Weltenwanderer-Chroniken I. Heike Möller

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Weltenwanderer-Chroniken I - Heike  Möller

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starb. Jeder weitere Monat hier ist ein weiteres Jahr in Vilgard. Ich kann nicht länger warten.“

      Ihre Stimme war eindringlich geworden, ihr Blick flehte um Verständnis.

      Holger Kolbrink zuckte resignierend mit den Schultern und umarmte Sondra.

      „Du bist wie eine Tochter für Renate und mich.“

      Sondra schluckte. „Ich weiß. Und ich liebe euch beide genauso, wie ich meinen Vater geliebt habe. Ihr ward immer für mich da und das vergesse ich nicht. Hier ist mein Zuhause, nicht in Vilgard. Aber da ist meine Bestimmung, und das weißt du.“

      Andreas Laurenz war froh, das Sondra in Holger einen väterlichen Freund hatte. Lächelnd stopfte er ein weiteres Paar Socken in seinen Rucksack.

      Sondra hatte ihn zu einem Ausstatter geschickt, der ihn modisch auf den Stand von Vilgard gebracht hatte. Natürlich unter dem Vorwand, an einem Mittelalterspektakel teilzunehmen. Seine Oberbekleidung, seine Schuhe, Teile seiner Unterkleidung und sogar sein Rucksack sahen aus, als ob sie aus dem 12. Jahrhundert aus Mitteleuropa stammte. Trotzdem gab es Zugeständnisse des 21. Jahrhunderts. Das Material war ein Lederimitat, das normale Wettereinflüsse und Regenwasser standhielt. Der Rucksack hatte viele Innenfächer und war so gegurtet, dass der Träger keine Rückenschmerzen davontrug.

      Sondra hatte den gleichen Rucksack. Auch sie bevorzugte die Bequemlichkeiten des 21. Jahrhunderts.

      Andreas ließ seine Lesebrille in ein Lederetui gleiten und verstaute es in einer der oberen Innenfächer. Dann schnallte er die Schlafsackrolle am Rucksack fest.

      „Fertig“, sagte er und schaute sich noch mal um.

      „Die Natur ruft!“, sagte Sondra und sprang aus der Küche.

      Andreas lachte leicht, aber Holger Kolbrinks besorgtes Gesicht ließ ihn verstummen.

      „Ich verspreche Ihnen, dass ich auf Sondra aufpasse. Ich bringe sie wieder zurück!“, sagte er.

      Holger sah den jungen Mann an, der erst vor kurzen in sein Leben getreten war. „Lieben Sie sie?“

      Andreas überlegte einen Moment. „Ich weiß es nicht genau, aber ich habe Sondra sehr, sehr gern. Sie ist mir definitiv nicht gleichgültig.“

      Andreas musste an seine Mutter denken. Letztes Wochenende hatte sie ihn überraschend besucht und wollte von ihm wissen, warum er in die ´Wildnis` fährt mit einer Frau, die er doch noch gar nicht so lange kennt. Andreas hatte seine Mutter noch nie bewusst angelogen, so dass er ihr ein paar Halbwahrheiten erzählt hatte. Er hatte seiner Mutter erzählt, wie er Sondra kennen gelernt hatte und das er viel für sie übrig hatte.

      ´Liebst du sie?`, hatte seine Mutter gefragt.

      ´Ich weiß es nicht, schon möglich. Wenn wir zurück sind und Sondra und ich uns noch vertragen sollten, kann ich sie ja mal mitbringen`, schlug er vor.

      ´Das gefällt mir nicht!`, murrte seine Mutter.

      Andreas hatte sie in seine Arme genommen und versucht zu beruhigen. Er wusste, dass ihm das nicht ganz gelungen war.

      Andreas schüttelte die Erinnerung an seine Mutter ab und hängte den Proviantbeutel an seinen Rucksack, überprüfte nochmals die Wasserflaschen von Sondra und sich selbst und nickte zufrieden stellend. Dann tastete er an seine Hüfte, wo ein Dolch hing. In seinem rechten Stiefel steckte ein zweiter, kurzer Dolch.

      „Ich werde die Post und die Zeitungen hier auf dem Küchentisch deponieren. Falls mir etwas passieren sollte, wird Thomas Sandmann in das nötigste eingeweiht.“

      Sondra, die gerade wieder in die Küche trat, zögerte einen Moment.

      „Was sollte dir denn passieren? Hast du Schwierigkeiten?“

      „Nein“, lachte Holger. „Aber ich bin auch nicht mehr der Jüngste.“

      Sondra sah zum ersten Mal, das Holger wirklich alt geworden war. All die Jahre, die er für ihren Vater Alibis für dessen Reisen aufgebaut hatte.

      Die Sorgen um seinen Freund.

      Der Verlust seiner Tochter Karin.

      Sondra wollte etwas sagen, doch sie wusste nicht, was.

      „Lass uns gehen“, raunte Andreas leise in ihr Ohr.

      Sondra nickte. Sie ging zu dem Küchenregal und betätigte den Metallhaken. Leise knirschend öffnete sich die Geheimtür zum Weinkeller.

      Andreas und Sondra zogen sich Fellmäntel über, die Handschuhe steckten sie sich in die Manteltaschen. Jeder schulterte seinen Rucksack und nahm einen Köcher mit verschieden langen Pfeilen und je einen Kurz- und einen Langbogen.

      So gerüstet stiegen sie die Treppe hinunter, gefolgt von Holger Kolbrink.

      Als sie sich dem Weinfass näherten, spürte Andreas ein starkes Vibrieren. Auch hörte er den Summton des Tores, nur diesmal eben durch die geschlossene Tür.

      „Es hat sich aktiviert“, erklärte Sondra und betätigte den geheimen Mechanismus.

      Sie zog ein Amulett, das sie an einem starken Lederband trug, unter ihrem Wams hervor und legte es vor ihre Brust. Eine goldene Sonne, gehalten von zwei schmalen silbernen Händen.

      Andreas hatte das Amulett noch nie gesehen.

      „Vater trug es immer. Es war sein Schlüssel nach Vilgard. Am Tag seines Todes hatte er es auf der Kellertreppe verloren.“

      Andreas nickte nur. Er war erstaunt darüber, wie viel Sondra in seinem Gesicht zu lesen vermochte.

      Sondra öffnete die Paneele und zog das Weinfass auf. Der Raum, der sonst stockdunkel war, wurde von einem silbrig schimmernden Licht sanft erhellt.

      Das Tor war offen.

      Andreas musste kurz an eine Science-Fiction Serie aus dem Fernsehen denke, bei dem ein Tor in andere Welten aktiviert wurde. Die Oberfläche dort erinnerte eher an gebändigtes Wasser.

      Das Tor nach Vilgard wirkte wie in flüssiges Silber getaucht.

      Das Vibrieren war jetzt mit jeder Faser des Körpers wahrnehmbar.

      Sondra und Andreas sahen sich an. Zwischen ihnen herrschte eine Art Non-Verbale-Kommunikation. In den letzten drei Wochen hatten die beiden in jeder freien Minute zusammen gesessen und ihr Vorgehen soweit als möglich geplant.

      Sondra sah noch einmal zu Holger Kolbrink. „Wir sehen uns in einem Monat.“

      „Du meinst wohl in einem Jahr“, antwortete Holger. Er konnte seine Besorgnis nicht länger verbergen. Jahrelang hatte er gesehen, wie sein bester Freund durch dieses Tor gegangen war. Eigentlich war Thorben Wieland zwei Jahre jünger als Holger gewesen, aber die Reisen hatten ihn um über 25 Jahre altern lassen.

      Und mit Sondra und ihrem Begleiter würde das gleiche passieren. Jeder Monat hier auf der Erde des 21. Jahrhunderts würde ein Jahr in Vilgard bedeuten.

      Sondra ergriff die Hand von Andreas. Sie wusste, wenn sie weiter zögerte, würde sie vielleicht nie gehen, weil ihr Gewissen sie

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