Neander-Tales. Alexander Siewers

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Neander-Tales - Alexander Siewers

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Marita Dobermanns Bangigkeit spuken Dohlen, die sich mit panischen Flügelschlägen durchs Zimmer stürzen, vielleicht tückisch zügellose Kaminbewohner, die sich an ihrem Halsblut berauschen wollen. Sie schlüpft wieder in ihr mit Schulterpolstern und Pailletten gewappnetes Kleid. Sie hat es mit sehr viel Mühe selbst genäht. Das Vorbild ihres Kleides hat Krystle Carrington getragen in dieser einen Folge von „Denver Clan“ – als Krystle in dem weißen Sportwagen so schön ausgesehen hatte.

      Marita Dobermann schleicht hinaus zum Hofklo. Auf der Holzbank des Aborts hockt sie in ihrem verrutschten Krystle-Carrington-Kleid, pafft eine Zigarette. Die Innereien ihres Unterleibs brennen. Sie verflucht sich. Und doch fühlt sie sich in diesem primitiven Verschlag mit unheimlicher Tiefe für einige Minuten geborgen – bis eine widerlich rastlose Schmeißfliege, die auf alle erdenklichen Arten in sie eindringen will – und ein mysteriöses Rascheln – sie zurück ins Haus zu den schon vertrauten Lauten und Anmaßungen treibt. Doch auch hier erträgt sie nur kurze Zeit die tierischen Stimmen aus dem Kamin und das röchelnde Schnarchen Besenbinders. In der Spüle ertastet Sie das Küchenmesser. Es packt sie Versuchung, Besenbinder das Messer in den Hals zu stoßen oder – sich selbst die Arme aufzuritzen – nur um diese Terrorspannung aus ihrem Körper herauszujagen. Marita Dobermann spürt den angenehm vertrauten Holzgriff des Messers. Sie legt es zurück in die steinerne Spüle. Wieder flieht Marita Dobermann hinaus auf den Hof. In der hellhörigen Nacht winseln mistelgeplagte Baumwipfel. Es scheint ihr das Rauschen einer entfernten Autobahn. In der Mondhelle kniet sie sich in den Winkel zwischen Hofmauer und Abort. Sie rupft Falsche Kamille, Franzosenkraut und Brennnessel aus der Erde. Das brennende Nesselgift stört sie nicht. Ihre Augen sind rotverweint. Das Unkraut ist eliminiert. Sie geht zum nicht abgeschlossenem Kofferraum des Autos, kramt Süßigkeiten heraus und eine Klobürste, die hier an diesem Ort vollkommen überflüssig ist. Mit den Süßigkeiten und der Klobürste hockt sie sich wieder auf den Holzsitz des Abortes. Sie kaut den Mäusespeck, der sie ein wenig beruhigt. Mutter hatte demonstrativ weggeschaut und geschwiegen – als sie herhalten musste für den besoffenen Vater. Und wenn sie sich in diesem winzigen trostlosen Häuschen, einer Ziegelbaracke ähnlicher, jeden Abend die Bettstatt auf der Wohnzimmercouch aufbauen musste, obwohl der betrunkene Vater noch im Sessel geiIte, und wenn sie sich im Badezimmerchen verbarrikadierte, obwohl niemand im Haus anwesend war – und es ihr zur Gewohnheit wurde, die Klobürste anzuschreien und zu beschimpfen, voller Hass und Verzweiflung in der ewig gleichen tiefwütigen Hassmelodie in einem sich steigernden Stakkato: „Du Drecksau, du elende Drecksau hau ab! Hau ab, du Drecksau! Rasier dich lieber!“

      Die Nachbarn hatten sich längst an dieses Schreiritual gewöhnt, registrierten es müde, mitleidig achselzuckend. Das Hassritual endete in versöhnlicher Vereinigung mit der Klobürste. Marita Dobermann konnte jetzt wenige Stunden im Bett neben Besenbinder schlafen. Und fotografisch genau erinnert sie sich an den Morgen: Besenbinder schläft. Marita Dobermann springt aus dem Bett, brüht sich im mitgebrachten Kännchen auf der Kochplatte einen Espresso. Es ist sehr früh, sehr still. Da kein Vieh zu versorgen ist, vermutet sie, dass die Pächter noch schlafen.

      Im Chateau jedoch öffnet sich ein Mansardenfenster und der Chevalier verfolgt das Tun der Hassenswerten mit seinem Feldstecher. Er beobachtet die rothaarige junge Frau im Bademantel, die mit dampfendem Morgentrank in einer Hand zu dem massiven mit Eisenspitzen gespickten Osttor geht, wohl um die morgendliche Freiheit hinter Eisentor und Steinmauern zu besichtigen. Mit einem Arm kann sie das schwere Tor kaum aufdrücken und späht durch den Spalt auf ein abgeerntetes Maisfeld: Eine wimmelnde Rattenarmee – eine schockierend unübersehbare Masse – alles scheint irgendwie chaotisch und doch wohlorganisiert – transportiert die von Erntemaschinen in reichem Maße vergessenen Maiskolben vom Feld in die Vorratslager des Winters.

      Mit Hilfe des Fernstechers ist der Adelige in der Lage, den Abscheu in den Gesichtszügen der schönen, jungen Frau detailgenau zu studieren. Er weidet sich am Anblick der Verstörung – um wie nach einer gelungenen Inszenierung begeistert Beifall zu klatschen. Dann kräht der Alte die erste Zeile der Marseillaise, trompetet ein heiseres Lachen und kreischt: „Ich bin der hochwohlgeborene Chevalier de Plenoche. Der Wohlfahrtsausschuss will meinen Kopf auf der Guillotine sehen!“ Kichernd schließt er das Fenster. Marita Dobermann schaut entgeistert über das niedrige Dach des Pächterhäuschens hinweg zu dem polternden Alten im Mansardenfenster des Chateaus. Aber es ist zu weit entfernt. Sie kann die durch das Fernglas starrende Person dort oben im Schlossfenster nicht präzise erkennen, hört Wortfetzen, Klatschen, ein böses Lachen. In der akustischen Gemengelage meint sie den Beginn der Marseillaise zu identifizieren. Marita Dobermann stolpert, verteilt den restlichen Espresso über ihren Frotteemantel. Sie schleicht sich leise in das Landarbeiterhäuschen. Besenbinder schläft immer noch tief und fest, sein rasselndes Schnarchen hat sich in abstoßendes Zirpen verwandelt. Marita Dobermann entdeckt im Wandschrank ein Paket mit uraltem französischem Waschpulver. Sie greift sich die Plastikwanne, füllt das verblichene, beinahe steinharte Waschpulver herein. Da es kein fließendes Wasser im Haus gibt, trägt sie den Kunststoffbottich hinaus auf den Hof und lässt ihn aus dem dortigen Kran halb voll Wasser laufen. Währenddessen schaut sie zum Schloss, ob sich der Verrückte dort wieder zeigen würde. Aber es bleibt ruhig und die Mansardenfenster sind geschlossen. Der Plastikbottich ist jetzt schwer, und so zieht sie diesen mühevoll in den riesig leeren, ehemaligen Kuhstall – vorsichtig, dass die Lauge nicht überschwappt. Sie entkleidet sich. Sie setzt sich in das Laugenwasser. Der Bottich ist klein. Ihre Beine baumeln über den Rand. Die Füße erreichen fast den Kuhstallboden. Sie spreizt ihre Beine, sodass möglichst viel der eiskalten Seifenlauge in sie eindringen kann. Sie schließt die Augen, beißt die Zähne zusammen, spürt, wie diese bitterkalte wunderbare Drachenbluttaufe ihre Poren versiegelt, jegliches widerlich Eingedrungene beizt. Und wenn diese dumme Sache auch schon vor etlichen Stunden passiert war: dies hier würde alles ungeschehen machen. Alles auf Anfang! Ihr törichter Wunsch war ihr Gewissheit! Tatsächlich kleben Flocken des uralten Pulvers, im eiseskalten Wasser nicht gänzlich aufgelöst, wie borkig graue Lindenblätter auf ihrer Haut.

      Doch auch in diesen Minuten tiefster Intimität in der weiten Tierhalle ist Marita Dobermann nicht alleine.

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