Sieben Tage bis zur Hochzeit. Bettina Reiter
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Sieben Tage bis zur Hochzeit - Bettina Reiter страница 5
„Das hättest du wohl gern. Nein, mein Freund, den Schuh …“
„Wie auch immer“, wurde Ray von seinem Vater unterbrochen, „Termonfeckin ist der einzige Ort, um dich endlich wieder selbst zu finden.“
„Eine Frau“, stotterte Tommy, als binde ihm jemand einen Strick um den Hals, „mich will doch keine. Im Gegensatz zu Ray bin ich kein Weiberheld.“
„Jeder Topf findet seinen Deckel.“ Grant zog die Hände aus den Taschen und schaute abwesend auf seinen Siegelring.
„Und ihr denkt, in dieser Einöde finden wir einen?“ Tommy fuhr sich mit beiden Händen durch das gekrauste kupferfarbene Haar.
„Einen Versuch ist es wert“, beharrte Grant. „Ich weiß ja nicht wie es euch geht“, er setzte sich ebenfalls, „aber ich habe einen Bärenhunger. Darum solltet ihr aufbrechen, Jungs, damit wir in Ruhe das Festmahl genießen können.“ Tommy und Ray standen fast gleichzeitig auf. Im Gesicht seines Cousins spiegelte sich die eigene Wut wider. Andererseits hoffte Ray, dass sein Vater die Farce damit beendete, dass sie lediglich einen Scherz gemacht hatten. Doch dessen Mund blieb verschlossen. „Eine Sache noch: Eure Sportwägen bleiben hier. Ihr hättet ohnehin kein Benzin mehr. Wir haben alles rauspumpen lassen. Lester leiht euch seinen Pick-up. Gute Fahrt.“
Ray schnappte die Packung Zigaretten, dann hetzte er Tommy hinterher.
„Die sind doch übergeschnappt!“, brauste sein Cousin auf, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten. Mit großen Schritten durchquerten sie die riesige Eingangshalle mit dem Granitsteinboden.
„Wem sagst du das. Am liebsten würde ich es ihnen heimzahlen und eine anschleppen, die ihnen so missfällt, dass sie uns ein paar Millionen zahlen um sie loszuwerden.“
„Warte mal“, Tommy hielt Ray am Ärmel zurück, „das ist es. Sie wollen eine Braut? Die können sie haben.“
„In Termonfeckin werden wir kaum fündig werden. Da habe ich alle durch.“
„Aber nicht im Google.“
„Du meinst …?“
„Genau“, sprach Tommy aufgeregt weiter. „Lass uns zwei Dumme finden, die uns heiraten. Natürlich wird die Hochzeit rechtzeitig platzen.“
„Spinnst du? Von Heirat war nie die Rede. Unsere Väter wollen lediglich, dass wir ernsthaft nach einer Frau suchen.“
„Aber wir liefern ihnen das Gesamtpaket.“
„Dein Plan ist reiner Selbstmord“, gab Ray zu bedenken. „Am Ende kommen wir nicht mehr aus dem Grab heraus, das wir uns schaufeln.“
„Vertrau mir. Im äußersten Fall können wir uns ja scheiden lassen.“
„Und verlieren einen Haufen Kohle!“
„Schon mal von einem Ehevertrag gehört? Wozu sind wir Anwälte?“
„Das kann nur nach hinten losgehen.“ Ray stapfte die Steinstufe hinauf. „Außerdem, so dumm kann keine Frau sein.“
„Wetten?“
7
Elisha gähnte verhalten und blickte sich im Wood & Steel um. Das Cafe in der Altstadt war mäßig besucht. Mit den vielen Fenstern und dem Glasdach wirkte es beinahe wie ein Gewächshaus. Im Inneren dominierten Holz und Stahl. Letzteres von der Bar bis hin zu den Stühlen und dem Dekor. Nur der Fußboden und die Tische waren aus hellem Holz. Trotz einer fast statischen Einrichtung war es behaglich im Cafe. Sicherlich auch bedingt durch die vielen Grünpflanzen. Jedenfalls war das Wood & Steel im Laufe der Zeit zu Elishas zweitem Wohnzimmer geworden, wie es auch das Wildcat Cafe ein paar Häuser weiter war. Ebenfalls ein gemütliches Lokal, das sogar zum Kulturerbe der Stadt gehörte.
„Ich liebe thailändisches Essen.“ Heidi griff zur Serviette und wischte sich über die fettigen Hände. Die zahlreichen Goldringe glänzten. Zwei Tische hinter ihr war die Bar, die von drei Männern belagert wurde, denen Reisha Roggenwhiskey nachschenkte. Die vierzigjährige Kellnerin hätte dem Äußeren nach ein weiteres Kulturerbe der Stadt sein können. Aber es war kein Wunder, dass sie so abgerissen aussah. Immerhin hatte sie täglich ein ziemliches Pensum zu bewältigen. Dennoch war Reisha immer gut drauf und die Gutmütigkeit in Person.
„Du hast drei Burger gegessen.“ Elisha stopfte sich eine Tomate in den Mund. „Wie kommst du auf Thai?“
„Weil ich Lust auf eine Nachspeise habe.“ Schon griff Heidi zur Karte und studierte sie eingehend.
„Eigentlich müsstest du sie auswendig können.“
„Essen ist wie guter Sex“, wurde Elisha prompt angepflaumt, „auf dieselbe Weise muss man sich der Speisenkarte hingeben. Sich öffnen wie ein gutes Buch, das man nicht weglegen möchte. Und wenn man am Ende angelangt ist, möchte man am liebsten von vorne beginnen. Carpe diem, meine Liebe.“
„Amen.“ Elisha schob den leeren Salatteller von sich und legte die Gabel darauf. „Ich bin am Ende angelangt und habe keine Lust, von vorne anzufangen.“
Heidi tat die Karte weg und griff über den Tisch hinweg nach ihrer Hand. Mitleid stand in ihren Augen, über die künstliche Wimpern fächerten. Das Lockenhaar trug sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, an Ohren und Hals baumelte Goldschmuck. Ihre Wangen waren gerötet, der rote Kussmund zog sich nach unten. „Die Scheidung?“
„Bis heute Morgen bin ich eine verheiratete Frau gewesen.“
„Glaub mir, Elisha, das Single-Leben hat viele Vorteile.“
„Ach ja? Deswegen stehst du regelmäßig kurz vor einer Depression, suchst einen Seelenklempner auf und besäufst dich bei jeder Familienfeier.“ Es war ungerecht, Heidi anzugreifen, doch Elisha hatte eine Stinkwut im Bauch. Auf ihren Ex-Mann Stew, auf sich selbst, auf die ganze Welt da draußen.
„Du hast dich während deiner Ehe ebenfalls oft besoffen.“ Jetzt grinste Heidi.
Sie hatte ja recht. Hals über Kopf war sie mit Stew vor den Traualtar getreten. Ein Holzfäller, der sogar bei -37 Grad ohne Flanellhemd Holz hackte, um die Menschheit an seinem Muskelspiel teilhaben zu lassen.
Bei ihrem Kennenlernen war sein Balzverhalten imponierend gewesen, bis sie drei Monate nach der Heirat einsehen musste, dass sie eine Ehe zu sechst führte. Stew, sie, der Spiegel im Bad, der Spiegel im Gang, über dem Bett und an der Wohnungstür. Ständig warf er sich verliebte Blicke zu - ihr galten die genervten. Anfangs hatte sie versucht, diese Erkenntnis zu ignorieren. Um nichts in der Welt wollte sie zu der Masse geschiedener Frauen gehören. Deshalb hatte sie sich noch mehr ins Zeug gelegt als ohnehin - und hatte wie Stews Mutter gekocht, ihm zugehört wie eine Freundin und sich im Bett wie eine Prostituierte verhalten. Es war ein Wunder, dass sie vom Sex-Shop im Internet nicht geehrt worden war. Aber nichts hatte geholfen, im Gegenteil. Stew stellte sich sogar als notorischer Fremdgeher heraus. Die Spatzen hatten es bereits nach einem Jahr Ehe von den Dächern gepfiffen.
Langsam füllte sich das Wood & Steel. Der Stimmungspegel stieg. Besteck klirrte, Reisha behielt wie üblich stoische Ruhe. Selbst als zwei Kinder lautstark stritten und ihre Mahlzeiten auf den Tellern zu Brei zermalmten. Ermahnt von den Eltern, die schließlich die Achseln zuckten