Broken Bones. Andrea Appelfelder
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„Steh wieder auf und lass den Mist. Ich würde niemals jemanden verwandeln. Wieso sollte ich denn dann ausgerechnet dich verwandeln und wieso um Himmelswillen, willst du überhaupt ein Vampir werden? Gerade heulst du hier noch rum, dass dein Leben ein einziges Desaster ist und jetzt willst du, dass dieses auch noch ewig andauert!“
Sie kniete immer noch vor dem jungen Mann, ohne sich darum zu scheren, dass sie von allen unverhohlen angestarrt wurde.
„Du musst das auch nicht verstehen. Ja, ich hasse mein Leben, besonders weil ich mich so einsam und missverstanden fühle, aber ganz ehrlich. Ich habe mehr Angst vor dem mich zu erwartetenden Tod als vor der Einsamkeit. Glaube mir, ich würde alles tun um zu bekommen, was du hast.“
Der Junge setzte nun ein teuflisches Lächeln auf und kniete sich vor ihr auf den weißen Marmorboden. Er nahm ihr Kinn in seine linke behandschuhte Hand und zwang sie, in seine strahlenden blauen Augen zu blicken.
„Wenn du ein Monster werden willst, dann geh in irgendeine größere Stadt. Suche dann einen Club, der nach einem übernatürliches Wesen benannt wurde. An so einem Ort findest du andere Vampire, die dir das geben, was du hier von niemanden erhalten wirst. Dort hast du bestimmt auch das Glück, dass jemand auf dein Angebot eingeht. Du hast jetzt sowieso wieder genug Zeit, weil ich dich nämlich ganz eigenmächtig rauswerfe. So etwas wie dich, der nur auf seinen eigenen Vorteil aus ist, hat im Dienst der Kirche nichts zu suchen.“
Sie stand auf und zog sich die Nonnenhaube vom Kopf: „Wenn ich dort unsterblich werden kann, ist es mir egal, ob ich hier arbeite oder nicht. Sobald ich einer von euch bin, kann ich doch ohnehin alles tun wonach mir ist. Zeit habe ich dann auch genug. Der Tod wird mich niemals ereilen und ich werde ewig jung sein.“
Angel erwiderte nichts mehr darauf, er schüttelte nur noch angewidert den Kopf und lief wortlos an ihr vorbei. Allerdings konnte er sich schließlich einen bestimmten Kommentar doch nicht verkneifen. „Du bist einfach nur erbärmlich.“
Der Vampir verließ nun endgültig die Feier, wo er nun nachdem Mike verschwunden war, der einzige Vampir war.
Der junge Mann ging einen fast endlosen Gang, der mit rotem Samtteppich bespannt war, entlang um auf sein Zimmer zu gelangen.
Dort angekommen entledigte er sich seines schwarzen Anzuges und des weißen Hemdes, welches er bis eben noch getragen hatte, um sich eine bequeme Jeans und ein weißes Shirt und eine graue Stoffweste anzuziehen.
Nachdem das erledigt war, begab er sich auf seinen Balkon und zog eine Zigarette aus der Schachtel, die er in der linken Tasche seiner Jeanshose trug, und steckte sie sich in den Mund.
Er knöpfte die Stoffweste zu und zog aus der selben Tasche der Jeans ein silbernes Sturmfeuerzeug mit dem eingravierten Wappen seiner Familien, einem dreiköpfigen Hund, welcher dem Höllenhund ähnelte, ließ es aufschnappen und zündete seine Zigarette an.
Während er sie in der linken Hand, zwischen Mittel- und Zeigefinger ruhen ließ, begann er zu lachen wie ein Geisteskranker.
„Ich würde alles darum geben, wieder ein Mensch zu sein und die, die will ein Vampir werden. Ich wollte niemals so werden, wie ich jetzt bin. Das ich jetzt ein Monster bin, ist nur die Schuld von Salomone. Ich hasse ihn dafür, was er mir angetan hat, irgendwann wird er dafür bezahlen, was er mir angetan hat, das schwöre ich.“
Er sah sich den dunkel geworden Nachthimmel und die darin hängenden leuchtenden Sterne an.
„Wenn ich nur an den Tag zurückdenke, an dem ich das geworden bin, was ich bin. Ich wollte nur in einem Club etwas trinken und vielleicht mit einem hübschen Mädchen etwas Spaß haben. Das hatte ich dann auch, aber dann entschied ich mich dummerweise in meinem angetrunkenen Zustand dafür, in einem vermeintlichen Hotel zu übernachten, weil ich mich für nicht mehr fähig hielt allein nach Hause zu kommen.“
Eine Träne lief langsam über seine Wangen und er musste mit weiteren kämpfen.
„Als Mensch ging ich hinein, um Tage später unter enormen Schmerzen und als Monster dieses Haus wieder zu verlassen. Meine geliebte Familie habe ich erst Jahre später wiedergesehen. Doch dieser Anblick hat mir fast das Herz gebrochen. Aber seitdem ich nur noch mit Vampiren zu tun habe, kommt mir manchmal der Gedanke, dass ich ihn zwar dafür hasse, was er mit mir gemacht hat, aber auch, dass ich nie wieder das elende Schicksal der Sterblichkeit erleben will.“
Nachdem Angel einige Male tief durchgeatmet hatte, hatte er sich wieder so weit beruhigt um endlich einen Zug von seiner halb abgebrannten Zigarette zu nehmen. Nur um sie dann wieder zwischen Mittel und Zeigefinger der linken Hand ruhen zu lassen.
Nachdem er nicht noch einmal seine Gedanken laut äußern wollte, dachte er jetzt in sich hinein an das Mädchen.
Sie ist den weiten Weg aus Finnland hierhergekommen, um nach noch nicht mal einen einzigen Tag alles wieder hinzuwerfen.
Mit großen Worten sagte sie mir, dass sie einen Neuanfang im Vatikan wollte. Anscheinend wollte sie zwar wirklich einen Neuanfang, ihr war aber egal auf welche Art und Weise das passierte.
Mist, eigentlich hätte ich ihr nichts von den Vampirclubs erzählen dürfen, wenn die anderen Vampire das wüssten, wäre das mein Ende.
Es ist uns nämlich verboten, uns vor den Menschen zu offenbaren, oder gar andere Vampire oder deren Verstecke auszuplaudern. Aber dieses Mädchen, sie hatte mich mit ihren Gerede so wütend gemacht, dass ich es einfach ausspuckte ohne groß nachzudenken.
Sie spielte außerdem mit dem Tod indem sie mich auf Knien anbettelte, sie zu verwandeln und somit unsterblich zu machen.
Ich kenne solche Menschen zur genüge. Diejenigen, die uns nicht hassen oder verachten, wollen so sein wie wir und würden auch alles dafür tun, damit ihr Leben ewig währt.
Egal, das Mädchen war Geschichte. Sie würde unweigerlich, nachdem sie erfahren hätte, dass es uns wirklich gibt, ihren Tod entgegengehen. Wenn ich bedenke, dass sie noch nicht mal offiziell aufgenommen worden war, und somit gehörte sie also auch gar nicht wirklich zum Vatikan.
Nicoletta war zwar noch nicht tot und doch war es für ihn an der Zeit, diese flüchtige Begegnung zu vergessen.
Er drückte nun den aufgerauchten Stummel der Zigarette auf dem Geländer des Balkons aus, aber nur um sich gleich wieder eine neue anzuzünden.
Angel beschäftige aber immer noch eine bestimmte Frage: „Wieso habe ich mich nur so einfach als das, was ich bin, vor ihr enttarnt?“
Vielleicht war es ja Neugierde, weil er wissen wollte wie sie reagieren würde, oder er wollte sie nur testen, schließlich musste es einen Grund dafür geben, dass ihr alle den Rücken kehrten. Doch war der Grund nun erstmal egal, er musste das alles vergessen, es ging ihn nichts mehr an.
Man hatte ihn in der laufenden Woche für keinen Auftrag eingeteilt und diese freie Zeit musste er nutzen um sich mal richtig auszuruhen.
Schließlich war er auch gerade erst vor ein paar Tage von seinem Auftrag in Berlin zurückgekehrt, wo er die Welt von einem ihrer größten Monster befreit hatte.
Auch wenn er seine Arbeit gerne tat, gab es doch auch diese Zweifel in seinem Inneren und das Missfallen darüber, dass die Vampire in dieser kleinen Festung richtig ausgenutzt wurden. Seine Artgenossen waren