Verfluchtes Erbe Gesamtausgabe. T.D. Amrein
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In der Nacht schlief Merz schlecht. Plötzlich fiel ihm ein, dass er den Alten Fritz identifizieren musste. Wie sieht er wohl aus, überlegte er.
Bisher hatte er noch nie ein Unfallopfer ansehen müssen. Was wäre, wenn Fritz nur noch das halbe Gesicht hat? Langsam kroch das Grauen zu ihm unter die Bettdecke. Und es ließ sich nicht mehr verscheuchen.
Gut, dass er schon um fünf Uhr aufstehen musste, um den Zug nach Frankfurt zu erreichen. Er nahm seinen kleinen Koffer und schlich sich aus dem Haus, ohne Cécile zu wecken. Zum Bahnhof brauchte er zu Fuß nur ein paar Minuten. Die kühle Morgenluft tat ihm gut, und nachdem er auch noch einen Kaffee getrunken hatte, fühlte er sich wirklich besser.
Eigentlich liebte er Reisen mit der Bahn. Nicht zuletzt auch deshalb, erreichte er Frankfurt in guter Stimmung. Ein Taxi, das ihn zu Polizeipräsidium brachte, fand sich leicht. Dort angekommen, fragte er wie abgesprochen nach Kommissar Reuter. Jemand begleitete ihn, in dessen Büro.
Kommissar Reuter war ein älterer Herr, der eine gewisse Ruhe ausstrahlte. Merz fühlte sich an den Alten Fritz erinnert, auch wenn der Kommissar höchstens sechzig Jahre zählte.
„Herzlich willkommen in Frankfurt, trotz des traurigen Anlasses“, begrüßte er Merz, während er ihm die Hand reichte.
Merz suchte nach einer passenden Antwort, die ihm aber einfach nicht einfallen wollte, so dass er schließlich nur ein „Danke“, herausbrachte.
Der Kommissar, sichtlich bemüht, die triste Stimmung etwas aufzulockern, fragte freundlich, „trinken wir zuerst einen kleinen Schnaps, bevor wir uns an die Arbeit machen?“
Merz nickte zustimmend. „ Ja, das tut sicher gut.“
Nachdem sie angestoßen hatten, begann der Kommissar zu berichten, was er bisher herausgefunden hatte.
„Wir haben alle Pensionen um den Hauptbahnhof abgeklappert, so viele sind das gar nicht. Herr Hauser hat in der Pension Erika gewohnt. Weil er das Zimmer zwei Wochen im Voraus bezahlt hatte, wurde er dort nicht vermisst. Die Durchsuchung seines Zimmers hat nichts Außergewöhnliches ergeben, so wie wir es erwartet haben.
Das Unfallfahrzeug haben wir bereits früher aufgefunden. Der Besitzer kommt als Täter nicht in Frage. Wahrscheinlich, das ist jedoch nur eine Vermutung, haben wir es mit einer klassischen Strolchenfahrt zu tun. Im Tatfahrzeug haben wir zwar Spuren gesichert, aber bisher hat sich daraus nichts Konkretes ergeben. Das ist der letzte Stand.“
Der Kommissar machte eine kleine Pause, um dann zu fragen. „Haben Sie gegebenenfalls noch etwas hinzuzufügen?“
Merz überlegte krampfhaft, ob er nach Hinweisen für einen vorsätzlichen Mord fragen sollte. Schließlich ließ er es aber bleiben. Er wollte den Kommissar nicht darauf bringen, auch noch in eine andere Richtung zu suchen.
„Dann könnten wir jetzt den Toten besuchen, um sicher zu sein, dass er sich um Herrn Hauser handelt. Er ist zwar auch in der Pension unter diesem Namen abgestiegen und die Dame am Empfang hat ihn auf Fotos zweifelsfrei erkannt. Wir sind jetzt auch im Besitz seines Reisepasses, den er in der Pension hinterlegt hatte. Trotzdem kann ich Ihnen das nicht ersparen, das Gesetz schreibt es vor.“
„Ja natürlich“, antwortete Merz ergeben, „wie sieht er denn aus?“
Der Kommissar beruhigte ihn sofort: „Herr Hauser hat praktisch keine äußeren Verletzungen, er sieht aus wie eingeschlafen.“
Merz war zwar immer noch sehr nervös, aber er konnte doch die Fassung bewahren. Zusammen schritten sie durch das Gebäude, hinunter in die Gerichtsmedizin. Es ist wirklich im Keller, fiel Merz auf, so wie man es im Film immer sieht. Jetzt fehlt nur noch ein abgebrühter Sezierer mit einem Sandwich in der Hand.
Aber als sie den gefliesten Raum betraten, kam ein älterer freundlicher Herr auf sie zu, der sofort Merz die Hand reichte. „Herzliches Beileid“, sagte er in salbungsvollem Ton.
Der Kommissar wies ihn an: „Zeigen Sie uns bitte den Herrn Hauser!“
„Selbstverständlich Herr Kommissar, sofort Herr Kommissar“, buckelte der Angestellte. Er begab sich zu einer großen Schublade, in einer langen, mehrstöckigen Reihe lag. Er öffnete sie vorsichtig und trat dann respektvoll zur Seite. „Bitte, meine Herren“.
Der Kommissar legte das weiße Tuch soweit zurück, dass das Gesicht des Toten zu sehen war.
Merz räusperte sich. „Ja, das ist der Alte Fritz, ich meine Herr Hauser.“
Der alte Fritz sah wirklich ganz friedlich aus. Fast wie sein Großvater, dachte Merz.
„Dann können wir noch ein Protokoll schreiben“, sagte der Kommissar. „Dazu gehen wir wieder in mein Büro.“
Auf dem Rückweg fragte Merz, „was passiert denn nun mit dem Toten?“
„Er wird in seine Heimat überführt, die schweizerische Botschaft ist bereits informiert. In solchen Fällen ist das üblich“, antwortete der Kommissar.
In seinem Büro angekommen, rief Reuter einen Assistenten, um das angesprochene Protokoll aufzunehmen.
Merz selbst musste ein langes Formular ausfüllen, mit Angaben zu seiner Person.
Als der Kommissar das Papier durchlas, stutzte er. „Ihr Vater ist in Frankfurt geboren?“
„Ja“, antwortete Merz. „Aber ich weiß sonst fast nichts von ihm, meine Eltern sind beide früh verstorben. In dieser Sache sollte Fritz für mich etwas herausfinden.“
„Das tut mir leid“, sagte der Kommissar. „Sie haben mit unserer Stadt wirklich kein Glück. Wollen Sie es jetzt vielleicht selber versuchen?“
Merz zuckte zusammen. Eigentlich wollte er das geheim halten. Aber er musste erkennen, dass diese Ermittler über einen Instinkt verfügten, wenn er etwas nicht offen sagen wollte. Er erinnerte sich sofort an den Alten Fritz, als er ihm die Kopie des Fotos gegeben hatte.
Ich muss vorsichtiger werden, dachte er, sonst werde ich nie jemand täuschen können.
„Ich weiß es nicht, Herr Kommissar“, antwortete er zögerlich. „Aber ich könnte es versuchen.“
Es war schon später Nachmittag, als Merz das Polizeipräsidium verließ. Er hatte sich von Kommissar Reuter verabschiedet, der ihm seine Karte gegeben hatte, falls noch Fragen auftauchen sollten.
Merz war sich nicht sicher, was Reuter damit gemeint hatte. Spürte der, dass Merz einiges verschwiegen hatte? Gedankenlesen können sie auch nicht, dachte Merz trotzig. Er winkte sich ein Taxi herbei und ließ sich zur Pension Erika fahren.
2. Kapitel
Mit seinem Koffer in der Hand betrat Merz die kleine Pension. Alles wirkte irgendwie altbacken, dass es so etwas in dieser modernen Metropole überhaupt noch gibt, dachte er. Die Klingel stammte sicher noch aus der Vorkriegszeit. Er drückte trotzdem darauf, und sofort erschien eine Dame von etwa sechzig Jahren. „Sie wünschen bitte?“, fragte sie mit einer sehr angenehmen Stimme.
„Haben