bagdad.
Als die Sonne untergegangen war, wurden Zelte
aufgeschlagen für die Nacht. Das Zelt, in dem Mohamed
und Mesruri Sayafi schliefen, war aus Seide, und
die Pfähle, über welche der kostbare Stoff gespannt
war, waren von Holz der Aloe geschnitzt.
Am andern Tage zogen sie weiter, und nach etlichen
Tagen erreichten sie das Ziel ihrer Reise.
Mesruri Sayafi aber dachte:
»Wenn ich den Sultan spreche, so muß ich ihn fra-
gen, wie dieser Mann zu seinem großen Reichtum gekommen
ist; denn ich entsinne mich, daß sein Vater
noch ein öffentliches Bad hielt.«
Als sie den Palast des Sultans erreicht hatten und
Harun al Raschid ihnen entgegentrat, fiel Mohamed
zur Erde und fragte:
»Darf ich zu dir sprechen?«
Da sagte Harun al Raschid:
»Sprich!«
Als Mohamed seine Augen aufhob und seine Lippen
öffnete, tat sich das Dach des Hauses auf, und es
erschienen Paläste und Gärten mit herrlichen Bäumen,
deren Blätter Perlen und deren Früchte Korallen
waren.
Der Sultan war sehr verwundert, als er das sah, und
fragte:
»Woher kommt all dieser Reichtum? Wir wissen,
daß du derselbe Mohamed bist, den die Leute den
Trägen nennen, und dein Vater hielt ein öffentliches
Bad. Wie also ist es gekommen, daß du zu so unermeßlichen
Gütern gelangt bist?«
Mohamed erwiderte:
»Wenn du es befiehlst, so werde ich dir meine Geschichte
erzählen. Ich habe all diese Geschenke dir
mitgebracht, nicht, weil ich dich fürchte, sondern weil
ich außer dir keinen Menschen weiß, der ihrer würdig
ist. Jetzt laß mich dir erzählen, was mein Leben war.
Als ich jung war, starb mein Vater und ließ meine
Mutter und mich in tiefer Armut. Ich war zu faul, um
zu arbeiten, ja zu faul, um zu essen; deshalb tat meine
Mutter mir jeden Bissen in den Mund. Wenn ich lag,
war ich zu faul, mich von einer Seite auf die andere zu
wenden; meine Mutter tat es für mich. Die Speise
aber, die wir aßen, mußte meine Mutter erbetteln, und
das währte fünfzehn Jahre.« Eines Tages kam sie
heim und brachte fünf Silbermünzen mit, die man ihr
geschenkt hatte. Diese gab sie mir und sprach:
»Nimm diese Münzen und gib sie dem Scheik Abalmathfar,
der sein Schiff rüstet, um damit nach China
zu reisen. Bitte ihn, daß er dir für das Geld Waren
kaufe, die du hier mit Vorteil verkaufen kannst; denn
der Scheik ist ein frommer Mann, der die Armen liebt.
Gehe nun zu ihm und bringe ihm das Geld.«
Ich aber antwortete:
»Wie kann ich gehen!«
Da wurde sie zornig und drohte.
»Gehst du nicht zu ihm, so bist du nicht länger
mein Sohn. Weder Speise noch Trank werde ich dir
reichen, und wenn du in der Sonne liegst, werde ich
dich liegen lassen. Wenn dich hungert, werde ich dich
sterben lassen!«
Sie schwor bei Allah, zu tun, wie sie sagte; deshalb
willfahrte ich ihr und ließ sie mir meine Sandalen
antun und mein »Kanzu«. Dann ließ ich mir von ihr
einen Stock geben, damit ich mich stützen konnte,
und meine Mutter mußte mich aufrichten. Darauf
sagte ich zu ihr:
»Nun stelle dich hinter mich und schiebe mich, daß
ich vorwärts komme.« So gingen wir nun langsam
voran, bis wir das Ufer erreichten. Dort suchten wir
den Scheik Abalmathfar und fanden ihn, geschäftig
seine Güter an Bord bringen. Als er mich sah, rief er
erstaunt:
»Was ist vorgefallen, daß du hierher kommst?« Ich
gab ihm die Münzen und sagte ihm, was mich zu ihm
führte. Er versprach, meine Bitte zu erfüllen, und ich
ging heim, um mein altes Leben weiterzuführen. Der
Scheik begab sich auf die Reise nach China, und er
und seine Freunde machten dort ihre Besorgungen,
vergaßen aber mich und meine fünf Silberstücke.
Zwei Tage war er schon wieder auf der Rückreise, als
ihm plötzlich sein Versprechen an mich einfiel.
»Wir müssen zurückkehren,« sprach er zu seinen
Reisegefährten, »denn ich habe Mahomed dem Trägen