Heidesumpf. Herbert Weyand

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Heidesumpf - Herbert Weyand KHK Claudia Plum

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Umhang trug in Höhe des Genitals, das versteift vorstand, eine Öffnung. Langsamen Schritts und ohne Zögern ging der Mann auf die wehrlose Frau zu. Niemand konnte sagen, wie groß er war. Der Stoff der Verhüllung wies eine Verarbeitung auf, die nicht nur die Umrisse, sondern auch die Größe verbarg. Die Liege, auf der das Mädchen lag, erhöhte oder senkte sich durch einen Mechanismus, sodass, das Genital des Mannes, stets auf Höhe der Scham eingestellt wurde. Langsam, ohne die Hände zu benutzen, drang er in die Frau ein, die wilde unartikulierte Schreie ausstieß. Sie war zwar sediert, jedoch nicht so, dass sie nicht mitbekam, was hier geschah. Dennoch so, dass der Körper sich nicht verletzte, wenn er die natürlichen Abwehrbewegungen zur Vermeidung der Vergewaltigung vollzog. Der Mann stieß genau einhundert Mal zu, zog sein Glied heraus und ergoss sich auf den Boden. Er wirkte nicht wie ein Wesen aus Fleisch und Blut. Der Akt geschah weder aus Liebe noch zur Entspannung. Er geschah als ein entwürdigender und grausamer Automatismus, der das Opfer zu weniger, als einer Sache machte.

      Ebenso unspektakulär, wie der Mann erschien, verließ er den Raum.

      Die geschundene Gestalt auf dem Tisch schluchzte hemmungslos, als der Mann - oder war es ein anderer? – wiederum eintrat. Im Abstand von zehn Minuten wiederholte sich der Vorgang mit gleichem Ablauf. Sie wusste nicht wie oft, denn ihr Geist schaltete ab, um dem Grauen zu entkommen.

      Weder die Frau noch die Männer, die, die Vergewaltigung vollzogen, nahmen die fünf Personen wahr, die, hinter der linken Wand, das abscheuliche Verbrechen mit klinischem Interesse verfolgten.

      Der Initialisierungsprozess, für dieses Jahr, schloss mit der letzten Aufgabe. Nur einer der fünf Beobachter wusste, wie viele Studenten in diesem Jahrgang die Fuchsenzeit beendeten. Nur er wusste, wen er als künftiges Mitglied ihrer Vereinigung auserkor.

      *

      Susanne Treber erwachte in einem verschwenderisch ausgestatteten Zimmer. Das vergitterte Fenster verwehrte den Ausblick nach draußen. Sie kämpfte sich aus dem grausamen Traum, der sie gefangen hielt. Er fühlte sich so echt an, als geschehe er tatsächlich. Langsam kehrten ihre Gedanken zurück. Kein Traum. Sie nahm die Details auf und glitt wieder auf die Schwärze zu. Mit großer Willensanstrengung hielt sie die Bewusstlosigkeit zurück und revidierte die erste Einschätzung. Nicht nur ein Zimmer, sondern ein Appartement. Es beinhaltete alles und mehr, was ein Mensch zum Leben brauchte. Moderne, teure Einrichtung. Angefangen bei der Küche, auf dem technisch neuesten Stand, bis zum Plasmafernseher, der an einer Wand hing. Sie richtete ihre Gedanken bewusst auf den Raum und die Gestaltung der Wohnung, damit sie nicht abdrehte.

      Die Natur stattete Susanne verschwenderisch mit allen Attributen aus. Vor wenigen Tagen feierte sie ihren neunzehnten Geburtstag. Sie trat vor den großen Spiegel. Eins fünfundsiebzig groß, mit langen schlanken Beinen, einem nicht zu kleinen und nicht zu großem Busen, dazu ein ausdrucksstarkes Gesicht mit strahlend blauen Augen über der klassisch geformten Nase. Das weizenblonde, glatte und lange Haar hing im Moment zu Zöpfen geflochten herunter. So sehr sie schaute, nichts deutete auf die Vergewaltigung. Ihr Körper wies keine Zeichen der unsäglich Folter auf. Ihr Geschlecht fühlte sich sauber und auch nicht anders an, als sonst. Träumte sie? Nein. Sicherlich nicht.

      Da kam auch dieses Gefühl wieder, das sie die letzten Wochen verfolgte. Sie wurde beobachtet. Gab es hier Kameras? Sie ging zum Schrank und fand dort Unterwäsche sowie Kleidung. Sie zog sich an, denn sie wollte nicht irgendwelchen perversen Schweinen als Anschauungsobjekt dienen.

      Wie kam sie hierher? Ihre letzte Erinnerung? …, nein da war nichts. Oder doch? Welchen Tag hatten wir heute? Mittwoch. Sie hielt sich in ihrem Appartement auf und wachte später auf diesem Folterinstrument auf. Und jetzt hier ... in diesem Raum. Aus irgendeinem Grunde sah sie das Gesicht eines dunkelhaarigen Mannes mit markanten Zügen vor ihrem inneren Auge. Unwillkürlich lief ein frostiger Schauer über ihren Körper, als die fast schwarzen brennenden Augen in den Vordergrund traten. Sie sah das Gesicht deutlich vor sich. Sie wollte kotzen.

      Als Susanne das nächste Mal wach wurde, hing sie in dem kleinen Sessel, der in ihrem Appartement stand. Sie trug die gleiche Kleidung, wie … na ja Mittwoch. Welcher Tag war heute? Sie griff nach ihrem Smartphone. Freitag. Hatte sie gesoffen oder gekifft? Der pelzige Geschmack auf der Zunge legte den Verdacht nahe. Es fehlten achtundvierzig Stunden. Nein, sie verbesserte sich. Die Stunden fehlten nicht komplett. Dann war es also tatsächlich geschehen. Sie schaffte es gerade noch zur Toilette und würgte den Mageninhalt heraus.

      Susanne schwänzte vierzehn Tage die Vorlesungen. Vierzehn Tage, in denen sie kotzte, und versuchte, das widerliche Gefühl ihrer Fantasie, in der Vagina, wegzubekommen. In denen sie versuchte, die Gedanken zu kontrollieren, die immer wieder abglitten. In denen sie den Entschluss fasste, nicht zur Polizei zu gehen, weil nichts an ihr auf die Vergewaltigung deutete, außer in ihren Gedanken. Sie leistete einen Schwur: Nie wieder würde ein Mann sie berühren.

      *

      Fünf

      Susanne Treber dachte in den letzten Monaten kaum noch an das Verbrechen. Jetzt, elf Jahre später, wusste sie zwar, dass ihr Leben dadurch eine grundlegende Veränderung erfuhr, jedoch arrangierte sie sich damit. Sie war zu keiner Bindung fähig. Ob es an ihrem Schwur lag? Oder wirkten tatsächlich die Nachwirkungen der Vergewaltigung? Sie wusste es nicht. Die Natur forderte ihr Recht. Der Drang nach einem Mann wurde häufiger und intensiver. Fast schon schmerzhaft. Doch immer, wenn es ernst wurde, machte sie einen Rückzieher. Die Frauen, mit denen sie im Bett ihre Bedürfnisse kompensierte, gaben ihr eine gewisse Entspannung. Jedoch nicht den prickelnden Reiz, den sie erwartete. Ähnlich wie, wenn sie sich selbst befriedigte. Dabei wusste sie nicht, ob das Zusammensein mit einem Mann ihre Fantasien erfüllte ... wusste nicht, ob alle Männer so menschenverachtend wie ihre Peiniger agierten. Sie hätte vielleicht doch damals zur Polizei gehen sollen, um professionelle Hilfe eines Psychiaters zu bekommen. Aber hätte und wäre brachte sie nicht weiter.

      Nach außen wirkte Susanne wie der Prototyp einer selbstbewussten Frau, die ihren Weg in der Gesellschaft machte. Nach dem Abschluss des Studiums in Bauphysik, vor einigen Jahren, wurde sie Teilhaberin in einem renommierten Architekturbüro. Sie beschäftigte ausschließlich Mitarbeiterinnen. Schon genug, dass sie sich ihre Kunden nicht backen konnte. Doch sie lernte mit der Zeit, anzügliche Bemerkungen auf den Baustellen, zu ignorieren. An besonders schlechten Tag sorgte sie für die Entlassung der betreffenden Personen.

      Susanne änderte nach der Vergewaltigung ihren Typ von Grund auf. Die Zöpfe gaben ihr damals zu denken. Allein aufgrund ihres Aussehens wurde sie ausgewählt. Da wusste sie sicher. Deutsch, deutscher, am deutschesten. Sie ließ ihre Haare abschneiden und dunkel einfärben. Sie veränderte die Schminktechnik und kaufte eine Sonnenbank. Heraus kam ein fremder Mensch, dessen Abbild sie bis heute beibehielt. Sie drängte das alte Ich in den hintersten Winkel ihres Seins.

      Dann kam der Tag, der ihr Leben noch einmal von Grund auf änderte und alles über den Haufen warf, das sie mühsam während der letzten Jahre aufbaute. Sie sah den Mann wieder, dessen Gesicht durch ihr Unterbewusstsein geisterte.

      Sie saß vor dem Elisenbrunnen auf einer Treppenstufe und las in einer Zeitschrift, als ein unbewusster Impuls sie hochschauen ließ. Das Blut gefror in ihren Adern. Der stechende Blick glitt über sie hinweg und verharrte auf einer jungen Frau. Weizenblonde Haare, ungefähr eins fünfundsiebzig groß und blaue Augen. Um die zwanzig Jahre alt. Blitzschnell rechnete sie zurück. Ungefähr die gleiche Zeit, zu der er sie damals entführte. Sie hatte keine Angst, dass der Typ sie irgendwie erkannte. Sie trug seit damals grüne Kontaktlinsen, damit ihre Augen sie nicht verrieten, und selbst ihre nächsten Bekannten, aus der Vergangenheit, erkannten sie nicht. Zu denen unterbrach sie vor Jahren den Kontakt. Gleichwohl brachten eisige Schauer, trotz der sommerlichen Temperaturen, ihre Zähne zum Klappern. Unter Aufbietung aller Kraft behielt sie die Kontrolle.

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