Die Straße der Ritter. Marlin Schenk

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Die Straße der Ritter - Marlin Schenk

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so eine Fabel auf wie die mit der Hexe. Einen solchen Schwachsinn kaufen mir die Dorfbewohner nicht ab. Bisher sind noch alle, ob Hexe oder nicht, getötet worden. Etwas anderes wollen die Leute nicht hören.“

      „Ihr glaubt es also immer noch nicht? Nun gut. Aber Euer Angebot ist fair, Schmied. Ist das Ale und das Futter für mein Tier darin enthalten?“

      John Duncan setzte sich und stützte seine Arme auf der speckigen Lederschürze ab. „Ihr habt ein halbes Dutzend Pints getrunken“, sagte er. „Jedes weitere kostet einen Schilling. Und nun, erzählt.“

      Der Besucher bekam leuchtende Augen. „Habt Ihr vom Schwarzen Ritter gehört?“

      „Nein. Was ist mit ihm?“

      „Er ist das furchterregendste Geschöpf seit Gary Auchnacraig, dem Menschenfresser aus Schottland. Er soll ein Bär sein, sechs Fuß groß, der in seiner Rüstung 25 Steine wiegt. Niemand hat je sein Gesicht gesehen, und wer einmal seine grimmigen Augen durch das Visier ausmachen konnte, kann heute nicht mehr davon berichten, weil sein Korpus kopflos in Englands Erde ruht. Seinen Namen hat er von einem schwarzen Umhang aus feinstem Samt, und auf seinem Helm weht ein schwarzer Federbusch. Das Schwert ist aus gehärtetem indischem Stahl geschmiedet und sitzt locker in der Scheide. Er führt es mit einer solchen Kraft und Geschicklichkeit, dass kein Kämpfer ihm ebenbürtig wäre. Seine Armmuskeln können die Ärmel seines Kettenhemdes sprengen, wenn er sie anspannt, und ein Schlag seiner Faust kann ein Pferd töten. Man hat gesehen, wie er einen Ritter mit einem einzigen Hieb von Kopf bis zum Nabel spaltete.“

      Mary füllte unaufgefordert den hölzernen Becher.

      „Wie heißt dieses Ungetüm?“ fragte der Schmied.

      „Man nennt ihn den Schwarzen Ritter, wie ich schon sagte. Seinen Namen kennt man nicht, aber seine Taten eilen ihm weit voraus. Wo immer dieses Wesen auftaucht, schließen Geschäfte ihre Türen und Bürger ihre Fenster. Tavernen verbarrikadieren sich, um den Mörder nicht einlassen zu müssen, denn man weiß nicht, wie dieser Mann betrunken zu genießen ist, wenn er schon nüchtern alles umhackt, was sich ihm in den Weg stellt.“

      John Duncan zeigte Interesse an der Geschichte, denn ein Ungetüm wie dieses kam bei den Dorfbewohnern immer an, weshalb der Schmied nachhakte. „Wo kommt der Kerl her?“

      „Er soll mit einer Galeere in Portsmouth angekommen sein“, sagte der Gast. „Der Teufel weiß, aus welchem Land er angeschwemmt wurde.“

      „Und wo hält er sich auf?“

      „Zuletzt ward er irgendwo in Sussex gesehen. Ich vermute, dass er auf dem Weg nach London ist. Vielleicht sucht er Arbeit als Söldner im Lande. Aber woher kommt Euer Interesse an dieser Ausgeburt der Hölle?“

      John winkte ab. „Es ist nichts, Fremder. Wollt Ihr jetzt Euer Pferd hereinführen, damit ich es beschlagen kann?“

      Der Mann erhob sich und stellte fest, dass er sich abstützen musste. Sieben Pints warmen Ales hatten seinen Kopf in ein Bienennest verwandelt. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und schwankte nach draußen, um sein Pferd zu holen. Sicher führte er es in die Schmiede, wo John ein vorgefertigtes Hufeisen von der Wand nahm und dem Pferd anpasste.

      Das Tier ließ den Schmied geduldig walten. Es hatte schlanke Fesseln und kleine Hufe, so dass das Eisen noch nachgearbeitet werden musste. John brachte es zum Glühen und formte es mit dem Hammer, schreckte ab, passte erneut an, brachte es noch einmal zum Glühen und drückte es dem Pferd auf den Huf. Zischend fraß sich das heiße Metall in den Horn. Es qualmte und verbreitete den Geruch verbrannter Haare.

      Der Fremde schaute John Duncan zufrieden an. „Danke, das war Maßarbeit.“

      John nickte stumm. Er war daran gewöhnt, dass ihn seine Kunden für sein Handwerk lobten. Er wandte sich an Mary. „Ruf die Kinder, Frau. Sie sollen sich um das Pferd kümmern.“

      Mary verschwand.

      John ergriff den großen Krug mit Ale. Er hielt ihn hoch und zeigte ihn dem Fremden. „Wollt Ihr noch einen Becher voll? Es geht auf meine Rechnung.“

      Der Gast setzte sich schwerfällig. „Gerne.“

      John füllte zwei Becher. Seine Söhne, zwei hochgewachsene, schlanke Burschen von etwa zwölf und dreizehn Jahren, traten ein. Sie verbeugten sich und führten dann das Pferd hinaus, um es zu striegeln und mit Heu und Rüben zu füttern.

      Der Durst des Fremden war inzwischen weitestgehend gelöscht, so dass er nur noch an dem Becher nippte. „Woher bezieht Ihr dieses Ale?“

      John schaute sich den Becher an, als ob die Antwort darauf zu lesen sei. „Wir haben einen Brauer hier in Seven Oaks“, sagte er.

      Der Fremde nahm einen weiteren Schluck und kaute darauf herum. „Das Bier ist nicht gehopft. So mag ich es. Wer sein Bier hopft, der will nur vertuschen, dass er mit Gerste knausert. So einer gehört auf den Tauchstuhl.“

      „Ich mag das bittere gehopfte Bier“, sagte John. „Aber man bekommt es ja hier nicht. Dazu muss man schon nach London reisen. Es ist eben so wie Ihr sagt: Die Leute glauben, dass es dem gehopften Bier an Gerste fehlt. Blanker Unsinn. Wozu gibt es denn Ale-Conner? Sie sorgen schon dafür, dass das Bier Qualität hat.“

      „Mit recht zweifelhaften Methoden“, antwortete der Fremde. „Ich war unten in Eastbourne mit dabei, als die Gerichtstage für Brot und Ale stattfanden. Neue geeichte Tankards wurden vorgestellt, und ein Ale-Conner überprüfte den Ausschank eines Alehouses. Der Mann hatte lederne Hosen angehabt. Damit setzte er sich in eine Bierpfütze auf einer Holzbank. Als er nach einer Weile wieder aufstehen wollte, klebte er auf der Bank fest, und der Ale-Conner befand, dass das Bier gut war. Was haltet Ihr davon, Schmied? Würde ein solcher Test die Qualität des Bieres beweisen?“

      John Duncan lachte.

      „Ich sage Euch, Euer Ale ist gut. Es ist offenbar mit Honig im Geschmack verfeinert. Andere nehmen Salbei, wieder andere kochen Brennnesseln mit. Das alles lasse ich mir noch angehen. Aber manch zweifelhafter Brauer setzt dem Sud Ruß bei, damit das Ale eine dunkle Farbe bekommt. Andere zerreiben getrocknete Schnecken oder Eierschalen, weil sie glauben, dass Kalk das Ale bekömmlicher macht. Aber wenn sie auf den Tauchstuhl müssen, dann ist das Wehgeschrei groß. Immerhin ist in Canterbury ein Brauer dabei ertrunken. Er hatte ein wenig Pech gehabt.“

      „Wessen hatte man ihn beschuldigt?“

      „Er hatte dem Sud Hühnerkot beigesetzt. Das sollte den Brauvorgang beschleunigen. Außerdem war der Kerl der Meinung gewesen, dass sein Ale dadurch besser schäumte.“

      John nahm einen kräftigen Schluck. „Das war Pech für ihn, in der Tat.“ Die Ausführungen des Fremden hatten seinen Appetit auf sein sauberes Ale geweckt.

      „Es kommt aber auch auf das Wasser an“, erklärte der Gast. „Ein Brauer sollte eigene saubere Wasservorräte besitzen. Nicht selten wird das Brauwasser aus dem Bach geschöpft, in den die Leute am Morgen das Nachtgeschäft hineinkippen. Und was auch schon vorgekommen ist: Man hat Wasser aus einem Brunnen verwendet, in dem ein Schaf verrottete. Würde das Bier nicht gekocht werden, es hätte schlimme Folgen haben können.“

      John betrachtete seinen Becher nachdenklich und spie aus. Plötzlich war er nicht mehr überzeugt von der Reinheit seines Ausschanks.“

      „Habt keine Sorge, Schmied“, sagte der Fremde lachend. „Ihr versteht Euer Handwerk wie kein anderer, und auch

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