Grünkohlsuppen-Blues. Eileen Schlüter

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Grünkohlsuppen-Blues - Eileen Schlüter

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Leute empfindsame Gehörgänge, über Linoleum-Fußboden geschoben wurden.

      Ein logisches Prinzip verfolgend, lauschte ich den sich stetig abwechselnden Tönen. Doch auch, als sich zum krönenden Abschluss noch schrilles Gekreische einreihte, welches meinen Adrenalinspiegel dramatisch in die Höhe schießen ließ, wurde ich nicht schlau aus diesem ohrenbetäubenden Spektakel. Nur, so viel stand fest: Dieser Krach war nicht zum Aushalten!

      Ich öffnete die Augen, meine Lider waren schwer wie Blei. Voller Anstrengung forschten meine Pupillen nach der Lärmquelle.

      Aha, ich hatte mich also nicht verhört. Hier waren KINDER!!!

      Hatte ich schon erwähnt, dass Kindergeschrei die absolute Nummer eins auf meiner Hassliste der einhundert nervtötendsten Geräusche war? Dicht gefolgt von Staubsauger- und Waschmaschinenlärm. Nicht, dass ich je damit zu tun gehabt hätte. Weder mit Kindern, noch mit irgendwelchen Haushaltsgeräten, die keinen Latte Macchiato, Moccaccino oder andere koffeinhaltige Getränkespezialitäten hervorbringen.

       Wo bin ich überhaupt?

      Mein schläfriger Blick glitt einmal quer durch den Raum und ich entdeckte… eine kuriose Verkabelung zwischen mir und einem grünen Piepsautomaten. Ich lag in einem Bett, wobei ich ausschließen konnte, dass es sich dabei um mein eigenes handelte. So eine harte Matratze und dermaßen steife Bettwäsche besaß ich nicht! Und überhaupt sah es hier nicht aus, wie in meinem Schafzimmer. Das hier war eines dieser typischen Krankenzimmer mit pastellgelben Wänden und scheußlichen Kunstdrucken von Kornblumenfeldern und Leuchttürmen. Oder – auch sehr beliebt – Gemälde von düsteren, bauchigen Tonvasen, die in der Gegend herumstehen und deren dekorative Intention sich meinem eigenen, nicht unwesentlichen Kunstverständnis entzieht.

      Soweit so gut. Ein Krankenzimmer also. Offenbar musste ich krank sein. Na gut, irgendwie fühlte ich mich auch ein bisschen schlapp. Okay, das war untertrieben, mir ging es echt beschissen.

      Kein Wunder also, dass die berechtigte Frage aufkam, weshalb hier drei kreischende, möbelrückende Rotznasen durch’s Krankenzimmer hüpften, was einer schnellen Genesung ja nun nicht gerade förderlich war. Unerhörterweise handelte es sich auch noch um ein Mehrbettzimmer. Wenigstens waren die beiden Nachbarbetten nicht belegt, das fehlte noch. Als Privatpatientin stand mir doch wohl ein Einzelzimmer zu.

      »MAMI...! «, kreischten die drei Knirpse mit ihren schrillen Stimmen, die mein Trommelfell auf unangenehme Art in Vibration versetzten. Keine zwei Sekunden später standen die Kinder (übrigens alles Jungs) neben meinem Bett und sechs Kulleraugen in der Farbe von Enzian glubschten mich an. Meinte ich das nur oder sahen sich diese drei Kinder tatsächlich zum Verwechseln ähnlich? Was für Medikamente hatte man mir hier bloß verabreicht? Mein Gott, mein Zustand war wohl kritischer als ich angenommen hatte.

      »Mamiii..!«

       Wie war das?

      Hatten diese kleinen Monster mich gerade Mami genannt?

      Im nächsten Moment schwang die Tür auf, eine opulente Dame in Weiß starrte mich entgeistert an und rief: »Na, da schau her. Gott sei Dank sans endli aufgwacht. A herzlichs griaß Gott auf da Neirologie, Frau Gaulkötter.«

      »Wer?«

      »I bin d Schwester Resi, stäivertretnde Stationsschwester!« Sie lächelte mich an. Ich gaffte verwirrt zurück. Denn, erstens verstand ich kein Bayrisch. Zweitens: Was war hier los? Und drittens: Könnte nun endlich mal jemand diese lärmenden Kleinkinder abholen!?

      »Was mache ich hier?« Meine Stimme war nur ein Krächzen. Genau genommen, ein kaum hörbarer Hauch von einem Krächzen, was mich allerdings so unendlich viel Kraft kostete, dass ich mich erschöpft ins Kissen zurücksinken ließ. Schwester Resi watschelte an mein Bett, entfernte geschickt die Kabelage und den Piepsautomaten und richtete (meines Ermessens ein wenig zu grob) meinen steifen Oberkörper auf.

      »Noch ana ganzn Woch Koma is hoid oiß noch a wengerl gstarrig vom vuin Rumliegn, aba des werd scho wieda, Frau Gaulkötter!«

      Mir klappte die Kinnlade herunter. Meine Gedanken zentralisierten sich auf ihre eben gesagten Worte. Soviel hatte ich verstanden: Ich hatte eine Woche lang im Koma gelegen! Aber warum? Und wer zum Teufel war diese Frau Gaulkötter? Was für’n bescheuerter Name!

      Mein Name war Stella Edwards!

      Das musste alles ein riesiges Missverständnis sein. Eine dumme Verwechslung. Genau, das musste es sein, und mit Sicherheit würde sich das jede Minute aufklären. Ich brauchte einfach nur ein bisschen Zeit zum Nachdenken und Ruhe.

      Ganz genau – RUHE. Doch davon konnte wohl kaum die Rede sein. Die lästigen kleinen Kröten waren nämlich zwischenzeitlich auf mein Bett geklettert und gerade dabei, meine Beine mit ihren spitzen Gesäßknochen zu Mus zu verarbeiten. Unfassbarer Weise stieß mein hilfesuchender Blick nur auf ein verzücktes Lächeln vonseiten der Krankenschwester, begleitet von einem »O mei, san de drai goidig!« Dann wandte sie sich um, steuerte auf den Tisch zu, auf dem ein Blumenstrauß in einer vergilbten Vase stand und meinte: »De Bleamen san ja ganz schwelch, soi is nausschoffa?«

       Sag mal, spinnt die? Sie soll die Kinder rausschaffen!

      Was interessierten mich die vergammelten Scheißblumen?

      Leider fehlte mir die nötige Kraft, um ein Wort herauszubringen. Es reichte gerade noch für einen beklagenswerten Seufzer. Ich schloss die Augen. Ich musste nachdenken. Wo war meine Erinnerung, verdammt!? Was war passiert? Und wieso, um alles in der Welt, hatte ich im Koma gelegen?

      Möglicherweise ein schrecklicher Unfall? Schade um mein nagelneues Cabriolet.

      Und zu wem bitteschön gehörten diese Drillinge in Latzhosen, mit Micky-Maus-Aufdruck?

      Fragen über Fragen, auf die mir keine plausible Antwort einfiel.

      Da kam mir plötzlich etwas in den Sinn. Ja genau! Was, wenn irgendetwas schief gelaufen war, während ich im Koma gelegen hatte? Wenn mein Geist nicht in meinen eigenen, sondern versehentlich in den Körper dieser dreifachen Mutter mit dem scheußlichen Hausnamen zurückgekehrt war, nachdem der Allmächtige beschlossen hatte, mich doch noch ein Weilchen weiter leben zu lassen. Jeder macht schließlich mal Fehler. Das würde natürlich erklären, warum diese nervenden Kinder mich für ihre Mutter hielten. Und die Krankenschwester auch.

      Dieser Gedanke löste überraschend eine Adrenalinwelle aus. Mein Herz pochte wie wild und mit einem Mal bahnte sich eine ungeahnte Energieexplosion ihren Weg aus meinem Innersten nach außen.

      »SPIEGEL!...SPIEGEL!... «, kreischte ich. Keine Spur mehr von Erschöpfung.

      »Wos? Wos moanan‘s?« Erstaunen breitete sich auf Schwester Resis Mondgesicht aus.

      »Schnell, einen Spiegel!«

      »Ja, so! A Momental gschwind!«

      Gemächlich begann sie, in der Schublade meines Nachttisches zu kramen. Dass sie dabei nicht einschlief war alles.

      »Geht’s vielleicht ein bisschen schneller?«, heischte ich voller Ungeduld. Immerhin hatte ich hier ein ernsthaftes Problem. Ich war anscheinend nicht ich! Wer wäre dabei ruhig geblieben?

      Endlich förderte Schwester Resi einen kleinen Handspiegel zu Tage. Sie sah

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