Sieben Tage bis zur Hochzeit. Bettina Reiter
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„Mit Kapitän meinst du hoffentlich nicht Ray“, stieß Frida aus und versuchte die Ärmel ihres Pullis zurückzuschieben, was misslang. Am Ärmelsaum wölbte sich die Haut, vermutlich ein Blutstau. „Dann werden binnen kürzester Zeit alle weiblichen Mitarbeiterinnen kündigen.“ Als benötige sie die Zustimmung der Schwestern, schaute sie eine nach der anderen an. Allgemeines Nicken war die stumme Antwort. „Wir haben viele Freundinnen verloren, weil dieser Nimmersatt alles vögelt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.“
„Also hör mal“, warf Ray ein.
„Ist doch wahr!“ Frida griff zur Weinflasche auf dem Tisch. So schnell wie sie auf die Welt gekommen war, so schnell leerte sie alles Alkoholische. „Und was rede ich da? Selbst auf den Bäumen ist keine sicher vor dir. Ich wundere mich, dass du nicht regelmäßig im Leichenschauhaus aufschlägst, wo haufenweise devote Frauen herumliegen.“
„Bewegen sollten sie sich schon. Außerdem, ich laufe keiner hinterher. Das habe ich nicht nötig. Immerhin nennen mich meine Verflossenen einen Sexgott.“ Alle am Tisch rollten mit den Augen. Ray zog grinsend die Zigarettenpackung aus seiner Hosentasche und schob den Aschenbecher zu sich.
„Sexgott“, äffte Frida ihn nach. „Du bist ein Casanova der übelsten Sorte. Jeder versprichst du die große Liebe. Es gibt weder in Drogheda noch in Dublin ein Herz, das du nicht gebrochen hast.“
Ray warf die Schachtel auf den Tisch, steckte sich die Zigarette in den Mund und zündete sie an. Das Feuerzeug steckte er in die Hosentasche zurück. „Du übertreibst“, er blies den Rauch aus, „jede alte Frau hat Ruhe vor mir und mit alt meine ich alles über fünfundzwanzig.“
Plötzlich brach der Krieg aus. Ohne Punkt und Komma redeten seine Schwestern auf ihn ein. Nannten ihn unflätig, sorglos, Macho und zeigten mit dem Finger auf ihn. Dazwischen schenkte ihnen Frida ständig Wein nach und trank schließlich aus der Flasche. Sicher, Ray liebte seine Schwestern über alles, doch in diesem Moment hätte er sie kaltlächelnd umbringen können. Nie hatte er sich derart bloßgestellt gefühlt. Selbst von Tommy kam keine Hilfe, der in sich zusammengesunken auf dem Stuhl saß und vor sich hinstarrte.
„Ruhe“, brüllte der Vater nach zehnminütiger Schlammschlacht. Ray dämpfte die dritte Zigarette im Aschenbecher aus. Er rauchte nicht regelmäßig, doch in Gegenwart der Schwestern würde er zum Kettenraucher werden. „Ich denke, Ray hat den Ernst der Lage erkannt.“
„Was ich auch für Tommy hoffe.“ Grant schob die Hände in die Hosentasche seiner Nadelstreifhose. „Leider kann ich nicht wie Steve aus dem Vollen schöpfen und deshalb nur auf dich als Kapitän zurückgreifen, Sohn.“
„Was erwartet ihr von uns?“, fragte Tommy stockend. Vermutlich sah er sich in Gedanken vor einem leeren Kühlschrank stehen. Als ob sie im Moment keine größeren Probleme hätten!
„Wir können nicht sagen, dass ihr dumm seid“, antwortete Grant. „In der Schule habt ihr euch zusammengerissen. Auch in der Firma sind wir mit euren Leistungen immer zufrieden gewesen. Zumindest mit dem bisschen, das ich in meiner Erinnerung zusammenkratzen kann.“ Sein Gesicht verschloss sich noch mehr. „Steve und ich geben euch vierzehn Tage Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Entweder werdet ihr wie wir in den letzten vierzig Jahren jeden Tag euren Mann stehen - und zwar mit einem Stapel Akten auf dem Schreibtisch, Ray, und nicht mit einem Stapel Mädchen im Bett - oder euch wird der Zugang zu sämtlichen Firmen sowie den Konten untersagt. Selbstverständlich erbt ihr nur den Pflichtteil, falls wir im Atlantik ersaufen sollten.“
„Du klingst, als wäre an diese Bedingung eine weitere geknüpft“, sprach Tommy aus, was Ray ahnte.
„Unserer Meinung nach ist es Zeit, einen sicheren Hafen anzusteuern.“ Auf der Stirn von Rays Vaters zeigten sich Schweißperlen. „Jeder Mann braucht eine Frau hinter sich. Ihr beide eine, die euch die Flausen aus dem Kopf treibt. Nur wer für jemand anderen sorgen muss, weiß um Verantwortung.“
„Willst du damit sagen, dass wir heiraten sollen, Onkel Steve?“, entfuhr es Tommy.
Über Rays Rücken fuhr ein kalter Schauer nach dem anderen. Seine Schwestern grinsten schadenfroh. „Tut mir leid, Dad, aber im Augenblick habe ich keine passende Braut bei der Hand“, empörte sich Ray. Was sollte das? Niemals im Leben würde er heiraten, nicht nachdem …
„Am vierzehnten Juli präsentiert ihr uns eine Antwort bezüglich des Unternehmens“, forderte Rays Vater mit harter Stimme, „oder wir stellen die Zahlungen für eure Wohnungen, die Sportwägen, Restaurantbesuche und was weiß ich noch alles, ein.“
„Das ist Erpressung, Dad!“ Ray konnte es nicht fassen.
„Nein, Sohn. Das ist das Leben.“ Sein Vater runzelte die Stirn. „Grant und ich möchten, dass ihr euch bis zum Tag eurer Entscheidung ernsthaft nach einer adäquaten Frau umschaut. Vor allem du, Ray, solltest dir in dieser Hinsicht eine Chance geben.“
Sein Vater hatte ja keine Ahnung!
„Am vierzehnten ist mein Geburtstag“, stöhnte Tommy. „Wollt ihr mir den Tag versauen?“
„Dad, was die Firmen betrifft, darüber können wir reden“, wandte Ray um Ruhe bemüht ein. „Aber eine Frau? Wie soll man binnen weniger Tage die Richtige fürs Leben finden?“
„Nie agiert man besser als unter Zeitdruck, und ihr sollt ja nicht gleich heiraten. Es geht uns nur darum, dass ihr auch in dieser Hinsicht Ernsthaftigkeit zeigt.“
„Wie du willst.“ Ray schaffte es nicht mehr, seinen Zorn zu unterdrücken. „Aber beklag dich nicht, wenn dir meine Wahl missfällt. Womöglich verlobe ich mich mit einer Nutte.“
„Die arbeitet wenigstens. Im Gegensatz zu dir. Was also deine Zukünftige betrifft, ich werde dir nicht reinreden, versprochen.“ Wie gönnerhaft er sich gab. Von wegen weich und nachgiebig. „Hauptsache, du lernst endlich worauf es im Leben ankommt.“
„Was nur mit einer Frau funktioniert?“
„So ist es. Eine Familie erdet. Viel Glück, Jungs.“
Verdattert schauten sich Tommy und Ray an. Die meinten es tatsächlich ernst!
„Um euch in Ruhe nachdenken zu lassen, werdet ihr jetzt eure Sachen packen und nach Termonfeckin fahren“, informierte Grant sie.
„Nach Termonfeckin?“, entsetzte sich Ray.
„Genau. Unsere Gastfreundschaft ist erschöpft. Auf dem Weg dorthin könnt ihr euch Lebensmittel besorgen. Falls ihr vorhabt nach Hause zu fahren, verwerft den Plan. Eure Wohnungen werden von schweren Jungs bewacht, die Steve und mir noch einen Gefallen schulden.“
„Außerdem wird euch die Einsamkeit guttun.“ Rays Vater setzte sich und schob Frida sein Glas zu, die ihm den kläglichen Rest der Weinflasche einschenkte.
„Ich war nicht mehr dort seit Mutters Tod.“ Ray schluckte hart.
„Deswegen wird es Zeit. Deine Mutter wusste immer auf alles eine Lösung. Ich bin mir sicher, sie wird ein Auge auf dich haben. Wo könnte sie dir näher sein als in jenem Cottage, das sie zeitlebens geliebt hat?“
„Ich kann nicht dorthin.“
„Dann überwinde dich. Seit ihrem Tod hast du dich verändert. Bist rastlos geworden, unzuverlässig, hast jeglichen Respekt vor Frauen