Schön, dich gesehen zu haben. Robin Lang

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Schön, dich gesehen zu haben - Robin Lang Hier und Jetzt

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nur der Überbringer der Botschaft.

      „Max – hörst du mir zu?“

      Stimmt ja, mein Stiefvater stand da neben mir. Obwohl – Stiefvater klang immer so negativ, Martin war seit 30 Jahren der Mann an der Seite meiner Mutter und ich hatte ein gutes Verhältnis zu ihm.

      „Ich geh noch `ne Runde mit den Hunden, die sitzen brav im Auto, dann komme ich vorbei – oder habt ihr heute noch was vor?“

      „Nein, komm, wenn du Zeit hast, deine Mutter freut sich immer, dich zu sehen, das weißt du doch!“

      Er stellte die Blumen neben meine, drückte mich noch einmal an sich und ließ mich dann alleine.

      Ich blieb auch nicht mehr lange. Die Hunde und ich brauchten Bewegung. Manchmal glaubte ich, wenn ich die beiden nicht hätte, dann wäre ich in den letzten Jahren verrückt geworden. Die Verantwortung für diese beiden Tiere hat mich immer wieder dazu gebracht weiterzumachen, auch wenn ich dazu manchmal keine Lust gehabt hatte. Für sie musste ich aufstehen und vor die Tür gehen statt einfach aufzugeben. Die beiden konnten ja nichts für mein Schicksal und mein Selbstmitleid!

      Auf den Besuch bei meinen Eltern hätte ich allerdings gerne verzichtet, denn ich wusste, worauf das hinauslief: Junge, du musst weiterleben; Junge, sie hätten das nicht gewollt; du bist zu jung, um dich aufzugeben; du bist so verbittert; gib den Menschen um dich herum doch eine Chance.

      Und das Schlimmste: Ich wusste, dass sie recht hatten mit allem, was sie sagten. Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass ich einfach nicht genug Antrieb hatte, um mich auf diesen Weg zu machen. Ich war feige – ich hatte Angst vor dem Leben, ich wollte nicht noch mal so verletzt werden.

      Ich richtete einen letzten Blick auf das Grab meiner kleinen Familie und ging mit großen Schritten zurück zum Auto.

      Mein schwarzer Pick-up war mehr praktisch als schön, aber wen interessierte das schon? Yanka und Sicu saßen brav auf der Ladefläche und spitzten nur die Ohren, als sie mich kommen sahen. Als wir uns damals für zwei Hunde entschieden hatten, waren wir uns einig gewesen, dass wir viel mit ihnen arbeiten würden.

      Sie gehorchten aufs Wort – oder besser auf Handzeichen. Sie waren gut erzogen, trainiert, denn es gab in unseren … meinen Augen nichts Schlimmeres als einen Hund, der nicht unter Kontrolle war. Dabei hatte Hundeerziehung nichts mit Drill oder Strafe zu tun, sondern nur mit Geduld, Ruhe und Konsequenz. So konnte ich die beiden im Grunde überall alleine laufen lassen, nur aus Rücksicht auf ängstliche Menschen nahm ich sie an die Leine oder eben beim Training ins Geschirr. Aber meistens waren unsere Wanderungen so ausgedehnt und weitläufig, dass uns selten jemand begegnete.

      Und auch jetzt sprangen sie auf einen Pfiff von mir von der Ladefläche und kamen zu mir gelaufen.

      Der Friedhof lag direkt neben einem größeren Waldstück und wir drehten eine weite Runde, bevor ich genug Mut gesammelt hatte, um mich meinen Eltern zu stellen.

      Martin hatte meine Mutter wohl schon vorgewarnt, denn auf mich warteten Kaffee und Kuchen und jede Menge Ratschläge und Dorftratsch.

      Zum Glück war meine Mutter vor allem froh, dass ich zu Besuch war. Es genügte, dass ich ihr zuhörte, ab und zu nickte und ansonsten einfach nur „da“ war.

      Zum Abschied nahm sie mir wie immer das Versprechen ab, dass ich mich in Zukunft öfter melden würde und dass ich versuchen würde, mehr zu leben, dass ich andere Menschen in mein Leben lassen und mich mehr öffnen sollte.

      Ich ließ es über mich ergehen, nickte brav und nahm sie zum Abschied in den Arm. Zum einen hatte ich all diese Dinge schon oft gehört und zum anderen hatte ich mir all das auch selber schon oft genug gesagt.

      Ein paar Tage später kam Lucca mich besuchen – ihr Abschiedsbesuch!

      Am nächsten Tag würden ihr neuer Chef und ein paar Freunde sie abholen kommen. Ich freute mich wirklich für sie, sie hatte es verdient, aus diesem Ort mit all seinen Erinnerungen herauszukommen.

      „Wieso kommst du nicht mit, Max? Dich hält doch hier nichts und niemand und ich würde mich freuen, wenn du in meiner Nähe wärst. Dann können wir gemeinsam ein bisschen einsam sein. Wir passen doch sowieso nirgendwo richtig hin ….“

      „Ach, Lucca, Kleines, du wirst so schnell Anschluss finden, du hast mir doch erzählt, wie gut du dich mit deiner neuen Kollegin verstehst und ihre Clique wird dir beim Umzug helfen. Mach du mal einen Neuanfang – ich alter Mann komme hier schon klar.“

      „Max, ich werde dich so vermissen, ich glaube, du machst dir gar keine Vorstellungen, wie wichtig du für mich bist!“

      „Nun werd mal nicht sentimental. Du bist viel zu jung für solche Gedanken!“

      Lucca sagte lange nichts, sie sah mich nur an, saß völlig still in ihrem Rollstuhl und beobachtete mich. Sie hatte so eine Art, einen anzugucken, dass man das Gefühl hatte, sie würde direkt in einen hineinschauen und die innersten Gedanken lesen können. Sie wusste genau, dass sie mich damit nervös machte.

      Wir kannten uns jetzt ein bisschen länger als sieben Jahre – seit sie mir in einer verregneten Nacht auf der Flucht vor ihrem Freund vors Auto gelaufen und von mir angefahren worden war. Seitdem saß sie im Rollstuhl und wir waren sowas wie Freunde. Sie war 15 Jahre jünger als ich, aber wenn man ehrlich war, dann war sie – neben meinen Eltern – der einzige Mensch, der meine Geschichte kannte. Wir waren im Laufe der letzten Jahre zu besten Freunden geworden. Wenn ich ehrlich war, dann war sie mein einziger Kontakt hier – sah man von meinen Kunden ab. Aber zu denen baute ich keine echten Sozialkontakte auf. Das hielt ich immer komplett professionell. Zwar hatte schon mal die eine oder andere Kundin versucht, mit mir zu flirten oder mich einzuladen, aber danach stand mir nicht der Sinn. Ich wollte meine Ruhe, das war's!

      Oh – meine Gedanken waren abgeschweift und Lucca sah mich immer noch an.

      Was sie wohl sah – oder glaubte zu sehen, wenn sie mich so beobachtete?

      „Max, ich habe Angst …“

      Das war nun nicht, womit ich gerechnet hatte.

      Ich kniete mich neben ihr auf den Boden.

      „Wovor hast du Angst, Kleines? Vor dem Umzug und der Umstellung?“

      „Nein, ich habe Angst um dich …, Angst, dass du dich völlig vergräbst, wenn ich nicht mehr hier bin und dass du immer weniger unter Menschen kommst.“

      Ich legte den Arm um sie und drückte sie an mich.

      „Du musst dir keine Sorgen um mich machen. Ich komme schon klar und ich gelobe dir Besserung. Ich werde dich besuchen kommen und wenn du deine Traumwohnung gefunden hast, dann bau ich dir die tollste Küche der Welt. Und wer weiß, was die Zukunft für uns beide bereit hält?“

      „Ich nagle dich darauf fest, du wirst wieder anfangen zu leben, und wenn es das Letzte ist, wofür ich sorge!“

      Das klang in meinen Ohren schon fast nach einer Warnung …

      Ich meldete mich am nächsten Tag kurz bei ihr, denn ich hatte beim Einkaufen direkt zwei Dinge aufgeschnappt – Fluch und Segen eines kleinen Dorfs.

      Man redete darüber, dass ein paar sehr dubiose Typen mit einem schwarzen Transporter bei Luccas Eltern aufgetaucht waren, um „das Mädchen“

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