Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe. Peter Urban

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe - Peter Urban страница 32

Автор:
Серия:
Издательство:
Marattha König Zweier Welten Gesamtausgabe - Peter Urban

Скачать книгу

amüsierte sich der Kabuli. Dann erhob er sich aus seinen Kissen. »Du willst den Rest der Geschichte hören? Warte, es fehlt noch ein Mann in dieser Runde. Ich wollte ihn dir schon lange vorstellen, doch Allah hatte erst heute die Güte, mir den Stolz der Familie Ullah zurückzuschicken. Er hat einen weiten Weg hinter sich. Seine Karawane aus Dagestan ist erst vor wenigen Stunden im Serai eingetroffen, und meine gute Huneefa bestand darauf, dass ihr Augapfel sich zuerst ausruht ...«

      Er verließ den schönen, teppichgeschmückten Salon und verschwand in den unergründlichen Tiefen seiner Gemächer. Arthur sah Charlotte neugierig an. Doch Sir Edwin Halls Tochter schwieg und knabberte genussvoll orientalische Süßigkeiten.

      Eine Viertelstunde später tauchte Lutuf gemeinsam mit einem jungen Mann wieder auf. Er war etwa im selben Alter wie Wesley, hochgewachsen und sehr schlank. Seine Kleidung war prächtig. Ein edelsteingeschmückter Dolch steckte unter einer feuerroten, fein bestickten Schärpe. Im Gegensatz zu seinem konservativen Vater trug der junge Barrak europäische Reitstiefel und eine teure Reithose aus Leder unter seinen weiten Gewändern. Seine grünen Augen strahlten, als er Charlotte Hall erblickte. Langes, gewelltes schwarzes Haar fiel ihm locker über die Schultern. In der Intimität des Hauses seines Vaters trug der Patschtune keinen Turban. Wesley bemerkte, dass auch Charlottes Augen aufleuchteten, als Barrak den Raum betrat. Zuerst verbeugte der Sohn des Pferdehändlers sich vor seiner Mutter. Sie war aufgewacht, als sie seine Schritte vernommen hatte, und schnatterte besorgt unter ihrem Schleier. Doch Barrak beruhigt sie in der Sprache seiner Väter, dann küsste er ihr die Hände und die Stirn. Vor Wesley verbeugte er sich kurz und respektvoll, senkte aber nicht das Haupt. Der Ire erwiderte den Gruß. Schließlich kam die Reihe an Charlotte. Lutufs Mund verzog sich zu einem breiten, wohlgefälligen Grinsen, als sein Sohn zu der jungen Frau hintrat.

      »Sallam aleikkum! Der Friede sei mit dir und mit den Deinen, Charlotte!« begrüßte er sie in der persischen Hochsprache, während seine Rechte Stirn und Brust berührte.

      »Em aleikkum esallam, Barrak ben Lutuf ibn Ullah! Und der Friede sei mit dir! Ich hoffe, dass Allah seinem getreuen Diener auf seiner langen Reise nach Dagestan all das gegeben hat, was du dir gewünscht hast. Ich freue mich, dich wohlbehalten wiederzusehen. Der Weg war weit und gefährlich, doch das Haus der Ullah steht unter einem guten Stern! Ich habe jeden Tag für deine glückliche Heimkehr gebetet!« antwortete die junge Frau in einem eleganten Farsi.

      Der junge Paschtune lächelte sie glücklich an. Dann holte er aus seinem weiten Gewand ein kleines Päckchen hervor und hielt es Charlotte hin. »Allah war gnädig! Wir haben herrliche Tiere gekauft und zu einem sehr guten Preis ... Pferde mit einer goldenen Robe, des Propheten würdig und ausdauernd wie Windhunde. Deine Gebete sind von Allah erhört worden ...«

      Sir Edwins Tochter kreuzte die Hände vor der Brust und beugte ihr Haupt leicht vor Barrak, dann nahm sie das Geschenk aus seinen Händen entgegen. Vorsichtig öffnete sie das Seidentuch. Ein sonderbarer, fast durchsichtiger Stein hob sich leuchtend vom dunklen Stoff ab. Charlotte hob den Blick. Fast strafend schüttelte sie den Kopf. Doch Lutuf warf ihr über die Schulter seines Sohnes nur ein munteres »Shabash, shabash!« zu und lachte.

      Barrak hatte Charlotte einen fast eigroßen Rohdiamanten in die Hände gelegt. Leise, für Wesley unverständlich, dankte sie Lutufs Ältestem in der persischen Hochsprache. Noch einmal verbeugte der junge Mann sich vor ihr, berührte Stirn und Brust mit der Rechten und ließ sich dann – unter dem wohlwollenden Blick seines Vaters – neben der jungen Frau nieder. Interessiert hatte Arthur beobachtet, wie sehr Charlotte sich in der Gesellschaft des Paschtunen veränderte: Sie schien weiblicher, sanfter und weniger aggressiv als sonst.

      »So, Wesley-Sahib! Nun können wir deine Neugier über Mysore und Tippu befriedigen. Mein Sohn wird dir erzählen, was er und der >jawan< gesehen haben ... Übrigens, Barrak spricht eure Sprache. Er hat sogar die >madrissah< der Sahibs besucht – St. John of Calcutta. Möge Allah sich meiner erbarmen, es sind Ungläubige, die die >madrissah< leiten. Aber Hastings-Sahib sprach immer davon, dass Wissen Macht sei, deswegen habe ich Barrak in die >madrissah< geschickt.«

      »... und dann nach Europa, >baba<! Ich bin in London gewesen und habe dann ein ganzes Jahr lang Ihr Land bereist und viel gelernt, Oberst Wesley!« unterbrach Barrak seinen Vater sehr selbstbewusst. Sein Englisch war fast perfekt. Hätte der Paschtune nicht die Tracht seines Volkes getragen, Arthur hätte ihm ohne Frage geglaubt, dass er Europäer sei.

      »Es ist nicht mein Land, Ibn Ullah«, erwiderte der Offizier leise. »Ich bin Ire.«

      Barrak schmunzelte. »Während meiner Reise habe ich bemerkt, dass Ihr Volk und die >inglis< nicht gerade die besten Beziehungen haben. Nicht nur in Indien stiftet die Religion Unfrieden, nicht wahr?«

      Wesley nickte. Sein Gesichtsausdruck war ein bisschen nachdenklich. Immer, wenn er weit von den Inseln fort in der Fremde war, spürte er, wie sehr er doch Ire war und wie wenig ihn mit den Engländern verband. Sie benahmen sich überall wie die Herren der Welt und konnten sich nirgendwo anpassen.

      Lutuf hatte sich wieder bequem in seinen Kissen ausgebreitet und bediente sich vom großen Silberteller mit den orientalischen Süßigkeiten. Es schien, als wollte er seinem ältesten Sohn und Erben nun die ganze Initiative überlassen. Barrak tauschte sich zuerst leise auf Persisch mit Charlotte aus. Wesley verstand, dass er sich bei der jungen Frau sehr höflich dafür entschuldigte, dass er nun seine Aufmerksamkeit dem Gast von den britischen Landstreitkräften zuwenden müsse. Sir Edwin Halls Tochter lächelte ihm nur aufmunternd zu und legte ihre kleine Hand beschwichtigend auf seinen Arm.

      »Als wir den letzten Winter in Mysore verbrachten, haben wir nur ein einziges europäisches Regiment im Dienst des Sultans bemerkt. Es wird von Franzosen befehligt, besteht aber aus einer bunten Mischung europäischer Söldner. Sogar Engländer, die aus Euren Truppen und denen der Ostindischen Kompanie geflüchtet sind, dienen Tippu. Er bezahlt die Männer und die französischen Offiziere fürstlich. Von Zeit zu Zeit empfängt er geheimnisvolle Boten, die über Pondicherry aus Frankreich zu ihm kommen. Die Maisuri verfügen über viele europäische Kanonen. Die Wälle von Seringapatam sind reich bestückt, aber ich konnte nicht alles sehen ... es gibt streng bewachte Sperrgebiete an den Außenmauern der Stadt und ein Waffenlager, zu dem der Zutritt verwehrt ist. Die meisten Geschütze werden von den Europäern bedient. Einige wenige von ausgesuchten Männern aus der Leibgarde Tippus. Er selbst ist ein sehr beeindruckender Mann. Mutig wie ein Tiger, gerissen wie ein Affe und falsch wie eine Schlange. Sein Volk verehrt ihn. Obwohl er ein strenggläubiger Muslim ist, behandelt er die anderen religiösen Gruppen, die in seinem Herrschaftsgebiet leben, gerecht und respektvoll. Sein Fürstentum ist unendlich reich. Ein großer Teil dieser Schätze wurde in den Ausbau der Verteidigungsanlagen in Mysore investiert und in den Ankauf guter europäischer Bewaffnung für die Fußtruppen. Ich hatte im Verlauf der vier Monate, die ich dort war, irgendwie das Gefühl, dass Tippu große Pläne schmiedet. Täglich inspizierte er seine Truppen. Laufend ließ er sich von seinen französischen Offizieren vorführen, wie weit die Ausbildung der Männer gediehen war. Er muss Unsummen verschwendet haben, um seine Landsleute an den europäischen Geschützen mit scharfer Munition üben zu lassen ... und er verhandelt mit den Herrschern der Fürstentümer von Audh und Gujerat. Sogar Boten des Nizam von Hyderabad kamen und gingen. Ich bin kein Politiker, Oberst Wesley, aber selbst einem einfachen Kaufmann wie mir fiel diese unterschwellige Spannung in der Hauptstadt auf und die Wehrhaftigkeit, die die gesamte Provinz ausstrahlte. Die südliche Hälfte des Kontinents wird bald schon vor Tippu und seinen französischen Verbündeten zittern.«

      Wesley pfiff durch die Zähne. Der Bericht von Barrak ben Lutuf ibn Ullah war all seine gelehrten Bücher und die schlafraubenden Studien wert. In Fort William war das Problem Tippu Sultan nie in dieser Schärfe und Tiefe angesprochen worden. Es schien auch keine bedrohlichen Meldungen aus Fort St. George zu geben, die Sir John Shore irgendwie in Aufregung versetzten. Das Gehirn des Iren arbeitete schnell: Falls der Generalgouverneur wusste, dass im Herzen Indiens eine

Скачать книгу