wie Hulle. Peter Baldinger
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу wie Hulle - Peter Baldinger страница 18
„Ach ja, Stella, die Freundin von Shorty“, rief ich.
„Mit Shorty bin ich schon längst nicht mehr zusammen.“
Hätte ich auch gewusst, wenn. Ich musterte sie. Sie sah jetzt völlig anders aus, trug ein Hippie-Outfit, wie ich. Die albernen Stiefel und den Minirock konnte man sich an ihr nicht mehr vorstellen.
„Gehst du jetzt hier zur Schule?“ fragte ich sie.
„Ja, Sabine und ich kommen von der Realschule. Jetzt wollen wir Abitur machen“, sagte sie und die pummelige Sabine neben ihr nickte.
Wir hatten viel Spaß. Ich erklärte den beiden, wo alles war und wie alles funktionierte. Sie ließen das gerne mit sich machen.
Stella trug sich in einen Mathematik-Leistungskurs ein. Ich hatte mir felsenfest vorgenommen, die leichtere Variante mit Biologie zu wählen. Aber da ich schon hoffnungslos verliebt war, trug mich ebenfalls für Mathe ein.
Der Alte jubelte begeistert.
In der nächsten Woche war die erste Mathestunde. Ich wartete vor der Klasse auf Stella. Als sie kam, tat ich so, als wäre ich auch gerade gekommen. Wir betraten zusammen die Klasse, nein, sie schwebte mit ihrem grazilen Körperchen, kleinem Po und kleinen aber bestimmt prima Busen, und wir setzten uns so 'ganz automatisch' nebeneinander. Ich war nun schon in jede Winzigkeit verliebt: wie sie roch, aß, trank, ging, den Stift hielt, den Anorak auszog – einfach in alles. Vor Herzklopfen kriegte ich kaum mit was Lehrer Weindorf alles vom Stapel ließ. Nämlich, dass ein Matheleistungskurs richtig harte Arbeit sei. Ich grinste nur und Stella lächelte zurück und sah mir volle Pulle in die Augen. Ein tolles Lächeln, besonders durch den kleinen Leberfleck über ihrer Lippe - aber: nicht ganz so süß, wie das von Lene.
In der Pause verabredeten wir gemeinsames Hausaufgabenmachen. Hurra!
Tobias kam und wir hörten ‚Still Life‘ von ‚Van der Graaf Generator‘. Dazu leerten wir etliche Halbe und ne halbe Flasche Persiko.
Dann wollten wir zu Uwe (von meiner Schule) zucken. Die Tee-Treffen bei Uwe hießen neuerdings ‚Meetings‘. Es goss in Strömen. Ich also aufs Rad gesprungen. Aber Tobias stellte sich erst mal an die Hauswand und pullerte. Das kriegte natürlich der Hausdrachen mit, riss das Fenster auf und schrie rum. Ich verdünnisierte mich und hoffte, dass sie mich nicht gesehen hatte. Am Ende der Rimsockstraße wartete ich. Aber Tobias kam nicht nach. Also gaste ich wieder zurück. Auch nichts. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Ich durchforstete noch eine Weile die Seitenstraßen, dann fuhr ich alleine zu Uwe. Komischerweise war er da auch nicht. Aber dafür Sabine und Stella. Durchnässt setzte ich mich zu ihnen. Uwe schenkte mir in einem übertriebenen Schneidersitz Tee ein. Das wirkte yogamäßig gelenkig, aber auch nach Käsefüßen. Er hatte einen monströsen Eiterpickel auf der Stirn.
Eine Stunde später kam Tobias doch noch. Er sagte, er habe sich verfahren, sei schnell nach Hause gerast, habe auf den Stadtplan geguckt, wo Uwe wohne und sei wieder los. Banane!
Als der Regen nachließ, brachen wir auf zu einer ‚Meditationsveranstaltung‘. Darunter konnte ich mir überhaupt nichts vorstellen. Aber weil Stella hinwollte, wollte ich selbstverständlich auch hin. So simpel war das!
Unterwegs knallte ich mit dem Rad gegen eine Autotür, die ein Depp aufgerissen hatte. Überlebte ich gerade so, aber mein Bein tat höllisch weh.
In der Schule in der die Veranstaltung stattfand, hockten hunderte Meditationswilliger auf dem Turnhallenboden. Einer im Anzug ging ans Mikrophon und begrüßte die Leutchen. Dann ging‘s los:
„Hinlegen!“ Alle gingen runter.
„Der rechte Arm wird leicht und kreist dabei herum." Alle machten das.
„Seht nach rechts ins Leere!“ Alle befolgten es.
Sehr schnell war man ganz benebelt. Ich jedenfalls und die Schose wirkte auf mich wie Massenhypnose.
„Grütze“, rief ich deshalb dazwischen.
Sofort kamen zwei Brechertypen an und griffen mich an den Armen. Tobias sprang auf und rief:
„Das hier ist doch faschistischer Müll! Wir wollen Redezeit am Mikro!“
Die Ordner sagten sogar, sie würden sie uns einräumen, wenn wir nur friedlich mitkämen. War natürlich nur ein billiger Trick, um Tobias und mich näher zum Ausgang zu lotsen.
Auf ein Zeichen hin rissen wir uns los und flitzten zum Mikrophon. Aber neue Ordner kamen hinter der Bühne vor und bremsten uns. Zu sechst trugen sie uns raus.
Vor der Tür machten sie den Fehler uns loszulassen. Sofort rannten wir wieder rein. Diesmal schafften wir es bis zum Mikrofon und Tobias schrie:
„Wir finden diese Veranstaltung hier wirklich Kokolores! Wir fordern Sprechzeit! Warum diese Gewalt? Fürchtet man sich davor, was wir zu dieser Veranstaltung zu sagen haben?“
Dann mussten wir dringend den Rückzug antreten.
Draußen hörten wir noch, wie jemand „Terroristen“ brüllte.
Echt lustig. Ich hoffte nur sehr, sehr, sehr, dass Stella nicht eingeschnappt war. War sie aber - etwas.
Tobias und ich trampten nach Nienburg zu einem Open Air Rockfestival. Da spielte als erstes die ‚Peter Koller Group‘. Es fing an zu regnen und plötzlich brach der Gitarrist zusammen. Der war vielleicht tot, weil er einen Schlag gekriegt hatte. Es gab erst mal eine lange Pause und die Atmosphäre war total verpupst. Dazu schüttete es wie aus Kannen. Shorty, Kretsch, Bonzo, Elke, Stine, Thorsten, Meschan und Suse trudelten ein, als eine andere Band spielte. Die Musik war echt nicht so gut. Also quatschten Tobias und ich ein bisschen.
„Bei uns dreht sich alles immer mehr um Frauen, oder?“ sagte Tobias.
„Das stimmt. Aber so ist das halt. Ich interessiere mich im Augenblick sehr für Frauen“, sagte ich. Ich meinte damit Stella.
„Neuerdings interessiere ich mich auch für Landschaften“, sagte Tobias.
„Landschaften?“ lachte ich.
„Ja, Landschaften im weitesten Sinne sind echt doll. Ich finde plötzlich Städte, Stadtteile, Gebäude, Wiesen und Berge gut“, erklärte er ganz ernst.
Zum Glück lieh uns Bonzo sein Zelt. Er wollte durchsaufen. Aber der Boden der Kuhweide war total aufgeweicht und in dem Matsch waren Steine. Aus Plastiktüten bauten wir uns Gras-Kissen.
Als wir im ersten Glimmer des neuen Tages wieder rauskrochen, lag vorm Zelt das Gerippe von Tobias‘ Regenschirm, den jemand abgefackelt hatte. Da es wieder schiffte, warf Tobias echt sauer das Gestänge durch die Gegend. Ohne den Schirm waren wir irgendwie aufgeschmissen und trampten lieber wieder zurück.
„Kommt doch noch mit zu mir. Zu Hause hab‘ ich noch ne Flasche Rotwein“, sagte eine Millie mit piepsiger Stimme. Sie hieß Beatrice, war klein und hatte braune, kurze Haare. Tobias und ich fanden das Angebot natürlich dufte. Die Fete hatte sich sowieso beträchtlich geleert. Wir zuckten zu ihr nach Döhren. Als sie aufschloss, sagte sie, wir sollten leise sein. Auf dem Türschild stand: ‚Schmetter‘.
„Schmetter?