Sieben Tage bis zur Hochzeit. Bettina Reiter

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Sieben Tage bis zur Hochzeit - Bettina Reiter

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und sogar in ihrem Beisein mit einer anderen Frau geknutscht. Vasili war ihr dann über den Weg gelaufen, als sie weinend das Lokal verlassen hatte. Sie waren im Bett gelandet, aber leider kam es nicht zum Höhepunkt. Dabei hatte sie ihn ständig darauf hingewiesen, dass er zu schnell oder zu langsam sei, was sie mochte und was weniger und sie hatte von einer gemeinsamen Zukunft inklusive Kindern gesprochen. Hochzeit, miteinander alt werden, Enkelkinder. Eigentlich Themen, womit man jedem Mann zeigte, dass man ihn und diese frische neue Beziehung ernst nahm. Aber wie auch immer, Vasili war am nächsten Tag spurlos verschwunden.

      Elisha straffte die Schultern. Zum Teufel mit den Männern! Ab jetzt würde sie eher ins Kloster gehen, als sich noch einmal auf einen Typen einzulassen.

      „Da bist du ja endlich, Puschel.“ Ihr Vater erhob sich vom Sofa, als Elisha drei Stunden später den Wohnraum betrat. Mit schlurfenden Schritten kam er ihr entgegen. Er trug seinen senffarbenen Lieblingspullover, die braunen Hosenträger und eine ausgeleierte Jeans, über deren Bund sein Bauch hing. Wieder einmal stellte Elisha fest, wie sehr er im Gesicht dem Schauspieler Danny de Vito glich. Nur der graue Schnauzer störte den Vergleich.

      „Dad, ich bin keine fünfzehn mehr. Du musst nicht auf mich warten.“ Sein vertrauter Geruch nach Zigaretten war einem strengen Duft gewichen. Seitdem er das Rauchen aufgegeben hatte, sprühte er sich ständig damit ein. Elisha hatte ihn zwar schon ein paar Mal darauf hingewiesen, dass es sich bei seinem Parfüm um einen Toiletten-Spray handelte, aber da die Flasche günstig und ziemlich ergiebig war, blieb er bei dieser Marke.

      „Doch, ich musste.“ Er grinste, bevor er sich auf Zehenspitzen stellte und ihr einen feuchten Kuss auf die Wange drückte. Dann wedelte er mit einem Brief vor ihrem Gesicht herum. „Du hast Post bekommen.“

      „Von wem?“ Elisha schlüpfte aus ihren beigen Ballerinas und schob sie mit dem Fuß unter die Kommode. Staubflocken wirbelten federartig heraus.

      „Von deinem Verlag. Sieht offiziell aus. Vermutlich die erste Abrechnung.“

      Vor einem halben Jahr hatte sie unter dem Pseudonym John Doe einen Liebesroman veröffentlicht: ´Der Geliebte ohne Gesichtˋ. Mit den Absagen zuvor hätte sie das ganze Haus tapezieren können, doch schließlich hatte sich ein Verlag erbarmt. Der Chef hatte sich zuversichtlich gezeigt, dass sich das Buch gut verkaufen würde.

      „Mal sehen, wieviel es ist“, sagte Elisha mit mehr Hoffnung in sich, als sie nach außen hin zeigen wollte. Ob im Brief die Antwort auf all ihre Probleme stand? Wie oft hörte man von Autoren, die praktisch über Nacht reich wurden. Lizenzen ins Ausland verkauften und auf großem Fuß leben konnten. Ihr Buch war gut, sehr gut sogar. Warum sollte es bei ihr anders sein? Fieberhaft überlegte sie, was sie mit so viel Geld tun könnte und starrte dann auf die Zahl unter dem Strich.

      „Was ist, Puschel?“, stieß ihr Dad atemlos aus. „So viel?“

      „In der Tat“, stotterte sie und ließ sich auf die Couch fallen.

      „Du liebe Zeit, wie hoch ist die Summe?“

      „Ein Dollar sechzig.“

      Kurzes Schweigen.

      „Hauptsache, du hast etwas verdient.“ Ihr Vater trat neben sie und legte ihr unbeholfen die Hand auf die Schulter. „Ich bin stolz auf dich, Puschelchen.“

      Verstimmt schaute sie zu ihm hoch. „Dad, das ist nicht komisch.“

      Ächzend setzte er sich neben Elisha, legte seinen Arm um sie und drückte sie an sich. „Es ist mein voller Ernst. Ich bin unheimlich stolz auf dich.“

      „Worauf? Dass ich fünf fertige Manuskripte im Schreibtisch liegen habe, die keiner will?“

      „Immerhin hast du ein Buch veröffentlicht.“

      „Eins, das im letzten Halbjahr zwei Menschen gelesen haben. Womöglich Freddy und Brandon, um es eines Tages gegen mich zu verwenden. Oder um eine vernichtende Rezension zu schreiben.“ Zornig legte sie den Brief auf den Wohnzimmertisch, in dessen Mitte ein kitschiger Kerzenständer aus Porzellan stand. „Was habe ich mir nur dabei gedacht, einen Liebesroman zu schreiben? Ausgerechnet ich?“

      „Du hast es wenigstens probiert. Ich bewundere dich dafür, dass du nie aufgegeben hast, obwohl du einige Absagen bekommen hast.“

      „Einige?“, würdigte sie sich selbst herab. „Ach, Dad, mein Leben ist ein einziger Scherbenhaufen.“

      „Na, na, na, wer wird denn gleich weinen.“ Sein von dicken Schwielen gezeichneter Zeigefinger schob sich unter ihr Kinn, und hob es sanft an. Wie oft hatte er sie getröstet. War neben ihr hergelaufen, um ihr das Radfahren beizubringen. Hatte sie am ersten Schultag fotografiert, und zu Mittag vergessen abzuholen. Besonders die Campingausflüge würden ihr stets in Erinnerung bleiben. Nur ihr Bruder Tylor, ihr Dad und sie in der Wildnis Kanadas. Die Mutter war zuhause geblieben, da sie solche Unternehmungen nicht ausstehen konnte. „Ich bin keineswegs stolz darauf, dass ich es im Leben nicht weit gebracht habe. Wie gern hätte ich euch viel mehr ermöglicht, Elisha.“

      „Du bist der beste Dad der Welt. Das kann man mit keinem Geld bezahlen.“

      Er lächelte zaghaft. „Und du das Beste, das mir im Leben passiert ist. Abgesehen von deinem Bruder.“

      „Der glücklich verheiratet in Calgary lebt und mit zwei Kindern gesegnet ist.“ Elisha legte den Kopf an seine Schulter. Liebevoll strich er über ihren Rücken.

      „Tylor hat eben schneller nach dem Glück gegriffen als du. Dein Tag kommt auch irgendwann. Deine Mutter betet jeden Tag dafür, und du kennst Rose. Irgendwann geht sie dem Herrn so auf die Nerven, dass er sie loswerden will. Glaub mir, ich weiß wovon ich rede.“ Er grinste entschuldigend. Ihre Mom war keine einfache Frau und führte ein strenges Regiment. Das ging jedoch nur, weil ihr Dad nachgiebig war und versuchte, ihr jeden Wunsch von den Augen zu lesen - obwohl er hart für ihre Wünsche geschuftet hatte. Zeitlebens untertage, oft auch an den Wochenenden. Im Winter hatte er sogar als Ice-Road-Trucker gearbeitet. Von Yellowknife ausgehend führte die längste Eisstraße der Welt über einige Seen. Zwar hatte die ´Tibbitt to Contwoyto Winter Roadˋ ab Jänner nur zwei Monate geöffnet, doch jeder im Haus war immer froh gewesen, wenn ihr Vater nach dem Schließen der Straße den Truck wieder einem anderen Fahrer übergeben hatte. Obwohl die Arbeit im Bergwerk nicht weniger gefährlich gewesen war. Pausen hatte er sich jedenfalls kaum gegönnt und die Anstrengung hatte sich förmlich in sein sechzigjähriges Gesicht gegraben, von der ungesunden Blässe ganz zu schweigen.

      „Wie schaffst du es bloß, Mutter zu ertragen? Versteh mich nicht falsch, ich liebe sie, obwohl sie wahnsinnig anstrengend ist. Egal ob sie alles besser weiß oder uns in Verlegenheit bringt.“

      „Liebe erträgt vieles“, antwortete er schlicht. „Lass dir eins gesagt sein, Puschel: Man muss aus allem nur eine wichtige Sache herausziehen und zwar die Zufriedenheit. Egal, ob man positive oder negative Erfahrungen macht. Darum halte dir stets vor Augen was du hast - nicht was du möchtest.“

       7

      Sonnenlicht lag über Yellowknife. Nach einer unruhigen Nacht frühstückte Elisha mit ihren Eltern auf der schmalen Veranda, bevor sie in die Stadt fuhr. Dort erledigte sie einige Zahlungen, besorgte Lebensmittel im Auftrag der Mutter und bummelte eine Weile durch die Einkaufsmeile. Es konnte nicht schaden, die Heimfahrt hinauszuzögern. Ihre Mutter hatte sie genötigt, mit ihr am Nachmittag in das Einkaufscenter zu fahren. Einmal im Jahr gönnte sie sich das Vergnügen, und bescherte Elisha damit regelmäßig einen Horrortrip.

      Sie

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