Die Wächter. Elisabeth Eder

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Die Wächter - Elisabeth Eder

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drehte sich um. Sie rannte zurück zum Dorf, alles weitere ignorierend, an windschiefen Häusern vorbei, die die breite Straße säumten, bis Lya zu einem kleinen Haus mit einem riesigen Gemüse- und Kräutergarten kam. Das Mädchen öffnete mit zittrigen Händen das Holztor und trat es achtlos mit dem Fuß wieder zu, dann schritt es zwischen den Pflanzen umher, bis es sich einen Weg zu der kleinen Holztür gebahnt hatte. Vorsichtig öffnete sie diese und fand sich in einem einfachen Raum wider. Im Wohnraum befanden sich ein Holztisch mit mehreren grob geschnitzten Sesseln, einige Kästen und ein brozefarbener Kessel, der über der Feuerstelle hing. Der Duft von Gewürzen drang ihr in die Nase. Eine Frau, die Lya beinahe bis aufs Haar glich, stand mit schwarzem Kleid und Schürzen beim Kessel und rührte mit einem langen Holzlöffel um. Jastia hob überrascht den Kopf, als Lya die Tür geräuschvoll zumachte. „Du bist wieder zurück? So früh schon?“ „Der Sohn des Grafen hat mir freigegeben“, erklärte Lya und fuhr rasch fort, als sich die Augen ihrer Mutter weiteten, „Ich habe ihm bei einer Feier eine Ohrfeige verpasst, weil er mir auf meinen Hintern gegriffen hat. Das hat er witzig gefunden.“ Die Frau schüttelte den Kopf und schien nicht zu wissen, ob sie lächeln oder den Mund verkneifen sollte. Schließlich entschied sie sich für ein Seufzen: „Tut mir leid, dass du auf diesem Schloss der Barbaren dienen musst.“ „Kein Problem“, erwiderte Lya, weil sie ihre Mutter nicht verletzen wollte. Man konnte sich seinen Stand und seinen Beruf nicht einfach aussuchen. Manche wurden adelig geboren, andere nicht. Das war das Schicksal und Lya hatte sich damit abgefunden. Lyas Vater – der ein Elf gewesen sein musste – hatte sie verlassen, als sie noch ein Baby gewesen war und war ins Waldreich zurückgekehrt. Heimlich gab sie ihm immer die Schuld an ihrem Dasein, denn wenn er seine Familie mitgenommen hätte, wäre alles anders gekommen. Dennoch, die Geschichten, die man über die Elfen hörte, waren mehr als abschreckend. Wieso hatte ihn ihre Mutter geliebt? Sie ging die schmale Holztreppe hinauf in ihr Zimmer, in dem sich ein kleines Bett und ein Kasten befanden. Lya nahm einen Korb aus der Ecke und ging hinunter und in den Garten, um Heilkräuter, reife Äpfel und Kohl zu pflücken, dann stellte sie das Körbchen neben die Tür und ließ den Blick kurz über eine Schafherde schweifen, die blökend und drängelnd an ihrem Haus vorbei von der Weide getrieben wurde. Die Hirten blickten misstrauisch zu ihr hinüber, ehe sie sich erneut den weißen Tieren zuwandten. Als Lya wieder in die Wohnung kam, standen die Tonschüsseln mit der dampfenden Suppe bereits auf dem Tisch. Draußen hatte die Abenddämmerung eingesetzt. Goldene Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster und beleuchteten den staubigen Fließboden. „Leyiho wird sich freuen, dass du ihm hilfst“, sagte Jastia und lächelte. „Hoffentlich“, brummte Lya, dann wurde sie aber sofort ernst, denn nun hatte sie nichts mehr, womit sie sich ablenken konnte. Nun musste sie sich Gedanken um den Diamantenschlüssel machen. Wofür war er gut? Warum hatte ihn der Leopard ihr gegeben? War das eine Geistererscheinung gewesen, wie sie in den dunkelsten Wäldern vorkamen? „Du bist so still. Ist alles in Ordnung?“, unterbrach Jastia ihre Gedanken, als Lya sich fragte, was sie jetzt mit dem Schlüssel machten sollte. Rasch nickte sie: „Alles bestens. Ich bin nur müde. Ständig den Hof in der Früh aufzuräumen und dann wieder aufzudecken, weil der werte Herr Graf die nächste Feier plant, ist auf die Dauer anstrengend.“ Jastia nickte verständnisvoll: „Ich bin froh, dass ich nicht mehr arbeiten soll.“ Voller Vorfreude blickte sie auf ihren dicken Bauch, der in den letzten Wochen gewachsen war. „Ich werde es Tania nennen, sollte es ein Mädchen werden. Ein Junge würde Ben heißen.“ „Das sind schöne Namen“, sagte Lya und zwang sich, nicht an die Schlüsselkette zu denken. Die Sonnenstrahlen kitzelten ihren Nacken. Das mittlerweile rotgoldene Licht ließ die Pflanzen im Garten und die Nachbarhäuser erstrahlen. Nachdem sie ihre Suppe fertig gelöffelt und ihre Schale ausgewaschen hatte, wünschte sie ihrer Mutter eine gute Nacht und legte sich ins Bett. Allerdings betrachtete sie noch lange Zeit die Kette, ließ sie zwischen den Fingern hin und her gleiten und betastete den kühlen Diamanten, bis sie jede Kerbe und Rille kannte. Schließlich wickelte Lya sie um ihr Handgelenk und rollte sich im Bett zusammen. Unten hörte sie Leyihos tiefe Bassstimme. Sie klang ruhig und gab Lya immer ein Gefühl von Sicherheit. Mit diesem Gefühl schloss sie die Augen und sank ins Reich der Träume, das sie diesmal in eine seltsame, beunruhigend reale Welt entführte.

       Sie rannte. Mit jedem Schritt, den sie machte, wurde ihr Körper schwerer. Feinde waren hinter ihr her, aber sie lauerten nicht nur im Rücken, sondern von allen Seiten. Sie rückten immer näher, still und leise. Die kalte, graue Ebene, auf der sie sich befand, begann zu beben. Immer stärker und lauter. Die Feinde wichen zischend und erschrocken zurück. Ein großes Pferd galoppierte den Weg entlang, ein Mann mit einem Schwert schwang sich aus dem Sattel und reichte ihr die Hand. Sie ergriff sie. Er half ihr auf und nahm ihre Hand. Alles war jetzt viel leichter. Gemeinsam traten sie auf ein riesiges, furchterregendes Schloss zu, die Feinde vor sich und eine gewaltige Armee hinter ihnen.

       7 Die Räuber

      Die ersten Sonnenstrahlen fielen durch ihr Fenster.

       Verschlafen und mit zerzausten Haaren setzte sich das junge Mädchen auf und rieb sich die Augen. Gähnend stieg sie aus dem Bett, schlüpfte aus ihrem Nachtkleid in einen schmalen, langen Rock in dunkelgrauer Farbe und eine einfache Bluse in Weiß.

       Der Geruch von gebratenem Fleisch drang ihr in die Nase, gewürzt mit Pfeffer und Salz. Wohlige Vorfreude breitete sich in ihr aus und sie trat hinunter in den Wohnraum.

       Leyiho saß am Tisch, seine Gestalt gebeugt und frustriert. Er war riesig, hatte blondes Haar und braune Augen, sah ihr also nicht im Geringsten ähnlich. Trotzdem hatte sie in ihm immer ihren wahren Vater gesehen. Lächelnd holte sie sich ein Stück Fleisch aus dem Kessel, unter dem orangerote Flammen prasselten, legte es sich in eine Schale und nahm eine Brotscheibe von einem hölzernen Regal über ihr.

       „Guten Morgen“, sagte Leyiho.

       Sie setzte sich neben ihn und sprang dann noch einmal auf, um ein Messer und eine Gabel aus einer kleinen Lade zu holen. Draußen zwitscherten Vögel und der sanfte Geruch von Regen drang herein. „Guten Morgen. Hast du gestern viel verkauft?“, wollte sie von ihm wissen.

       Leyiho schüttelte traurig den Kopf. Schweigend starrte er ins Leere, wie immer, wenn er sich Sorgen um das Geld machte, das ihnen fehlte.

       Lya wusste, dass sie nicht wohlhabend waren, aber sie hatten meist genug Geld gehabt, um über die Runden zu kommen. Sicher, einige Winter hatte es gegeben, in denen sie gehungert und gefroren hatten, aber so war es bei den meisten Familien im Dorf der Burg Fuchsenstein. Sie erinnerte sich, dass es sogar angenehm gewesen war, bei eisiger Kälte für den Grafen zu arbeiten, da sie sich in warmen Gemäuern oder in der heißen Küche aufgehalten hatte.

       „Ich habe dir einen Korb draußen hingestellt“, sagte Lya, nachdem sie schweigend zu Ende gegessen hatte. Sie legte Messer und Gabel in die Tonschüssel und brachte sie auf einen kleinen Tisch mit einer Waschschüssel.

       „Habe ich schon bemerkt … Danke“ Leyiho lächelte.

       „Ich muss gehen“ Sie umarmte ihren Ziehvater kurz, dann huschte sie aus der Hütte und fand Jastia zwischen einigen taufeuchten Pflanzen. Sie schnitt Himmelskräuter, die ihren Namen von den zartblauen Blüten hatten, die entlang des Stiels wuchsen und sich entfalteten wie kleine Sonnen. Lya winkte ihr zu: „Bis am Abend!“

       „Viel Geduld, Liebes!“, rief Jastia zurück.

       Lächelnd öffnete sie das vom Regen feuchte Gartentor. Einen Moment hatte sie das wundervolle Gefühl, in einer perfekten Welt zu leben. Es roch nach morgendlicher Frische, ihre Mutter stand im Garten und schnitt Kräuter, während ihr Vater daheim saß und sich über sein Essen beugte. Die Gräser rauschten im Wind, der Himmel färbte sich in einem kräftigen Blau und die Sonne ließ ihre rotgoldenen Strahlen zart über die Erde fallen.

       Wehmut erfasste Lya unerklärlicherweise, dann wandte sie sich ab und marschierte über die grünen Hügel. Die Wiesen erwachten zum Leben und nahe

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