Zwerge der Meere. Michael Schenk
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Unterhalb der schwimmenden Stadt befanden sich über den Schürftauchern noch andere Zwerge im Wasser. Axtschläger nannte man die Kämpfer der Zwergenclans, auch wenn sie keinesfalls nur mit der Axt kämpften. Sie waren ausgewählte Krieger, für den Kampf trainiert und beherrschten jede Waffe, über die das Zwergenvolk verfügte. Die sich nun als Wachen im Wasser befanden, trugen keine Tauchrüstungen, die ihre Beweglichkeit gefährlich eingeschränkt hätten und sie konnten ihre Luft gut einteilen. Sie hielten lange Speere in ihren Händen bereit. Ein schwacher Schutz, wenn die Räuber der Tiefe ernstlich angriffen.
Varnum spürte, wie der Wasserdruck anstieg. Wenigstens würden sie in einer bequemen Tiefe arbeiten, von der aus sie leicht und ohne Zwischenpausen an die Oberfläche aufsteigen konnten. Er blickte nach unten und sah den Meeresboden näher kommen.
Auch hier herrschte die Vielfalt der Farben. Riesige Korallenbänke erstreckten sich vor Varnums Augen, teilweise mit anderen Pflanzen bedeckt, zwischen denen Fische umher huschten oder sich verbargen. Dazwischen waren einige Stellen mit Sand zu sehen. Inmitten dieser Farbenpracht war eine rechteckige Fläche zu erkennen. Hier war der Grund aufgewühlt worden, zerhackt von Meißeln und Beilen.
So reich die Meere an Pflanzen und Tieren waren, so reich waren sie auch an anderen Rohstoffen. Die erfahrenen Zwerge hatten einen Instinkt dafür entwickelt, wo sich unter der Oberfläche Adern von Erzen, Gold oder Kristall finden ließen. Eisen war leicht zu finden. Die Pflanzen über einer solchen Ader sogen es über ihre Wurzeln auf und hatten meist eine rötliche Färbung. Auch Kristalle ließen sich rasch finden, denn ihre Strukturen erhoben sich über den Meeresboden. Manchmal nur Zentimeter, oft jedoch mehrere Meter hoch. Auch in der Nähe der momentanen Schürfstelle ragten ein paar Kristalle empor, wie die schimmernden Blüten einer Pflanze. Aber diese hoch wachsenden Kristalle waren meist von minderer Qualität und das Zwergenvolk nahm sie nur, wenn nichts Lohnenderes lockte.
Als die Stadt hier ihre Anker auswarf, da hatte der alte Birunt Hammerschlag sich höchstpersönlich ins Wasser begeben. Er hatte seinen Körper in einen Tauchanzug gequält, um mit seinen untrüglichen Instinkten festzustellen, ob sich hier der Abbau lohnte. Er war der älteste und erfahrenste Schürfer des Clans und trug den Ehrentitel des Schlagführers. Zusammen mit dem Ältesten und dem Axtführer, dem bedeutendsten Kämpfer, bildete Hammerschlag das Triumvirat, welches den Clan führte.
Birunt Hammerschlag hatte sich schließlich wieder aus seinem Anzug helfen lassen, einen Blick ins Wasser geworfen und ein leises „Kein goldener Grund, aber eine akzeptable Stelle“, gemurmelt. Wenn seine Instinkte nicht trogen, was sie sehr, sehr selten taten, versprach das einen guten Ertrag für den Clan. Ertrag, der sich in kostbare Handelsgüter umsetzen ließ.
Die Zwerge der Meere handelten mit den Zwergenstädten auf dem Land und mit den Reichen der Menschen. Das Menschenreich Telan war für den Clan der Eldont´runod der wertvollste Handelspartner, da es reichlich Gelbfrüchte besaß. Während die Zwerge der Lande über keine nennenswerten Schiffe verfügten und aufgesucht werden mussten, kamen die großen Handelsschiffe des Reiches Telan immer wieder zur schwimmenden Stadt, um Gold, Erze und Kristalle gegen Gelbfrucht, Gummi und andere Waren zu tauschen. Ein für beide Seiten gewinnbringendes Geschäft und auch hier achtete Birunt Hammerschlag mit Argusaugen darauf, dass der Clan nicht übervorteilt wurde.
Der alte Schlagführer hatte behauptet, an dieser Stelle gäbe es „akzeptable“ Eisenerzvorkommen und die Schürftaucher hatten nun schon etliche Tage geschlagen und gegraben, aber nur wenige Erzbrocken hervor geholt. Die Ausbeute wurde in Körbe gelegt, die man rasch zu den Booten an der Oberfläche zog und zur Schmelzerei brachte.
Varnum federte leicht in den Knien, als seine Füße den Boden berührten. Etwas Sand wirbelte auf, nahm kurz seine Sicht, um sich dann rasch wieder zu legen. Er schüttelte sich heftig, um festzustellen, ob sich an Helm, Schlauch oder Anzug etwas lockerte. Jetzt konnte er sich darauf konzentrieren, nachher, wenn er arbeitete, achtete er auf seine Hände und bemerkte einen Schaden vielleicht erst verspätet. Alles war in Ordnung. Ein wenig Sickerwasser im Helm, nicht einmal genug, um sich mit dem Schwamm vor seinem Kinn abzumühen.
Er sah sich um. Vor seinem Gesicht war der gläserne Helm abgeflacht und erlaubte eine passable Sicht. Zu den Seiten hingegen verzerrte die Rundung die Perspektive. Man musste sich daran gewöhnen und lernen, Entfernungen und Bewegungen richtig einzuschätzen.
Die anderen Schürfer waren längst auf dem Weg zur Schürfstelle und Varnum setzte nun einen der metallbeschwerten Füße vor den anderen. Langsam und stetig näherte er sich dem Arbeitsplatz.
Er blickte nach oben. Die Wachen schwammen noch immer dicht unter der Oberfläche und es würden immer einige von ihnen im Wasser sein, um die Schürfer vor Gefahr zu warnen oder sie, so gut es ging, zu verteidigen. Die Schürftaucher waren unbewaffnet, von dem obligatorischen Messer am rechten Bein abgesehen, auch wenn sich Beil und Meißel notfalls verwenden ließen. Aber kein vernünftiger Zwerg hatte das Verlangen, einem Dornfisch auf solch kurze Distanz zu begegnen. Speere wären hingegen zu hinderlich gewesen. Die Räuber der Meere waren so schnell, dass man sich kaum nach der Waffe bücken konnte, bevor der Jäger heran war.
Staub schien über dem Schürfgrund aufzuwirbeln. Die ersten Männer waren bereits an der Arbeit. Varnum beeilte sich, zu ihnen aufzuschließen. Erneut musterte er die Umgebung. Ein kleiner Schwarm Silberlinge teilte sich hastig, um sich hinter ihm wieder neu zu gruppieren. Keine Gefahr in Sicht. Kein Dornfisch und kein Beilkopf und auch keiner der seltenen Riesenkrebse, gegen die auch ein Speer nicht half, es sei denn, er traf durch das Maul ins Gehirn der Bestie.
In den letzten Tagen hatten die Schürftaucher eine beachtliche Grube ausgehoben und sie hofften, an diesem Tag endlich auf eine gewinnbringende Ader zu stoßen. Das Pochen ihrer Meißel drang durch das Wasser und sie ignorierten die Gefahr, dass dieses Geräusch die Dornfische anlocken könnte. Stetig fraßen sich die Werkzeuge in das Gestein, drangen immer tiefer.
Gelegentlich klang das Pochen heller und der betreffende Schürfer machte sich hoffnungsvoll daran, den getroffenen Brocken zu untersuchen. Immerhin, den einen oder anderen Erzklumpen fanden sie, aber noch immer nicht die lohnende Ader, die Birunt Hammerschlag hier vermutete.
Sie verständigten sich durch Handzeichen, die seit Generationen überliefert waren, und bemühten sich um den richtigen Rhythmus zwischen körperlicher Arbeit und dem begrenzten Angebot an Atemluft. Hier, zwanzig Meter unter der Oberfläche, konnte man nicht einfach kurz nach Luft schnappen, wenn sie knapp wurde. Jetzt, wo sie in dieser Tiefe waren, arbeiteten oben mehrere Männer an jeder Pumpe, denn es erforderte Kraft, die Luft bis nach unten zu pressen. Die kleinen Ventildeckel an den Halsverschlüssen bewegten sich im Takt und entließen überschüssigen Druck nach außen. Das Perlen aufsteigender Luftbläschen begleitete die Arbeiten ebenso, wie das Pochen der Werkzeuge.
Die Schürfgrube war inmitten eines Korallenfeldes angelegt und Varnum war es, der die Gefahr für einen der Schürftaucher erkannte.
Der Luftschlauch des Mannes war bei der Arbeit zwischen zwei Korallenstöcke gerutscht und rieb nun an einem davon entlang. Es war eine der abgestorbenen Korallen, die hart und scharfkantig waren und einen Schlauch rasch aufschlitzen konnten, wenn man nicht darauf achtete. Der