Genesis II. Alfred Broi
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„Hundertvierundsiebzig!“ Er blickte auf und schaute den Nuri mit großen Augen an.
Vilo biss die Zähne aufeinander, damit ihm kein Fluch über die Lippen rutschte. „Melden sie es weiter!“ befahl er. „Wie lange noch?“
„Keine zwei Minuten!“
Vilo nickte und drehte sich wieder zu der großen Wandkarte. „Gott steh uns bei!“ flüsterte er und seine Gedanken waren bei Kaleena.
2
„Schneller, Leute, kommt schon!“ rief Jorik den Männern zu, die an ihm vorbeihasteten.
Er hatte zunächst die Führung übernommen und dabei in den Himmel auf die Anomalie geschaut. Cosco hatte verdammt Recht gehabt, das Ding zeigte deutliche Aktivität. Ein erneuter Angriff war nur noch eine Frage von Minuten.
In den Gesichtern der Männer konnte er neben großer, körperlicher Anstrengung – die Türen konnten zwar einen Verletzten sehr gut tragen, sie ließen sich aber aufgrund der nicht vorhandenen Griffe nur schwer greifen – auch Angst und Erkenntnis entdecken. Natürlich hatten auch sie die Aktivierung der Anomalie registriert.
Jorik schaute zum Ende der Schlange, wo er Doktor Mutas und Jaspas als Nachhut eingeteilt hatte. Jaspas schaute ihn an und Jorik gab ihm mit dem Kopf zu verstehen, die Leute mehr anzutreiben, damit es noch schneller ging.
Als Jaspas ihm zugenickt hatte, drehte er sich um und rannte zurück zum Kopf der Schlange, wo er Marivar sehen konnte, die die Männer ebenfalls lautstark antrieb.
„Los Männer!“ brüllte Jorik und konnte bereits die geöffnete Ladeluke der Amarula durch die Trümmer sehen. „Das sind nur noch fünfzig Meter. Das schafft ihr!“ Plötzlich ging von der Anomalie über ihren Köpfen ein deutliches Zischen aus, dass sich zu einem dumpfen Brummen verformte, dessen Lautstärke sehr schnell zunahm und dessen Tonlage stetig höher wurde. „Wir müssen es schaffen!“ fügte er noch hinzu. „Das wird eng!“ Jorik schaute zu Marivar und sein Blick war finster.
Im selben Augenblick wurde aus dem Brummen ein deutliches Pfeifen und im Inneren der Anomalie tauchten unzählige kleine Punkte auf, die rasend schnell näher kamen. „Scheiße!“ sagte Jorik mehr zu sich selbst.
Marivar aber, die mittlerweile neben ihm herlief, hatte es gehört und schaute ihn mit ernster Miene an.
„Beten sie in Tibun auch?“ fragte er.
„Natürlich!“ erwiderte sie atemlos.
„Dann sollten wir vielleicht jetzt schon mal damit anfangen!“ rief er und musste seine Stimme erheben, weil das Geräusch aus der Anomalie beinahe unerträglich anschwoll.
¤
Das hell erleuchtete Innere der Anomalie schien sich wieder zu verdunkeln, doch es waren nur die heran stürzenden Jagdmaschinen, die dicht an dicht durch sie hindurch zur Planetenoberfläche rasten.
Ein beinahe unerträgliches Pfeifen begleitete sie.
Wieder schossen sie zunächst fast senkrecht in die Tiefe, ihre metallischen Außenhäute glänzten im Licht der Anomalie und der unzähligen Feuer in Ara Bandiks teuflisch rot.
Doch diesmal kam ihre Attacke nicht überraschend, diesmal wartete schon jemand auf sie.
Die rund fünfzig Jagdmaschinen, die bereits vom Deck der Kamarulu aus gestartet waren, schossen mit hoher Geschwindigkeit in geringer Höhe über die Stadt hinweg, hatten so eine gute Ausgangsposition für die bevorstehende Schlacht und schon nach wenigen Augenblicken wurden die ersten Abwehrraketen abgefeuert, von denen einige ihr Ziel auch erreichten.
Um Ara Bandiks herum blitzten plötzlich unzählige Lichter auf, die die Stadt wie einen Ring umgaben. Es waren die Geschütze der Bodentruppen, die wie Nadelstiche schräg nach oben schossen. Die meisten von Ihnen waren auf das Ende der Anomalie gerichtet, um die Jagdmaschinen des Feindes bereits beim Austritt zu eliminieren, was auch wirklich gut funktionierte.
Die Schiffe in der Bucht nahmen ebenfalls die Anomalie selbst aufs Korn, da die feindlichen Jäger eindeutig zu wendig waren, um sie mit ihren Geschützen zu verfolgen.
Innerhalb weniger Momente war der Nachthimmel über Ara Bandiks von unzähligen Detonationen erfüllt und beinahe wieder taghell erleuchtet.
Der Ausgang der Anomalie schien in einer einzigen gewaltigen, nie enden wollenden Explosion zu vergehen und doch schossen immer wieder neue Jäger durch den Bombenteppich hindurch zu Boden, wo nicht wenige zunächst für weitere Verwüstungen sorgten, bevor sie von den eigenen Jägern verfolgt und ausgeschaltet werden konnten.
Ohrenbetäubender Lärm, der auch körperlich deutlich zu spüren war, erfüllte das Szenario. Ein furchtbares und tödliches Blitzgewitter jagte über den Himmel hinweg, die Luft begann zu flirren, der Boden bebte unter der Wucht der Raketeneinschläge.
Und doch konnte man deutlich erkennen, dass das Stadtgebiet weitaus mehr verschont blieb, als noch beim ersten Angriff. Alle Truppenteile leisteten hervorragende Arbeit, schirmten Ara Bandiks ab, so gut es ging. Doch es war auch sehr schnell klar, dass der Feind ihnen mit seiner zweiten Angriffswelle wesentlich mehr Jäger sandte, als noch vor wenigen Stunden.
Innerhalb von nur drei Minuten schoss bereits die dritte Staffel an Jägern aus der Anomalie, vergrößerte die Zahl auf insgesamt fast vierhundert Maschinen – und ein Ende schien nicht in Sicht.
Nur eines war ganz sicher: Die Hölle war nach Ara Bandiks zurückgekehrt!
¤
„Weiter, weiter!“ brüllte Jorik. Er war wieder stehengeblieben, ließ die Männer mit ihren Tragen an sich vorbeihasten und trieb sie zu noch größerer Eile an. Immer wieder zuckte sein Blick hinauf in den Himmel, wo er das furchtbare Szenario mit verfolgen konnte. Er spürte, wie der Boden unter seinen Füßen vibrierte, doch noch waren alle Raketen weit von ihnen entfernt eingeschlagen. Jorik aber wusste, dass das nicht so bleiben würde. Dennoch durfte er noch immer keine Panik zulassen. „Ruhig. Bleibt ruhig. Dann geht es am Schnellsten!“ Er wandte seinen Blick zum Schiff und konnte sehen, dass sich bereits einige der dort Anwesenden auf den Weg gemacht hatten, um ihnen zu helfen.
„Captain?“ rief Jorik in sein Headset.
„Ja?“
„Wir sind gleich am Schiff. Lassen sie die Triebwerke schon einmal warmlaufen!“
„Fidu ist bereits im Cockpit und kümmert sich um alles!“
„Okay!“ Das Ende der Schlange hatte Jorik erreicht. Jaspas und Dr. Mutas schauten ihn mit ernster Miene an. „Wir haben es gleich geschafft!“ stieß Jorik hervor, als er wieder zu laufen begann, um mit ihnen Schritt zu halten.
¤
Kendig und Rimbo hatten in ihren Jägern Platz genommen und überprüften kurz die Instrumente. Für eine vollständige Startsequenz war jetzt keine Zeit und so gaben sie dem Tower ihr Okay.
Zehn Sekunden später bekamen sie die Startfreigabe, der Beschleunigungsschlitten hakte sich um ihr Fahrwerk. In ihrem Kopfhörer hörten sie