Heidesumpf. Herbert Weyand

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Heidesumpf - Herbert Weyand KHK Claudia Plum

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oder andere Spuren. Hier reinigte ein Kommando, und zwar vom Feinsten. Wer weiß, was die alles mitgenommen haben.«

      Claudia trat zum Fenster und sah in die gepflegte Anlage hinaus, die das Haus umschloss. Die getigerte Katze auf dem Rasen stand wie eine Statue, den Schwanz hochgereckt und die Ohren spielten nach vorne ins Gebüsch. Wahrscheinlich ein Mäuschen oder ein Vogel, dachte sie. Plötzlich wandte das Tier den Kopf und sah sie ausdruckslos an. Claudia trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Die Katze sprang ohne Ansatz davon.

      »Wer meldete den Mord?«, fragte sie, ohne den Blick abzuwenden.

      »Anonym.« Heinz trat neben sie. »Maria und ich telefonierten vorhin miteinander. Die Bandaufzeichnung gibt keinen Aufschluss darüber, ob Mann oder Frau. Hier muss die Technik ran.«

      Claudia nickte und ging in ein anderes Zimmer. »Hier lebte nie und nimmer jemand«, murmelte sie mehr zu sich.

      »Da magst du recht haben«, antwortete Heinz und erschreckte sie. Sie sprach ihre Gedanken unbewusst laut aus.

      »Das alles hier«, sie machte eine Handbewegung, »wirkt mehr, wie ein Gästehaus. Sechs Zimmer, Schlafzimmer, und alle gleich eingerichtet.«

      »Hellmer unterhielt mehrere Häuser in Aachen. Dies hier war seine Meldeadresse.« Sein Gesicht, das schon Altersfältchen durchzog, wandte sich ihr zu. »Maria ist da schon dran.«

      *

      Zwei

      Der Omniscientis betrat vor wenigen Minuten die riesige Halle, in der noch vor sechzig Jahren die Loren mit Kohle in den Korb verladen wurden. Er sah zur fünfzehn Meter hohen Decke, die aus natürlichem Felsgestein bestand. Sie senkte sich auf etwa vierzig Meter Länge zu vier Metern in der Höhe zum Eingang in die Strecke. Das Wetter zerrte an der Kleidung und blies nach oben durch den Schacht. Die technischen Einrichtungen zum Beladen der Loren wurden schon vor Jahrzehnten weggeschafft. An und für sich war die Höhle nackt, bis auf die Gleise, die in den dunklen, schwach erleuchteten Schlund verliefen. Sie führten viele Hundert Meter, waagerecht in die Erde. In regelmäßigen Abständen stützten eiserne Stempel das darüber hängende Gebirge. Rechts versperrte ein schweres eisernes Gitter den Eingang in einen geräumigen Felsenraum, der vor langer Zeit die Schlosserei oder auch Werkstatt beherbergte. Die alte Werkbank mit den klobigen Schraubstöcken zeugte davon.

      Der Omniscientis bestieg die Grubenbahn, die nichts mehr mit der gemein hatte, die in der Vergangenheit hier verkehrte. Heute stand hier ein schnittiges Hightech Produkt mit einem leistungsstarken Elektromotor. Die Steuerung erfolgte automatisch über ein Paneel, auf dem Leuchtdioden, die jeweilige Funktionen anzeigten. Er wusste, dass die Bahn heute schon mehrfach auf dieser Strecke verkehrte. Und zwar nicht zum Personentransport, sondern um Ware zu transportieren. Die Maschine fuhr fast lautlos.

      Einmal im Jahr trafen sich die Mitglieder des Bundes hier: Unter Tage. Der Eingang in die Zeche gehörte offiziell einem Konsortium unbekannter Geldgeber und wurde privat instand gehalten. Die Unterlagen dazu existierten in Ämtern und Behörden nicht mehr. Die Villa auf dem Grundstück gehörte dem Namen nach zum Familiensitz der Fabrikanten Oppenhof.

      Nur wenigen war es vergönnt, die Zugfahrt auf der ersten Sohle, in Anspruch zu nehmen. Vom dritten Keller des Haupthauses führte der Stollen mit leichter Neigung ins Erdinnere und stieß auf die Felshalle, von der es in die Hauptstrecke ging. Dieser Eingang blieb allein dem Omniscientis vorbehalten, also ihm.

      Während im früheren Aachener Kohlerevier die Schächte senkrecht abgeteuft wurden, besaß diese alte Grube eine andere Geschichte, die fast so alt war, wie die Menschheit. Schon in der Steinzeit fanden die Menschen hier Kohle und nutzten sie. Im Verlaufe der Jahrhunderte gruben sie in die Erde. Viele kleine Höhlen in dieser Gegend zeugten davon. Aber genau hier musste wohl ein findiger Erdenbürger auf ein ergiebiges Flöz gestoßen sein.

      Seit dem Mittelalter lag ein Fluch über diesem Loch, und der Eingang in die Erde wurde zum Tor in die Hölle. Niemand, der in den Berg hineinging, kam jemals wieder.

      Im achtzehnten Jahrhundert schien der Fluch gebrochen. Ein Fremder stolperte zufällig in den Schacht und fand eine unbestimmte Anzahl von Personen, die scheinbar schliefen. Doch sie waren tot. Panikartig verließ er den Stollen und erzählte den Menschen, denen er begegnete, die unglaubliche Geschichte. Die Dörfler trieben zunächst zwei Ziegen in den Berg, die nach einiger Zeit wohlbehalten wiederkehrten. Sie räumten die Kohleflöze leer. Bis der Höllenschlund wieder zuschlug. Eine Explosion erschütterte Anfang des neunzehnten Jahrhunderts die Gegend. Viele Bergleute blieben tot und die Zeche wurde geschlossen. Der alte Aberglaube lebte wieder auf. Das Grundstück verwilderte, bis auf eine kleine Fläche mit einer Holzhütte, nahe dem Schacht. Hier lebte zu jener Zeit der Schmied der Gegend, dessen Erben, aufgrund seiner genialen Geschäftsidee zu Nadelfabrikanten aufstiegen. Wann letztendlich das Steinhaus gebaut wurde, ging nicht genau aus den Überlieferungen hervor. Jedoch entstand mit den Jahrzehnten, einige Meter davon entfernt, die heutige Villa.

      Der Stollen geriet in Vergessenheit, bis die Franzosen unter Napoleon Bonaparte die Gegend besetzten. Was damals niemand wusste, war, dass ein Methangaseinschluss, der mittlerweile über eine andere Ableitung ausströmte, für die vielen Unglücke der Vergangenheit verantwortlich zeichnete.

      Die Schmiede verschwand mit der Zeit. Dafür wuchs in Aachen die Nadelproduktion zu einem Fabrikkomplex. Bescheiden nach heutigen Maßstäben.

      Bevor die Franzosen in das Gebiet einfielen, brachte der damalige Patriarch Theodor Oppenhof seine und das Habgut seiner Nachbarschaft in Sicherheit. Damit entgingen sie den Plünderungen, die bei einer Besetzung unweigerlich erfolgten. Nach Abzug der Franzmänner blieben die Schätze verschwunden. Von dem Stollen wussten die Mitbürger um Oppenhof nichts mehr. Das blieb bis heute so. Aber wenn die Zeiten kritisch wurden, sammelten die Oppenhofs bei den Nachbarn, was denen lieb und wert war, ein. Die Wertgegenstände verschwanden von der Erdoberfläche, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Menschen vergaßen und wenn Bedenken kamen, schoben sie, sie in den hintersten Winkel ihrer Gehirne. Was blieb, waren die Grundmauern der Schmiede, die heute, die Wände eines Gartenhauses trugen.

      Seit 1945 fand das siebzigste Treffen des Bundes statt, und zwar, knappe vier Kilometer von der Villa entfernt in einhundertzwanzig Meter Tiefe. Den anderen Teilnehmern blieb die Zugfahrt verwehrt. Der Omniscientis lächelte. Die Überraschung und das Grauen würden auf seiner Seite sein.

      Die Adepten fuhren von einem alten Fabrikgelände, dessen Gebäude unter Denkmalschutz standen, über den Hauptschacht ein. Ein gemeinnütziger Verein erhielt die Schachtanlage als Heimatmuseum. Überirdisch wurden Relikte aus der alten Zeit ausgestellt und in einem ebenso über der Erde gelegenen Lehrstollen, die Arbeitsbedingungen dargestellt. Zu welchem Zweck der Verein tatsächlich diente, blieb verborgen. Die Seilfahrt geschah in vier Etappen über den Hauptschacht, der ursprünglich neunhundert Meter in die Tiefe ging. Jetzt fuhr der Korb, zu Demonstrationszwecken gerade mal dreißig Meter in die Tiefe. In dieser Höhe wurde der Hauptschacht nach Schließung der Grube mit einem dicken Betonpfropfen verschlossen. Niemand wusste um die drei Blindschächte. Sie lagen, um je zweihundert Meter vom Hauptschacht versetzt und führten weiter in die Erde. Die Körbe, in den verborgenen Schächten, wurden über Seilhaspeln hinuntergelassen. Eine abenteuerliche Fahrt, weil die Holzführungen rechts und links, sich im Verlaufe der Zeit verzogen. Es hakelte und ruckelte, wenn der Korb nach unten glitt, aber auch heute noch, eine sichere Angelegenheit. Am Ende des dritten Blindschachts gelangte man in eine große Halle. Deren Wände zwischen den Eisenstempeln, die das Gebirge stützten, wiesen gemauerte Backsteine auf. In diesen Raum gab es mindestens zwei Zugänge. Der von oben durch den Schacht und den von … ja woher? Niemand der fünfzehn Anwesenden wusste es. Sie saßen schweigsam um den riesigen

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