Sieben Tage bis zur Hochzeit. Bettina Reiter
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„Kann ich dir etwas anbieten?“ Ihr Ex stemmte die Hände in die Hüften, nachdem er sich an den Brusthaaren gekrault hatte. Elisha lehnte sich gegen den Tisch.
„Danke, nein. Ich hänge an meinem Leben.“
„Echt? Seit wann?“ Mit anzüglichem Grinsen kam er näher. „Du siehst toll aus. Neue Frisur?“ Ehe sie reagieren konnte, umfasste er eine ihrer Haarsträhnen und ließ sie durch die Finger gleiten. Elishas Atem beschleunigte sich. Trotz ihrer Wut, eines musste man Stew lassen: Er war ein guter Liebhaber gewesen.
„Ich habe meine Haare wachsen lassen, das ist alles.“
„Überall?“
„Sicher, das magst du doch so gerne.“
Kurz zog er die Stirn kraus, dann musterte er ihr Gesicht. „Wenn du nackt wärst, würden deine Haare die vollen Brüste bedecken“, raunte er und fuhr mit seinem Finger sacht über ihren Hals. „Was für ein Kontrast. Dunkelbraunes Haar auf blasser Haut. Warum hast du während unserer Ehe auf dem Kopf ausgesehen wie ein Soldat?“
„Weil du mich herumkommandiert hast?“
„Komm schon, so schlimm war ich auch wieder nicht. Aber du weißt ja, das Auge isst mit. Manchmal habe ich gedacht, ein Mann liegt neben mir.“
„Wie nett!“, erwiderte sie kurz vor einer Schnappatmung, weil sein Finger über ihre erhärteten Warzen glitt. Es war zu lange her, seitdem sie mit einem Mann geschlafen hatte. Genau genommen war die zweite Betthälfte seit der Trennung vor einem Jahr leer geblieben.
Als sein Mund ihre Wange berührte, stöhnte sie leise auf. Verdammt, sie würde sich doch nicht auf ihren Ex einlassen? Nicht nach allem, was ihr dieser Vollidiot angetan hatte. Das konnte sie unmöglich zulassen - Stews Zunge spielte mit ihrem Ohrläppchen - andererseits …
„Ich habe mich damals auf den ersten Blick in dich verliebt“, schmeichelte er ihr. „In diese geheimnisvollen grünen Augen. Den vollen Mund, den ich auch jetzt unbedingt küssen will. In deine sinnliche Ausstrahlung, diesen Sexappeal. Wenn du gehst“, seine Hände umschlangen ihre Hüften, „bewegst du dich wie eine geschmeidige Katze. Du machst mich scharf, Elisha.“ Geschirr klirrte, als er sie auf die Arbeitsplatte hob. „Ich will dich.“ Fordernd küsste er sie auf den Mund und schob gleichzeitig ihren Jeansrock höher. Zum Teufel mit dem Hass, im Augenblick wollte sie ein Abenteuer. Sehnte sich nach Sex, purem Sex. Ohne jegliche Verpflichtung. Die Leviten konnte sie ihm später lesen.
„Darling? Wo bleibst du denn so lange?“, ertönte es plötzlich aus dem Schlafzimmer.
Elisha erstarrte.
„Aua!“, rief Stew im selben Moment aus und fuhr sich mit vorwurfsvollem Blick an die blutende Unterlippe. „Du hast mich gebissen.“
„Sei froh, dass ich nicht dein Ding zwischen den Zähnen hatte“, keifte Elisha, hüpfte herunter und richtete sich den Rock. „Du Arschloch machst mich an, während eine deiner Tussis in unserem Ehebett liegt. Was soll das?“
„Ich bin auch nur ein Mann. Du siehst zu umwerfend aus, als dass du mich kalt gelassen hättest. Außerdem warst du ein Vulkan im Bett. Fantasievoll und unersättlich.“ Er räusperte sich. „Eine Ménage-à-drois, wie lange habe ich davon geträumt. Celine wäre sicher einverstanden.“
„Bist du verrückt?“, brüllte Elisha und tippte sich an die Stirn. „Hast du mich deswegen her zitiert?“ Sie gab ihm einen Schubs, als sie an ihm vorbeistapfte.
„Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du mir Geld leihen könntest.“
„Vergiss es.“ Elisha riss die Haustür auf. „Und vergiss am besten meinen Namen, meine Handy-Nummer und unsere Ehe. Tu einfach so, als wären wir uns nie begegnet.“ Sie eilte die drei Stufen hinunter und öffnete die Autotür. Wie üblich hatte sie den Schlüssel stecken lassen.
„Ich kann dich nicht vergessen, Elisha.“ Er fasste nach ihrem Arm und drehte sie zu sich herum.
„Erspar uns das. Du willst nur Geld und hast versucht, es dir auf schäbige Art zu besorgen. Im doppelten Sinn.“
„Du irrst dich! Ich habe nie aufgehört dich zu lieben.“
Trocken lachte Elisha auf. Dabei bemerkte sie, wie sich der Vorhang hinter Mrs. Grannigens Fenster bewegte. Die Neunzigjährige sorgte gern für allerhand Klatsch. Aber ihren kugelrunden Augen nach zu urteilen, konzentrierte sie sich eher auf Stews bestes Stück.
„Lass mich gefälligst los, du Mistkerl!“
„Erst wenn du mir zuhörst.“
„Das habe ich lange genug getan.“ Ihr Zorn verrauchte plötzlich. Alles was blieb, war, dass sie sich unheimlich schwach und verletzt fühlte. „Aber wann hast du mir je zugehört?“
Verdutzt zog er die Hand zurück und raufte sich das Haar. „Nie“, stellte er beinahe tonlos fest. In diesem Moment schien Stew ehrlicher zu sein als er es ihre gesamte Ehe über gewesen war. „Sorry, Baby, ich bin tatsächlich ein Mistkerl gewesen. Dennoch bitte ich dich um eine zweite Chance.“
„Ist deine Geliebte arbeitslos?“
„Darum geht es nicht, obwohl ich dein Misstrauen verstehe.“
„Eine späte Einsicht.“
„Zu spät?“
„Ist das eine rhetorische Frage?“ Elisha stieg ein. „Das war’s, Stew. Lass mich einfach in Ruhe.“ Sie ließ den Wagen an. Der Kies knirschte unter ihrem roten Toyota, als sie Gas gab. Stew lief hinter ihr her, bis er irgendwann stehenblieb und im Rückspiegel immer kleiner wurde. Ohne Ziel lenkte sie den Wagen durch die Stadt. Jegliches Zeitgefühl kam ihr abhanden, bis sie sich irgendwann am Ufer des Long Lake befand. Keine Menschenseele war weit und breit zu sehen. Nur Einsamkeit um sie herum, Wind und Kälte. Trotz Sommer, der Nachmittag brachte kaum mehr als 21 Grad zustande.
Mit Tränen in den Augen sank sie in das weiche Gras und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Dann zog sie die Beine an, umspannte die Knie mit den Armen und beweinte ihr Leben. Ihre Ehe. Stew, das Scheitern. Ihr Versagen, den Falschen gewählt zu haben im Glauben, er wäre ihre große Liebe. Doch wie unzählige Male zuvor, hatte sie direkt in die Jauche gegriffen und einen weiteren Freddy herausgezogen. Ihm waren einige Jungs derselben Sorte gefolgt, mit denen sie erste Küsse austauschte. Michael Longlay hatte sie schließlich zur Frau gemacht. Rugby-Spieler und Mädchenschwarm. Weshalb fiel sie ständig auf solche Typen herein?
Verschwommen lag der Lake vor ihr. Eigentlich war Yellowknife mit seinen knapp neunzehntausenddreihundert Einwohnern nicht zu klein, um stets die stumpfesten Nadeln im Heuhaufen zu finden. Zumal man Yellowknife auch als ´Stadt der Polarlichterˋ bezeichnete. Ein Naturschauspiel, das jährlich viele Touristen anlockte. Aber selbst unter denen hatte sich bisher jeder Mann als Fehlgriff herausgestellt. Nach Michael war