Heidesumpf. Herbert Weyand

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Heidesumpf - Herbert Weyand KHK Claudia Plum

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und Susanne gleichzeitig auf die Auslöser ihrer Schocker drückten. Säger blieb regungslos liegen. Als der Zustand anhielt, stupsten ihn die beiden Frauen unsicher an. Er reagierte nicht. Susanne suchte den Puls am Handgelenk und der Halsschlagader. Nichts.

      »Wahrscheinlich hatte er eine schwache Pumpe«, meinte Gerlinde maßlos entsetzt. Ihre Stimme klang kalt durch den Verzerrer. »Was tun wir jetzt?«

      »Wir legen ihn ins Bett.« Susanne hob die Beine hoch. Ihr ging es genauso, wie ihrer Begleiterin. Das Herz setzte fast aus, als sie feststellten, dass ein Toter vor ihnen lag. Es war etwas anderes, jemanden in Gedanken umzubringen. Jetzt … dieses Stück Fleisch ... setzte andere Emotionen frei, die mit Befreiung und Enthusiasmus nichts zu tun hatten.

      »Stopp«, befahl Gerlinde kurz und musterte die linke Schulter des Toten. »Hier. Dieses Tattoo habe ich schon einmal gesehen.«

      Susanne kam näher und nestelte unter ihrem Umhang. Kurze Zeit später schoss sie einige Fotos mit dem Smartphone. »Wir sollten uns noch in der Wohnung umsehen«, meinte sie.

      »Wir verschwinden besser«, stellte Gerlinde fest.

      »Einen Moment.« Sie verschwand aus dem Schlafzimmer und ging im Nebenraum zum Schreibtisch, der ihr auffiel, als sie die Wohnung betraten. »Doktor Günter Säger«, murmelte sie.

      »Dann hat dieses Schwein wahrscheinlich auch den Initialisierungsprozess durchgemacht«, warf Gerlinde ein. »Wir verschwinden jetzt.«

      Beide bemerkten nicht die vermummte Gestalt, die, wenige Minuten nach ihrem Verschwinden, in das Haus Sägers schlüpfte. Der Tote sah aus, als wenn er schlief. Die unbekannte Gestalt stand überlegend am Fußende des Betts und entschied sich gegen ihr Vorhaben. Falls alles optimal lief, ging die Polizei von einem normalen Ableben aus und würde den jungen Frauen Schwierigkeiten ersparen. Doch, wenn Gras über die Sache gewachsen war, würde sie der Polizei die Zahl zwanzig, mit dem Hinweis auf Säger, schicken.

      Die oder der Vermummte durchsuchte im Nachbarzimmer den Schreibtisch. Ein Ordner mit der Aufschrift ›Patientenverfügung‹ erregte die Aufmerksamkeit. Säger wollte keine lebensverlängernden Maßnahmen und verbrannt werden. Die unbekannte Person legte die Unterlagen gut sichtbar nach oben.

      *

      »Wo hast du dieses Tattoo schon einmal gesehen?«, fragte Susanne und zeigte auf das digitalisierte Foto auf dem Monitor.

      »Bei so einem Typen, mit dem ich mal gepennt habe. Jörg und noch etwas. Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen. Weshalb fragst du?« Gerlinde schlug die Hände vor den Kopf. »Mein Gott. Ich habe mit so einem geilen Bürschchen aus dieser Burschenschaft gepennt. Ich glaub es nicht.«

      Susanne nickte. »An den müssen wir herankommen.«

      »Das bekomme ich hin. Aber mal etwas anderes. Wenn die jedes Jahr eine wie uns auf den Rammbock schnallen, dann muss es noch einige geben. Die sollten wir suchen.« Sie nippte an dem Glas mit Wasser, das sie vom Tisch nahm. Ganz hinten trat etwas, wie Angst in ihre Augen. »Wir haben diesen Typen umgebracht«, stellte Gerlinde fest und schüttelte sich. Sie erinnerte sich an das Entsetzen, das sie empfand, als sie die Klamotten, die sie bei dem ›Unfall‹ Sägers trugen, in einem Schmelzofen an der TH verbrannte. So stellte sie sicher, dass keine DNA-Spuren am Tatort zurückblieben. Aber klappte es auch tatsächlich?

      »Ein Unfall«, sagte Susanne, um Fassung bemüht. »Aber darüber unterhalten wir uns später. Ich möchte jetzt nicht daran denken. Das mit den Mädels ging mir auch durch den Kopf. Aber, wie finden wir sie?« Sie griff nach einem Glas. Sie fröstelte. Es hing etwas in der Luft, was sie nicht packen konnte. Eine bange Ahnung zog hoch.

      »Einen Teil kann ich an der TH abmachen. Wir wissen ja, welchen Typ Frau, die suchen. Marke BDM. Davon gibt es nicht so viele.« Gerlinde stand auf. »Ich habe in den letzten Tagen mit einigen Kommilitoninnen gesprochen. Die fänden es ganz gut, wenn es an der Hochschule eine Beratungsstelle für Vergewaltigungsopfer gäbe. Wenn wir Glück haben …«

      »… finden wir die ein oder andere. Eine super Idee. Hast du dich über Burschenschaften informiert?«

      »Wenn ich ehrlich sein soll: nein. Ich finde dieses Deutschgetue blöd. Da verkehren doch nur Spasmatiker.« Gerlinde reagierte empört.

      Susanne grinste über den Begriff Spasmatiker, den sie auch benutzte, um die Behinderten nicht zu beleidigen. »Ich habe auch keine Ahnung. Dennoch sollten wir uns damit beschäftigen. Das ist in der Regel Filz auf höchster Ebene.«

      »Von wegen Filz. Das sind rechte Radikale. Dieser Jörg, von dem ich vorhin erzählte, machte mir einen Vorwurf, weil ich keine Jungfrau mehr war.« Gerlinde schüttelte angewidert den Kopf und äffte eine gezierte Stimme nach. »Ein deutsches Mädel opfert die Jungfernhaut dem Manne, den sie heiraten will oder in der Hochzeitsnacht. Der Arsch hat einen Ratsch im Kappes. In welchem Zeitalter leben wir?«

      Susanne holte eine Zeitung vom Schreibtisch. »Hier ist die Todesanzeige von Säger.« Sie kam wieder auf den Toten zurück. Ein gedankenverlorenes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Nach meinen Informationen ist er an Herzversagen gestorben … der Arme.«

      »Das ist gut so.« Gerlinde blieb ernst. »Ich hatte schon Sorge, dass die Polizei ermittelt. Übrigens, am Wochenende muss ich nach Hause. Meine Mutter hat Geburtstag.«

      Susanne nickte und dachte kurz an das kleine Dorf, aus dem ihre Mitarbeiterin kam. In einem anderen Leben, also vor ihrer Vergewaltigung, kannte sie einen netten Typ, der dort wohnte. Aus irgendeinem Grunde hatte es nie zwischen ihnen gefunkt. Doch sie blieben freundlich verbunden. War es tatsächlich schon mehr, als ein Jahrzehnt her, dass sie Kontakt mit Kurt Hüffner hatte?

      »Was ist los?« Gerlinde unterbrach ihre Gedanken.

      »Was soll schon los sein.«

      »Du warst weit weg und sahst so glücklich aus.«

      »Ich dachte an jemanden aus deinem Dorf.«

      »An wen? Kenne ich den?«

      »Möglich. Kurt Hüffner.« Susannes Augen ruhten gespannt auf ihr.

      »Klar kenne ich den. Der ist vergeben. Da brauchst du dir keine Hoffnungen zu machen.«

      »So dachte ich nicht an ihn. Er ist ein Freund.«

      *

      Acht

      Wie lange war es her, dass Gerlinde Schmied in ihren Alltag schneite? Na ja, dass mit dem Schneien entsprach nicht den Tatsachen. Sie selbst zerrte sie hinein. Drei oder vier Monate. In dieser Zeit hatten sie viel erreicht. Was anfangs schier unmöglich aussah, gelang ihnen. Sie fanden vier weitere Vergewaltigungsopfer, die genauso blöd wie sie reagierten. Keine von ihnen brachte das Verbrechen zur Anzeige. Erst in diesem Zusammenhang sahen sie, wie raffiniert die Entführungen, die Taten und die Freilassungen abliefen. Vierundzwanzig, maximal sechsunddreißig Stunden und keine von ihnen, hielt einen Beweis in den Händen. Körperliche Male, die von der Tat zeugten, gab es nicht. Weshalb zur Polizei gehen?

      Susanne Treber stellte einen Architekten ein, der an ihrer statt die Arbeit erledigte, die ansonsten zu ihren Aufgaben gehörte. Sie widmete ihre Zeit der Rache. So wenig sie vor dem Zusammentreffen mit Gerlinde an die Misshandlung ihres Körpers und Geistes dachte, so viel kreisten die Gedanken nun darum.

      Mittlerweile

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