Täubchen alla Boscaiola. Martin Schlobies

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Täubchen alla Boscaiola - Martin Schlobies

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Ausblick auf Cefalú fasziniert wäre. „Sieht man sich wieder?“, sagte sie mit unterkühlter Stimme und zeichnete weiter.

      Er achtete nicht auf ihre Worte, sondern trat an die Staffelei, und warf einen Blick auf das angefangene Bild. Ihr kam es vor, als verzöge er das Gesicht, und schürzte die Lippen. „Machen Sie das professionell?“, fragte er ganz sachlich. Doch diese Frage und das Gesicht, das er dabei machte, kränkten sie. Kam sie sich doch schon als Künstlerin vor! Sie war so gespannt und verärgert, daß sie ihm die Staffelei samt dem Karton darauf über den Kopf zu schlagen vermocht hätte.

      „Ich bin bald fertig . . . “, ließ sie sich schließlich herab zu murmeln, und war unendlich dankbar, daß ihre Stimme nicht zitterte, wie jetzt ihre Hand.

      „Ich warte gern ein wenig . . . “, erwiderte er ruhig und setzte sich auf die schmiedeeiserne Balustrade und schaute interessiert in die Landschaft hinaus.

      Er wäre wieder in den Bergen gewesen, sagte er, als sie endlich begann, ihre Sachen zusammenzupacken.

      „Was treiben Sie denn eigentlich dort?“, fragte sie.

      „Ich suche etwas!“

      „Was?“Er lächelte fein,

      „Gemsen!“

      „Haben Sie Gemsen gesagt?“

      „Ja! - Nein, ich suche etwas anderes, aber das möchte ich nicht sagen! - Noch nicht, wir kennen uns noch nicht genug!“

      Das war nun kein großer Vertrauensbeweis, doch Pauline nahm sein Angebot, sie einmal beim Suchen mitzunehmen, an. Gern nahm sie es auch an, als er ihr anbot, sie hoch zum Hof zu bringen, wo sie wohnte.

      „In meinem letzten Gasthof war es schrecklich . . . “ , erzählte er während der Fahrt. Keine weitere Nacht würde er dort verbringen wollen. Laute Musik und Gesang bis in die tiefe Nacht hinein, eine ständige Unruhe im ganzen Haus. Er hatte all seine Sachen schon wieder hinten im Auto. Und er hatte für die Übernachtung doppelt soviel bezahlten müssen, als üblich. Pauline mußte über ihn lachen, ihn, der einen so gescheiten und weltgewandten Eindruck machte.

      Raphael zog dann zu ihr auf diesen Bauern-Hof, ins Haupthaus, in dem auch sie wohnte. Wohnzimmer, Küche, Flur benutzten sie beide gemeinsam, doch jeder hatte einen eigenen Eingang, und er gelangte nur über eine Außen-Treppe in sein Zimmer, das oben im ersten Stock, direkt unter dem Dach lag.

      „Ein richtiges Schwalbennest!“, so nannte sie es und bei dieser Benennung blieb es.

      3. Kapitel

      Die Nacht war kaum vergangen, der Himmel erhellte sich bereits, und wie von den Schreien der ersten Schwalben verjagt, verschwand der letzte Stern, da saß der Pfarrer von Castellina al Monte Largo in der Stille des Morgens am Bach, auf einem Felsen am Ufer, unbeweglich, die leichte Bambusgerte in der Hand, denn der Pfarrer war gekommen, um den Fischen aufzulauern, womöglich dem Berghecht.

      Diesmal war der Pfarrer nicht allein beim Fischen. An diesem Morgen saß am anderen Ufer, wie sie es verabredet hatten, Signor Botello, und hielt die Angelrute vor sich wie eine Axt. Der schöne klare Morgen erschien ihm nach der letzten schlaflos verbrachten Nacht nicht jung und verheißungsvoll, sondern eher wie ein trüberer Abend, nur kühler und blasser.

      Neidisch schaute Signor Botello mit einem Auge auf den eigenen Kork, mit dem anderen auf den Kork des Pfarrers, der diesmal eine schöne glitzernde Forelle aus dem Wasser gezogen hatte. Als alter ehemaliger Fischer war Signor Botello an ganz andere Fänge auf dem weiten Meer gewöhnt, bei den großen Fischdurchzügen.

      Wenn an Bord die Salzbrühe hergerichtet und das Eis im Laderaum zerhackt wurde, waren so viele Fische da, daß sie einem zum Ekel wurden, und jetzt war es so schwer, ein gutes Mittagessen für zwei Personen zusammenzubringen, von denen der eine noch dazu mehr aß als eine ganze Bruderschaft. Gegen die Menschen allerdings war der Alte, dank der Einladung des Pastors, an diesem Morgen sanft gestimmt wie der Karpfen, der friedlich und ahnungslos am Bachufer grundelte.

      So saßen sie, jeder auf einer Seite des Baches, und es entspann sich ein merkwürdiges Gespräch. Das heißt, ein wirkliches Gespräch war es nicht. Signor Botello hatte wenig zu sagen, noch weniger ließ ihn der Pastor zu Wort kommen. Der, welcher redete, war der Pastor, häufig unterbrochen von Geräuschen, einem dumpfen Zürnen, das vom anderen Ufer kam. Der alte Mann hörte zu und betrachtete dabei den tanzenden Kork, um sich an irgendetwas festzuhalten, und sei es auch nur an diesen verschwimmenden Kreisen um den Korken herum, im durchsichtigen Wasser. Dann wieder sah er den Pastor wegen seines eigenen mageren Fischzugs scheel und neidisch an. Es sah wirklich nicht so aus, als ob der eine Fischer im Beichtstuhl kniete und der andere der Beichtiger war. Und doch war es so, oder wenigstens sehr ähnlich.

      „Hmm! Das sollte ich alles vergessen haben?“, sagte Signor Botello. Der Pfarrer nickte.

      „Die Leute haben recht, wenn sie sagen, daß mir die Vögel das Gedächtnis ausgepickt haben!“

      „Wirklich?“

      „Teufel auch! - Verzeihung, Pastor . . . !“ Er kratzte sich nachdenklich den Kopf, „Gestern hast du mir gesagt . . . “

      „Ich sprach von der Liebe, ich weiß . . . “, sagte der Pfarrer. Der alte Botello brauste auf,

      „Was weißt du denn von der Liebe - und von der Eifersucht? Du . . . “ Er verschluckte den Rest des Satzes, der jedenfalls die Worte 'Kaftan' und 'Weiberrock' enthalten sollte.

      „Mehr, als du dir vorstellen kannst . . . “, entgegnete der Pfarrer ruhig.

      „Ach!“ lachte der Alte. Beim Lachen mußte er husten. Während er lachte und hustete, konnte er den Pfarrer nicht ansehen, und als er ihn wieder klar mit den Augen erfaßt hatte, war es ihm mit einem Male, als verstünde er endlich die Worte des Pastors, die ihn zum Nachdenken aufforderten und zur Verzeihung mahnten und dieses Leben auf beständiger Lauer, wie er es führte, aufzugeben.

      Es war so, als würde die alte Vertraulichkeit zwischen ihnen beiden auf einmal wieder lebendig. Signor Botello wollte versuchen, sich ruhig dieser Vertraulichkeit überlassen, ohne es nötig zu haben, jedes einzelne Wort, das er hörte oder sprach, wie auf der Goldwaage abzuwägen. Und wieder - und genauso unerwartet wie tags zuvor auf dem Klostervorplatz - überkam ihn der Wunsch, von den Herbstblättern zu erzählen, die er in seinem Hut gesammelt hatte, wie einen Schatz. Von dieser ungewohnten Stimmung brummte ihm leicht der Kopf. Er machte Anstalten, sich bequemer hinzusetzen, um wenigstens seine Angelrute besser halten zu können.

      „Hör einmal", begann der Alte endlich etwas mühsam, „Weißt du, ob ich bezahlen muß, damit die Glocken läuten - beim meinem Tode?“ Es war nicht das, was er sagen wollte, aber er fand keine anderen Worte.

      „Natürlich mußt du bezahlen!“

      „Ich möchte gern, daß eine Glocke - wenn auch nur eine winzig kleine - wenn auch nur für wenige Schläge . . . “ Signor Botello lächelte verlegen.

      „Ich kann jeden Abend,“, sagte der Pfarrer trocken, „wenn du zur Messe in die Kirche kommst, ein paar Lire von der Kollekte beiseite packen, und behaupten, du hättest sie mir zu diesem Zweck in den Opferstock geworfen . . . “

      „Ich fürchte, da wird nicht viel zusammen kommen!“, brummte der Alte.

      „Sie

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