Geisterhäuser. Sanne Prag

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Geisterhäuser - Sanne Prag

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jeder Aufforderung nachzugeben.

       Außerdem gab es da noch ein Anliegen, das durch seinen Hinterkopf schwebte. Es schwebte immer wieder, und sein Bauch überlegte, ob er sich das zutrauen konnte. War er in der Lage, diese Situation unbeschadet zu überstehen? Konnte er in diesem Falle eine Schwäche riskieren? Konnte er seinem Körper trotzen? Er hatte nämlich das Bedürfnis, die „Kreuzwegstationen“ genau zu betrachten. Keine einfache Sache, dem Körper hilflos ausgeliefert, vor Fantasiegebilden zu stehen, die eindrangen, durch alle Körpertüren, als ob sie offen wären, nicht verschließbar. Fantasiegebilde, die wie Aliens das Steuerruder übernahmen und das Körperschiff steuerten, als ob sie ein Recht dazu hätten.

       Er wollte aber die Bilder noch einmal genau betrachten. Waren das nur Pornos? Waren sie Provokation für Katholiken? Waren sie alt oder neu? Wer hatte sie aus welchem Grund gemalt?

      ABEND

       Ezra wanderte in Richtung „Kloster“. Er hatte beschlossen ES zu riskieren. Seine Hose war gottseidank von der lockeren Sorte. Als er den Kreuzgang sah, stand dort jemand. Das war ihm gar nicht recht. Seine Pläne kaputt!

       Aber da war vielleicht ein Informant. Ezra bewegte sich leise. Er konnte das gut. Hatte er geübt, trug weiche Gummischuhe. Und er konnte beim leisen Auftreten ziemlich normale Schritte machen. Keiner merkte, dass er nicht gehört werden wollte. Vor ihm stand ein Mann um die fünfzig mit stark vorspringendem Adamsapfel. Der starrte völlig versunken eine „Kreuzwegstation“ an. Hinter dem Nebengebäude stand sein Traktor, still, ohne laufenden Motor. Er hatte scheint’s was Längeres vor, sonst hätte er ihn laufen lassen. Ezra blieb stehen. Der fremde Bauer machte zwei Schritte, um die nächste Station in gleicher Versunkenheit zu betrachten. Träumerisch stahl sich die Hand unter den Hosenbund und rieb langsam.

       Jetzt machte Ezra absichtlich ein Geräusch. Der Mann zuckte zusammen, suchte hektisch nach dem Hosenschlitz und traf Vorbereitungen, als ob das immer so geplant gewesen wäre. „Schweinerei, das…“, presste er durch die Zähne in Richtung Ezra. Ezra machte, als ob er gerade erst gekommen wäre. Er fragte unschuldig: „Was ist eine Schweinerei?“

       Na die Bilder.“ Ezras fragender Blick kam geradewegs aus dem Himmel. Er stellte sich neben den Bauern, der mit zitternden Händen seine Hose wieder zuknöpfte. Gemeinsam betrachteten sie das Bild. Eine Frau am Boden, kniend vorgebeugt. Zwei Männer hinter ihr, die ihr zwischen die Schenkel griffen. Alle drei waren nackt und rosig erregt.

       Ich geh immer hierher Wasserlassen“, sprach der Mann in christlicher Keuschheit. Die richtige Antwort fehlte. Also fuhr der Bauer fort: „Schweinerei, das. Die Strafe ist gekommen. Leben wie die Schweine und glauben, das geht so.“ Hörte Ezra da nicht auch ein bisschen Sehnsucht?

       Nicht nur, dass die so leben, sie malen das dann auch noch“; meinte der Kritiker grimmig, „Malen das, wie wenn’s gottgewollt wäre.“ Offensichtlich eine Assoziation mit Kreuzwegen. Ezra juckte es. Mit den unschuldigsten blauen Augen meinte er: „Ja, aber Gott hat‘s ja auch gemacht.“

       Was hat er gemacht?“

       Na, die Geschlechtsteile“, meinte Ezra mit nachdenklicher Stimme, träumerisch, überlegend.

       Ja, aber Gott will nicht, dass man blöd damit spielt!“, fauchte der Bauer wütend. Ezra fand die Logik interessant. Vor allem schienen Geschlechtsteile etwas zu sein, das man wirklich ernst nehmen musste. Keine Leichtfertigkeiten bitte!

       Die Bilder sind wahrhaftes Teufelswerk“, rief der Bauer in Richtung Gottes, damit es auch wirklich zu keinen Missverständnissen käme. Wallfahrt zum Teufelswerk und anschließend die Sonntagsmesse.

       Ezra meinte sanft: „Ja, einige haben mir schon gesagt, dass der Teufel hier sein Unwesen treibt…?“ Ein klein wenig die Stimme hoch am Ende des Satzes, eine ganz sanfte Frage.

       Alles ist inzwischen hier vom Teufel. Nicht nur diese, diese Drecksbilder!“, schrie der Bauer.

       Ja, warum sollte der Teufel auch nur aus Sex bestehen…?“ – lange Pause ­– „Was ist da wirklich los?“

       Die Hugelbäuerin ist am Abend da gegangen, vor dem Gewitter. Das Gewitter war schon nah. Der Himmel war ganz rot, und dann hat sie die Sau gesehen, eine riesige. Sie konnte nicht hin, hat sich gefürchtet.“

       Warum hin?“ Ezra war verwirrt.

       Na, schaun wie die Grannen stehn. Das sieht man ja von der Entfernung nicht. Die Sau hatte aber einen Sattel, da war sie ganz sicher.“ Ezra war noch verwirrter, er war ratlos, hatte aber das schlimme Gefühl, dass er besser nicht fragte. Blöde Fragen, die jedes Kleinkind beantworten könnte, bedeuten Disqualifikation. Und Disqualifikation bedeutet Ende des Gespräches. Er wollte aber Fortsetzung. „Und was hat sie gemacht?“

       Na, sie ist zum Marterl gelaufen und hat die Glocke aufgedreht. In der Panik macht man ja Unsinn.“

       Die Glocke aufgedreht?“

       War nicht so gut, weil die ja sonst nur auf Sonntag 10 Uhr eingestellt ist, und so haben alle gedacht, es ist ein Feueralarm, und sind ausgerückt. Aber was hätt sie denn machen sollen?“

       Dazu gab es viele Fragen, sehr viele, aber Ezra musste Prioritäten setzen. „Und was denken Sie, warum ist die Sau gerade hier aufgetaucht?“

       Der Bauer rollte die Augen: „Hier, genau hier ist der Teufel an die Oberfläche gekommen, schwarz wie Erdöl und voller Versprechen, Gier und Neid und böse Weiber. Sie haben einen Mann in den Tod gejagt, auf der Autobahn, und ein Kind und noch einen Mann ermordet. So ist die Herrschaft des Teufels.“ Er spuckte heftig in Richtung der Kreuzwegstationen aus, drehte sich um und stapfte zu seinem Traktor, der heilige Antonius.

       Ezra hörte mit Entsetzen, dass es auch noch ein totes Kind gegeben hatte. Viele Fragen, keine Antworten. Er merkte aber, von diesem Informanten war nichts mehr zu holen, keine weiteren Puzzleteile der Tragödie. Der Bauer ließ den Motor an.

       Aber was war tatsächlich hier abgegangen? Ezra kicherte: Wer hat die Sau ´rausgelassen?? Ein Kichern aus Nervosität, denn die Geschichte schien sich schrecklich zu entwickeln. Dann wurde er sehr ernst. Der gewaltsame Tod eines Kindes verwandelte das Abenteuer in eine kranke, gefährliche Sache. Es schien hier auf der Alm tatsächlich Mord gegeben zu haben, mehrfach. Klar zeichnete sich ab, dass ein Mann auf der Autobahn Selbstmord begangen hatte. Nur Schwerstdepressive kommen auf solche Ideen, können ihren Selbstmord nicht mit sich allein abmachen, in heftiger Verzweiflung, Wut, Hilflosigkeit. Wie immer seine Persönlichkeit geartet war, es schien etwas umgegangen zu sein, das ihn so weit getrieben hatte, denn jetzt wurde auch ein ermordetes Kind erwähnt. Und es gab noch einen

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