Blutige Fäden. Fabian Holting

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Blutige Fäden - Fabian Holting

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      Fabian Holting

      Blutige Fäden

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       I

       Teil 1

       Teil 2

       Teil 3

       Teil 4

       Teil 5

       Impressum neobooks

      I

       Über die Mode von gestern lächelt man,

       aber für die Mode von vorgestern begeistern wir uns,

       wenn sie die Mode von morgen zu werden verspricht.

      Marlene Dietrich

      1. Auflage

      Teil 1

      1

      Ein langes Pfingstwochenende, das nicht trister hätte sein können, lag hinter mir. Ein zäher Hochnebel hatte sich entgegen den Prognosen der Meteorologen nicht annähernd aufgelöst und für eine bedrückende Stimmung gesorgt. Außerdem war es tagsüber so kühl wie im März gewesen, sodass die angekündigten zwanzig Grad nicht einmal zur Hälfte erreicht wurden. Auf den Hochnebel waren bereits am Montagabend Regenwolken gefolgt, die zwar etwas mildere Luft mitgebracht hatten, sich an diesem trostlosen Dienstagmorgen aber unnachgiebig ihrer feuchten Fracht entledigten. Ich stand am Fenster und schaute hinaus auf die belebte Straßenkreuzung, auf der sich zäh Stadtbusse, schwere Lastwagen und jede Menge Autos im Regen dahinschleppten. Scheibenwischer bewegten sich im Gleichtakt und unter aufgespannten Regenschirmen hasteten die wenigen Passanten ihrem Ziel entgegen.

      Meine Stimmung war nicht nur wegen des für Anfang Juni so enttäuschenden Wetters betrübt, zu allem Überfluss hatte mich eine Freundin am Pfingstsonntag mit einer fadenscheinigen Begründung versetzt. Ich hatte schon seit einigen Tagen daran gearbeitet, dass aus der Freundschaft deutlich mehr wurde. Für mich waren nicht nur die letzten Tage, sondern auch die letzten Monate alles andere als gut gelaufen. Ich sah einer ungewissen Zukunft entgegen. Die Einzige, die trotz meines bisher ziemlich verkorksten Lebens noch zu mir hielt, war meine Mutter. Sie hatte mir für meinen gewagten Neuanfang Geld zukommen lassen, obwohl auch ihr der Glaube an meine berufliche Zukunft verloren gegangen war. Mein Vater war längst an mir verzweifelt und sprach bei den wenigen Anlässen, bei denen wir uns begegneten, nur meiner Mutter zuliebe noch das eine oder andere belanglose Wort mit mir. Dabei hatte alles so gut angefangen. Ich machte ein recht anständiges Abitur, ging pflichtbewusst und ganz im Sinne meines Vaters zur Bundeswehr und begann im Sommer darauf mein Jurastudium in Hamburg. An der Universität lernte ich auch meine Freundin Esther kennen und es sah für meine Eltern einige Jahre so aus, als wäre ihre zukünftige Schwiegertochter bereits gefunden. Doch es sollte alles ganz anders kommen. Esther beschloss, ihr Medizinstudium in München fortzusetzen, wofür ich zunächst Verständnis aufbrachte, bis ich schließlich herausbekam, dass sie einem Kommilitonen gefolgt war, in den sie sich unsterblich verliebt hatte. Es folgte ein tränenreiches Geständnis vor dem Hamburger Michel. Anschließend gingen wir in das nächstbeste Café. Bei einem Glas Latte macchiato, das heißt, ich hatte mir zur Beruhigung einen doppelten Ballantine`s bestellt, beschlossen wir, gute Freunde zu bleiben. Die Entfernung zwischen Hamburg und München half mir dabei. Daraufhin geriet mein bisher so geradlinig verlaufendes Leben etwas aus den Fugen. Eine zweite Sturm und Drang Zeit begann, die Erste fiel übrigens in meine Bundeswehrzeit. Ich ließ keine Party aus, hatte einige kurze aber intensive Beziehungen, One-Night-Stands inbegriffen und trank auch recht viel. Schließlich brach ich genervt vom Studentenleben und der finanziellen Abhängigkeit von meinen Eltern mein Jurastudium kurz vor dem ersten Staatsexamen ab. Ich hätte es vermutlich ohnehin nicht bestanden. Zum Entsetzen meines Vaters fing ich wenig später bei einer Privatdetektei an und überführte von da an arbeitsunwillige Angestellte, die sich statt krank im Bett zu liegen, auf dem Tennisplatz vergnügten, abtrünnige Ingenieure, die den Wettbewerber mit Informationen und Know-how versorgten sowie scheinbar integere Bürger, die ihre Versicherung über den Tisch ziehen wollten. Es lief gut für mich in der kleinen Detektei und die Arbeit machte mir sogar Spaß. Zu allem Überfluss hatte ich nach kurzer Zeit beim Inhaber ein Stein im Brett, was mir allerdings noch zum Verhängnis werden sollte. Wir waren insgesamt sieben Ermittler und ich hatte das Glück, fast ausschließlich in der Abteilung für Wirtschaftskriminalität zum Einsatz zu kommen. Die Überführung von untreuen Ehemännern und Ehefrauen blieb mir also erspart. Es war leichter einem Personalchef die Bilder von der sauber durchgeschwungenen Vorhand des angeblich mit Lungenentzündung im Bett liegenden Vorarbeiters zu präsentieren, als der in Tränen aufgelösten Ehefrau die Fotos ihres Mannes in den Armen eines zwanzig Jahre alten Betthupferls zu zeigen. Mit den Zivil- und Privatangelegenheiten hatte ich also allenfalls vertretungsweise etwas zu tun. Der Inhaber der Detektei, eine rüstige Silberlocke Mitte sechzig, der nach drei teuren Scheidungen noch einmal ein junges hübsches Ding geheiratet hatte, war so zufrieden mit mir, dass er mich gelegentlich zum Abendessen zu sich nach Hause einlud. Vermutlich hegte er die Hoffnung, in mir einen würdigen Nachfolger für sein Unternehmen gefunden zu haben. Seine Frau, die auch als seine Tochter hätte durchgehen können und vielleicht zwei bis drei Jahre älter war als ich, kochte an diesen Abenden für uns. So wie sie mich ansah, war mir schnell klar, dass sie anders als ihr Mann, nicht meine gute Auffassungsgabe, die juristischen Kenntnisse und ein Gespür für die Ermittlungsarbeit schätzte, sondern vielmehr meine mit achtundzwanzig Jahren noch durchaus vorhandene Jugendlichkeit, meine sportliche Figur und ein Gesicht, welches sich vom Durchschnitt deutlich abhob. Kurzum, ich wirkte nicht unattraktiv auf sie, was auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie war zwar etwas einfältig, hatte aber eine Wespentaille, ein üppiges Dekolleté und das Antlitz von Elisabeth Taylor in der Rolle der Maggie in dem Film Die Katze auf dem heißen Blechdach. Alles in allem eine verlockende Konstellation, der wir beide nicht widerstehen konnten. Es dauerte also nicht mehr lange, bis ich mit seiner jungen Frau ins Bett ging. Obwohl ich es mir eigentlich hätte denken können, hatte mein Chef zu seinem Elisabeth-Taylor-Verschnitt nur wenig Vertrauen, sodass er gelegentlich einen Kollegen von mir auf sie ansetzte, um sich ihrer Treue zu vergewissern. Zu meinem Bedauern ließ das Ergebnis dieses berechtigten Misstrauens nicht lange auf sich warten. Eines schönen Tages präsentierte er mir in seinem Büro, mit vor Zorn gerötetem Gesicht, gestochen scharfe Fotos, die mir noch immer einen Stich versetzen, wenn ich daran denke. Zu meiner Entschuldigung muss ich hinzufügen, dass mein Verhältnis zu seiner Frau rein

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