König Oyster und sein Reich. Bärbel Junker

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König Oyster und sein Reich - Bärbel Junker

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Träne, schillernd wie Perlmutt, rollte, eine feuchte Spur hinterlassend, ihre weiche Wange hinab.

      „Ach Gottchen! Die arme Kleine. Ich würde sie zu gerne tröstend an mein Herz drücken“, seufzte eine dicke Feuerqualle gerührt.

      „Sie ist aber auch zu niedlich“, säuselte Flonka, die gestreifte Wasserschlange, entzückt.

      „Zum Fressen süß“, zischelte ihre Artgenossin Portza spöttisch. „Wäre sie nicht die Thronfolgerin und würde sie nicht zu unserer Gemeinschaft gehören dann, ja dann ...!“ Sie beendete den Satz zwar nicht, aber ihre hornigen Kiefer mahlten vielsagend aufeinander.

      „Hi, hi“, kicherte die Feuerqualle. „Lass das lieber nicht den König hören, meine Liebe, sonst ...“ Sie verstummte verlegen unter dem vorwurfsvollen Blick eines urweltlich anmutenden Geschöpfes mit riesigen, weiß umrandeten Telleraugen.

      „Hör auf zu weinen“, flüsterte der König seiner Enkelin zu. „Wir wollen unserem Volk doch kein Schauspiel bieten.“

      Robby hob den runden weißen Kopf und sah ihn um Vergebung heischend an.

      „Ist ja schon gut, Kleines“, murmelte der König. Unter seinen schweren, violettfarbenen Lidern hervor betrachtete er sein Enkelkind. Seltsam, dachte er wie schon so oft. Seltsam, dass die Nachkommen meiner Rasse bis zu ihrem vierten Lebensjahr wie ganz normale Robben aussehen mit dem einzigen Unterschied, dass ihr Fell weiß ist und dass wir erst mit zunehmendem Alter die uns vorherbestimmte Gestalt annehmen. Und auch seltsam ist, überlegte er weiter, dass ausschließlich den Mitgliedern meiner Familie, der Königsfamilie, zusätzlich zu ihren Flossen auch noch zwei menschenähnliche Arme mit vierfingrigen Händen wachsen.

      Noch war davon nichts bei Robby zu sehen. Aber in wenigen Jahren würde auch sie sich verändern, ebenso wie ihre Brüder, und ihm zum Verwechseln ähnlich sehen. Bis auf die Rückenstreifen selbstverständlich.

      Denn nur in der Anzahl der violettfarbenen Bogen oberhalb dieser Streifen unterschieden sich die Angehörigen der Königsfamilie voneinander. Doch das vermochten Außenstehende natürlich nicht zu erkennen, wo doch dieses Unterscheidungsmerkmal selbst innerhalb seines Clans nicht selten zu Missverständnissen führte.

      „...und da haben wir es gesehen, Großvater“, schreckte ihn die Stimme seiner Enkelin aus seinen Gedanken auf.

      „Bitte, was? Was habt ihr gesehen?“, fragte der König verwirrt.

      „Die Fässer, Großvater. Viele, viele große Fässer.“

      „Ähnelten sie denen, die ich euch beschrieben habe?“

      „Ja, Großvater. Es sind orangefarbene Behälter mit einem dicken Kreuz und einem weißen Totenkopf in der Mitte.“

      „Bist du sicher, Kind?“

      „Ganz sicher, Großvater“, beteuerte Robby.

      „Was war das für ein Schiff? Dasselbe wie beim letzten Mal?“, wollte der König wissen.

      Robby nickte.

      „Habt ihr es verfolgt?“

      Robbys weißes Fellgesicht verfärbte sich rosa vor Verlegenheit.

      „Sag die Wahrheit, Robby. Habt ihr?“

      Seine Enkelin nickte zaghaft. „Wir sind hinterhergeschwommen“, flüsterte sie schuldbewusst.

      „Selber Ort? Selbe Stelle?“, fragte der König knapp.

      Erneutes Nicken.

      „Hmmm, das muss endlich ein Ende haben“, murmelte der Herrscher mit sorgenvoll gerunzelter Stirn. Leises Plätschern, Wortfetzen und zaghaftes Räuspern lenkten seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Untertanen, die ihn beobachteten. Ich muss eine Entscheidung fällen, überlegte der König. Doch zuerst einmal muss ich in Ruhe nachdenken. Also gut.

      „Alle mal herhören“, rief er. „In fünf Tagen treffen wir uns erneut hier. Bis dahin habe ich einen Plan ausgearbeitet wie wir uns und unsere Heimat vor den Übergriffen der Menschen schützen können. Haltet die Augen offen und benachrichtigt auch eure entfernt lebenden Verwandten und Bekannten. Wir benötigen jede Hilfe, die wir kriegen können.

      Und beachtet die Grenzen, damit ihr nicht in irgendeinem Netz oder einer Fischfabrik endet“, warnte er. „So, die Versammlung ist geschlossen. Geht jetzt wieder an eure Arbeit und lasst es euch bis zu unserem Treffen gut gehen. Robby, du rufst deine Brüder und kommst mit ihnen nach“, befahl er seiner Enkelin.

      Seine Hände stießen sich von den Armlehnen seines Thronsessels ab. Geräuschlos schwebte sein runder, gedrungener Körper in die Höhe. Schwerelos legte er sich auf die Seite, schwamm auf den rechter Hand liegenden Durchgang zu seinem Palast zu und ... stoppte abrupt kurz davor. Hastig warf er einen Blick über die Schulter zurück. Der Kuppelsaal leerte sich schnell. War er bereits fort? Nein! Glück gehabt!

      „Adamos!“

      Des Königs sonore Stimme durchquerte den Raum und drang mühelos zu dem Gerufenen vor.

      „Ja, hier bin ich.“ Der kobaltblaue Wal mit der auffallenden, silbrig-weiß gemusterten Nasen- und Augenpartie hob fragend den mächtigen Kopf.

      „Bitte, komm einen Moment hierher zu mir, Adamos“, rief der König, und der schwergewichtige Wal kam eilig der Aufforderung nach; schließlich ließ man seinen Gebieter nicht warten.

      „Stets zu Diensten, Majestät.“ Liebe und Achtung vor der Rechtschaffenheit seines geliebten Königs ließen ihn ehrerbietig das Haupt senken.

      „Ich habe einen wichtigen Auftrag für dich“, sagte König Oyster.

      „Jederzeit, Majestät.“

      „Gut, mein Bester. Also, ich möchte, dass du deinem gesamten Clan Botschaften sendest und sämtliche, heute hier nicht vertretenen Clans benachrichtigst.“

      „Selbstverständlich, Majestät. Ihr könnt Euch ganz auf mich verlassen. Ich werde alles zu Eurer vollsten Zufriedenheit erledigen.“

      „Fein, dann mach dich auf den Weg.“

      Der Wal namens Adamos nickte und schwamm eilig davon.

      SPIEL IM RIFF

      „Hi, hi, die Luftbläschen kitzeln so schön“, kicherte Marissa, und ihre beiden Freundinnen stimmten fröhlich in ihr Lachen ein. Die drei Paradiesbarben-Mädchen hatten sich zum Spielen zwischen ein üppig bewachsenes Korallenriff zurückgezogen, wo sie ungestört waren.

      Alle drei Fischmädchen waren gleich gemustert, jedoch von unterschiedlicher Farbe, bis auf die leuchtend rote, salmiförmige Schwanzflosse, die ein Kennzeichen ihrer Rasse war.

      Marissas Gesicht war rosa und zu den herzförmig geschwungenen roten Lippen hin hellblau gefärbt, während Podima ein orangefarbenes, zum Mund hin in ein warmes Gelb übergehendes Gesicht hatte und Xzessas Gesichtsfarben laubgrün und türkisfarben waren.

      Die Schwanzflossen der drei farbenprächtigen Fischkinder arbeiteten

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