Grünkohlsuppen-Blues. Eileen Schlüter

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Grünkohlsuppen-Blues - Eileen Schlüter страница 3

Автор:
Серия:
Издательство:
Grünkohlsuppen-Blues - Eileen Schlüter

Скачать книгу

Wie schwer von Kapee ist die eigentlich?

      Ich griff nach dem Spiegel, der mir prompt meinen Arm nach unten riss. Es kostete mich den kläglichen Rest meiner Kraft, ihn wieder auf Gesichtshöhe anzuheben. Das Ding war beinahe so schwer, wie eine Zehn-Kilo-Hantel. Offenbar litt ich auch noch an Muskelschwund.

      Noch immer sprangen die drei Kinder fröhlich auf meinem Unterkörper herum, als handelte es sich dabei um eine Hüpfburg. Deren Mutter (die arme Sau) war wirklich zu bedauern.

      Ich würde drei Kreuze schlagen, wenn ich endlich wieder den Körper mit dieser Frau Gaulkötter getauscht hatte. Keine Frage, so eine folgenschwere Verwechslung, die dem Schöpfer da scheinbar unterlaufen war, musste er ja zwangsläufig korrigieren, ansonsten würde er wohl auch noch das letzte bisschen Glaubwürdigkeit verlieren. Nicht, dass ich mich je großartig mit ihm beschäftigt hätte.

      Ein lautes Piepsen, draußen auf dem Flur, erregte Schwester Resis Aufmerksamkeit.

      »Mei, des is a Notfoi, i muaß eich schnei aloa lossn. Bin glei wieder zruck. Johannes, Simon, Jakob seids ma ganz liab zu eirer Mama.« Dann verschwand sie eilig aus dem Zimmer.

      »Halt Schwester…! Nehmen Sie doch bitte diese Kinder mit. Oder verpassen Sie ihnen wenigstens eine Beruhigungsspritze!«, rief ich ihr noch hinterher. Aber zu spät.

      Dieses pausenlose »Mama-Geplärr« machte mich ganz kirre. Jetzt nur nicht hysterisch werden. Augen zu und tief durchatmen, Stella.

      Ich würde das Geschehen um mich herum einfach ausblenden. In der Schule hatte das ja auch meistens geklappt, wenn die Lehrer mir auf den Keks gingen.

      Ich war gespannt, was mich beim Blick in den Spiegel erwartete. Irgendwie traute ich mich nicht, die Augen zu öffnen. Ich hatte so ein komisches Gefühl, was diese Frau Gaulkötter betraf. Wer so einen Namen trug, konnte doch nur hässlich sein.

      Das Gesicht von Stella Edwards (also mir), wie ich es zuletzt in Erinnerung hatte, tauchte vor meinem geistigen Auge auf. Ungelogen, ich war schon immer ziemlich attraktiv gewesen. Da konnte ich gar nichts für. Die Gene eben. Also, mal abgesehen von ein paar unbedeutenden Sommersprossen, die mein persönlicher Kosmetiker und Allround-Stylist, Bjarne, aber dank diverser Bleichmittelchen geschickt zu eliminieren verstand, sah ich, ehrlich gesagt, sogar verdammt gut aus. Zugegeben, ohne Bjarne wäre es mir kaum möglich gewesen, mein tadelloses Aussehen aufrecht zu erhalten, immerhin war er einer der Professionellsten auf dem Gebiet der Rundumaufhübschung Münchens weiblicher oberer Zehntausend. Dank Bjarnes magischer Meisterleistung hatte es schon so manche Pseudo-Naturschönheit bis ganz oben, sozusagen in den Beauty-Olymp geschafft.

      Wie dem auch sei, auf einen Termin bei diesem absoluten Styling-Guru wartete sogar eine angesehene Ex-Profi-Fußballergattin unter Umständen wochenlang.

      Ich hatte mehr Glück. Ich kriegte Termine, wann immer ich welche brauchte. Folglich jeden zweiten Tag. Irgendwas gab‘s schließlich immer. Ein Nagel, der mir beim Hantel-Workout abgebrochen war oder eine Haarsträhne, die meinte, es sich unerbittlich auf der falschen Kopfseite bequem zu machen. Und die üblichen zwei, drei Gläschen Schampus plus den neusten Klatsch und Tratsch ließ ich mir natürlich auch ungern entgehen. Hach ja, bei Bjarne fühlte ich mich pudelwohl. Und ich wüsste nicht, was ich ohne ihn tun würde.

      Bjarne und ich waren schon seit der Schulzeit befreundet. Ich glaube, ich wusste damals schon, dass mir der schlaksige Junge vom anderen Ufer irgendwann einmal nützlich sein würde. In Sachen Vitamin-B hatte ich schon immer einen ausgesprochen guten Riecher. Früh übt sich eben, wer später nicht ewig auf irgendwelchen Wartelisten stehen will.

      Seit der fünften Klasse waren Bjarne und ich unzertrennlich gewesen, bis sich irgendwann (ich glaube es war in der achten Klasse) herausstellte, dass Bjarne in denselben Jungen aus der Oberstufe verknallt war, wie ich. Oliver Oberstetter, ein Traum von einem Zwölftklässler –Goldblonde Locken, obercoole Klamotten, steinreiche Eltern. Dumm nur, dass der begehrenswerte Bursche sich weder für Bjarne noch für mich interessierte, sondern – und jetzt kommt der Hammer – für unsere gemeinsame beste Freundin (hatten wir zumindest bis dahin angenommen) – Vera Merlinger, was Bjarne und mich letztendlich noch enger zusammenschweißte.

      Aber noch mal zurück zu meinem Aussehen: Stella Edwards hatte grundsätzlich topgestylte Haare, denn Bjarne sorgte dafür, dass ich Frisuren- und schnitttechnisch permanent auf dem neusten Stand war. Mein voluminöses glänzendes Haar war mein ganzer Stolz. Na schön, zumindest was das obere Drittel meines Körpers betraf, dicht gefolgt von meinen Lippen, die von den meisten Leuten als sinnlich bezeichnet wurden. Damit hätte ich jedem Lippenstift-Model die Show stehlen können.

      Meinen Kleidungsstil würde ich als extravagant beschreiben. Ich halte generell nichts von Klamotten von der Stange. Am liebsten trug ich Einzelstücke von gefeierten Modeschöpfern wie Roberto Cavalli und Marc Jacobs. Und bei Chanel, Dior und Prada war ich zudem hochgeschätzte Stammkundin, egal auf welchem Kontinent.

      In meiner Heimatstadt München war ich quasi schon eine anerkannte Fashion- und Stilikone. Und wenn ich wollte, hätte ich sogar international Fuß fassen können, dank meiner zahlreichen Beziehungen zu einflussreichen Personen in Mailand, Paris, München und London. Angeblich war ich sogar um acht Ecken mit Vivienne Westwood verschwägert, was in näherer Zukunft mit Sicherheit förderlich im Hinblick auf meinen Werdegang sein würde! IchStella Edwards – war ein absolutes »It-girl«. Immer up to date. Die deutsche Paris Hilton sozusagen!

      Ich öffnete die Augen. Angestrengt hielt ich mir den Spiegel vors Gesicht. Ich war wirklich neugierig, wie die Frau, in deren Körper ich steckte, aussah.

      Noch etwas näher heran.

      Häh…? Moment mal, was war hier los? Wie war es möglich, dass diese Frau Gaulkötter genauso aussah wie ich? Eine Sinnestäuschung? Spielte mein Verstand mir einen Streich?

      Ich kniff meine Augen zu und zählte lautlos bis zehn.

       So, jetzt noch mal.

      Tatsächlich, sie sah mir wirklich verblüffend ähnlich, nur irgendwie älter. Sie hatte dieselben dunkelblauen Augen, allerdings wirkten sie müde, was an den leicht schlaffen Lidern liegen mochte. Außerdem hatte sie kleine Fältchen auf der Stirn, was bei mir undenkbar gewesen wäre. Und was die Frau da im Spiegel auf dem Kopf trug, konnte man nicht zwingend als Frisur bezeichnen. Für diese kackbraune Katastrophe war meines Wissens noch keine adäquate Vokabel erfunden worden. Unwillkürlich streifte ich mir mit der Hand durchs Haar, das sich anfühlte, als hätte jemand Biskin hinein geschmiert.

       Igitt, ich bin die reinste Wanderfritteuse.

      Im Notfall hätte man damit Pommes für ein Dutzend hungriger Bauarbeiter frittieren können.

      Und dann diese spröden Lippen und erst die Nägel.

      Ich, vielmehr sie, sah eher nach einem Jahrtausend in einem Mumiengrab aus, als nach einer Woche im Koma. Selbst eine 24-Stunden-Sitzung bei Bjarne hätte nicht mehr viel bewirkt. Wenn überhaupt, half hier nur noch eine Kernsanierung unter Anwendung von chirurgischem Werkzeug.

      Der Handspiegel war nur wenige Zentimeter von meinem – besser gesagt Frau Gaulkötters – Gesicht entfernt. Keine Frage, die Möglichkeit, mich mit dieser Frau zu verwechseln, bestand definitiv, auch wenn sie ungepflegt und erheblich älter wirkte als ich. Die Frau da im Spiegel war mindestens Dreißig. Außerdem hatte sie viel mehr von diesen nervigen Sommersprossen und offenbar noch nie etwas von Camouflage

Скачать книгу