Blutiges Freibier. Axel Birkmann
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Blutiges Freibier - Axel Birkmann страница 12
»Eine Ukrainerin.«
»Eine was?«
»Eine Ukrainerin. Die Olga Bogdanow kommt aus der Ukraine, aus Kiew. Sie ist keine Russin.«
»Aber sie sieht aus wie eine. Ist ja auch egal. Russland oder Ukraine. Vor zwanzig Jahren war das alles gleich, alles Sowjetunion.«
»Will der Herr einer jungen Dame aus der ehemaligen DDR einen Geschichtsunterricht in russischer oder sowjetischer Politik geben?«
»Ach vergiss es. Ich meinte ja nur, dass sich der alte Wirth eine heiße Frau leisten konnte.«
»Heiß? Hat denn die Olga Bogdanow dem Herrn Kreithmeier gefallen?«
»Warum nicht. Sie hat ein hübsches Gesicht und einen wohlgeformten Körper.«
»Das ist also dem Herrn Kommissar aufgefallen, ihr Körper. Sogar durch den Morgenmantel hindurch. Männer!«
Alois Kreithmeier entgegnete nichts. Er öffnete Melanie die Wagentür und sagte brummig: »Steig ein, ich bin müde, ich mag nichts mehr reden. Auf!«
»Und wie ist es gelaufen?«, fragte interessiert ihr Kollege hinterm Steuer.
»Gut!«, sagte Alois knapp. »Alles gut. Fahr ma. Kollege. Fahr ma.«
Eine halbe Stunde später entledigte sich Alois seiner Kluft. Dann zog er sich einen Bademantel an und setzte sich zu seinem Hund aufs Sofa und kraulte ihm den Nacken. Während seine Finger das Fell seines treuen Gizmo durchwühlten, versuchte sein Gehirn Ordnung in die letzten Stunden zu bringen.
Wer brachte einen so angesehenen Mann wie den Helmut Wirth um? Und dann auf so eine grausame Art und Weise, ihm den Schädel einzuschlagen, und ihn dann in seinem Blut liegen zu lassen. Wahrscheinlich war er sogar nicht sofort tot. Eine geplante eiskalt ausgeführte Tat, oder eine Tat im Affekt, aus Wut oder aus einem Streit heraus. Und das Fest würde weiter gehen, als ob nichts geschehen war. Er war müde und seine Gedanken machten ihn schläfrig. Mit letzter Kraft wuchtete er sich ins Schlafzimmer, ließ sich so wie er war, mit Bademantel und Hausschuhen aufs Bett fallen und schlief sofort ein.
Stunden später wurde er durch ein unangenehmes feuchtes Gefühl auf seiner Nase wach. Gizmo stand neben seinem Bett und leckte ihm mit der Zunge sein Gesicht ab.
Er fuhr hoch um aus der Reichweite der liebevoll leckenden Zunge zu kommen.
»Ach herrje, es ist schon kurz vor halb zehn. Und du musst ja mal raus. Braver Gizmo. Warte, ich ziehe mir nur kurz was an, dann können wir.«
Wenig später spazierte er mit Gizmo durch die Isarauen, genoss eine Zigarette, eine der wenigen, die er noch rauchte und bemerkte gar nicht, wie er dabei unweigerlich die Richtung zum Festplatz in der Luitpoldanlage eingeschlagen hatte.
Die Buden waren noch verschlossen. Die Schaugeschäfte noch zu. Der Asphalt der einzelnen Wege war noch nass vom Regen in der letzten Nacht und einige emsige Heinzelmännchen entleerten Müllkörbe und fegten Dreck von der Straße. Der Zelteingang war schon offen und im Inneren waren die ersten Mitarbeiter damit beschäftigt, das Zelt, nach der letzten Feier mit Dolce Vita, wieder adrett herzurichten und auf den heutigen Tag der Landwirte vorzubereiten.
Kreithmeier nahm seinen Hund an die Leine und betrat das Zelt. Er war erstaunt, dass so viele Menschen schon zugegen waren. Während das Servicepersonal auf den Biertischen Getränke- und Speisekarten verteilte, bereitete sich an der Bühne ein Geistlicher auf einen Gottesdienst vor. Eine beachtliche Gruppe von Menschen hatte sich dort vor ihm versammelt und wartete geduldig.
Direkt vorne an der Bühne war ein provisorischer Altar aufgebaut. Farbige Stoffplanen in Rot, Gelb, Grau und Champagner hingen dahinter an der Zeltwand herunter. Darüber hatte man ein großes hölzernes Kreuz gehängt.
Kreithmeier blickte auf seine Uhr, es war eine Minute vor Zehn. Pünktlich um 10 Uhr ertönte aus der Musikanlage sakrale Orgelmusik. Der Gottesdienst für die Schausteller hatte begonnen. Alois wusste gar nicht einmal, dass es so etwas auf dem Volksfest gab. Aber er konnte sich erinnern, im Programmheft einmal gelesen zu haben, dass immer am Mittwochmorgen für die Beschäftigten der Schaubetriebe und für die Freisinger Bevölkerung während der Volksfestwoche im Festzelt ein solcher Gottesdienst abgehalten wird.
Langsam und bedächtig schlich er sich an die Gäste heran und spähte auf den Gottesdiener, der sich nun betend mit dem Rücken zu den Besuchern vor den Altar stellte. Man hatte eine paar Tische zu einem Altar zusammengestellt und sie mit weißen Laken abgedeckt, ein paar Kerzen daraufgestellt und das Ganze mit Blumensträußen feierlich geschmückt. Vor diesem Altar stand ein Mikrofon, in das der Pfarrer nun seine Begrüßung und einleitenden Worte sprach. Er trug einen weißen Talar mit goldbestickten Ornamenten.
Erst nachdem Kreithmeier sich weiter nach vorne gedrängt hatte, konnte er es erkennen, ein großes Bild mit einem schwarzen Trauerflor an der Seite. Eine Fotografie des toten Festzeltwirtes, ein Bild von Helmut Wirth, das neben dem Altar auf einer Stellage stand und mit weißen Rosen geschmückt war.
»Alle Achtung«, sagte er leise zu sich, »das geht aber schnell. Der Mann ist keine 12 Stunden tot, und schon hat man den heutigen Gottesdienst dem ermordeten Festzeltbesitzer gewidmet. Alle Achtung.«
Kreithmeier hörte nicht mehr auf den monotonen Klang der Stimme des Seelsorgers, er war mehr damit beschäftigt die Gottesdienstgäste näher zu betrachten. Ziemlich weit vorne in der ersten Reihe erkannte er Lukas Wirth in Begleitung von Olga Bogdanow, der Lebensgefährtin des Erschlagenen. Lukas trug einen dunklen Lodenanzug und hatte seine wilden Haare mit einem Gel unter Kontrolle gebracht. Die Bogdanow hatte ein knielanges schwarzes Kleid am Körper, ihre blonden Haare brav zu einem Pferdschwanz gebunden und hielt sich an Lukas fest. Doch wie Trauergäste wirkten die beiden nicht auf ihn. Sie sahen für Kreithmeier eher gelangweilt aus, wie bestellt und nicht abgeholt. Außer der schwarzen Farbe ihrer Kleidung deutete nichts auf, wirklich gar nichts, auf einen Todesfall in der Familie hin.
Neben den beiden standen die Kasbauer und ein paar Mitarbeiter aus der Küche. Ein farbiger großer Mann überragte die meisten Anwesenden. Abdul Shamal. Der Hendlbrater.
Der Geistliche sprach jetzt ein paar wohlwollende Worte über den Verblichenen, der so unsanft aus der Blüte seines Lebens gerissen worden und angeblich Jedermanns Freund gewesen war.
»Jedermanns wohl nicht«, murmelte Kreithmeier leicht gehässig, »denn einer hat ihn ganz sicher nicht gemocht, sonst hätte er ihm nicht den Schädel eingeschlagen. Und die Kasbauer hatte gesagt, er wäre ein unbequemer Zeitgenosse gewesen. Er hätte seine Mitarbeiter nicht fair behandelt.«
Seine grausigen Gedanken wurden durch das Klingeln seines Mobiltelefons unterbrochen. Er zog es aus der Tasche, beeilte sich abseits der Gäste zu kommen und drückte auf den grünen Hörer.
»Kreithmeier«, knurrte er ins Telefon. Er hatte nicht sehen können, wer ihn anrief. Es war Melanie.
»Wo steckst du, es ist fast halb Elf und der ehrenwerte Herr Kriminalhauptkommissar ist noch nicht zum Dienst erschienen. Und in wenigen Minuten werden Herr und Frau Wirth hier bei uns auftauchen.«
»Sie heißt nicht Wirth. Er hat sie nicht mehr heiraten können.«
»Da habe ich aber mittlerweile eine andere Information, junger Mann. Aber alles zu seiner Zeit, wenn du im Büro bist. Wo steckst du?«
»Ich