Der Teufel trug Jeans. Tibor Simbasi

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Der Teufel trug Jeans - Tibor Simbasi

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style="font-size:15px;">       Tante und Onkel haben sich vorgestellt und waren recht freundlich, begrüßten uns herzlich. Nun fuhren alle zusammen zu der neuen Wohnung, in den neuen unbekannten Ort, in die neue Zukunft. Was würde sie uns bringen?

      Ernüchterung

      Die Ernüchterung kam sehr schnell. Der neue Wohnort, welcher nun auch unsere neue Heimat werden sollte war mit 6000 Einwohnern ein recht großes Dorf mit Kleinstadtcharakter. Ein sehr schöner Ort, 12 km von Kaiserslautern, in der Pfalz liegend, entfernt. Die gemietete Wohnung aber entpuppte sich als ein abbruchreifes, uraltes Einfamilienhaus. Drei kleine Zimmer, oder besser ausgedrückt Kammern. Ein Raum, der wahrscheinlich mal als Küche diente und eine winzige Toilette waren vorhanden. In 2 der Zimmer lagen Matratzen überzogen mit Betttüchern und Wolldecken. In der Ecke stand jeweils ein alter Kleiderschrank. Im nächsten Zimmer befanden sich eine Ausziehcouch, ein Tisch, einige Sitzkissen, ein Sessel und eine Kommode. Das sollte eine Wohnstube sein. Die sogenannte Küche bestand aus einem uralten Kohleherd mit 2 Kochplatten, einem großen Tisch, 6 Stühlen und einem Küchenschrank. Gardinen, wenn man die überhaupt so nennen konnte, hingen nur in den beiden der Straße zugewandten Räumen, der Küche und dem Wohnzimmer. Den goldenen Westen hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Hier wohnten oder anders gesagt, hausten wir, die kommenden 12 Monate.

      Langsam gewöhnten wir uns an unser neues Zuhause, der neuen Umgebung, der neuen Heimat. Der Alltag hielt Einzug. Die Mutter versorgte die Kinder, der Vater, oh was für ein Wunder, ging zur Arbeit. Konrad und ich gingen in die Schule. Allerdings merkten wir sehr schnell, dass wir zwar angekommen aber nicht unbedingt willkommen waren.

       Die Leute im Ort zählten uns nicht zu den neuen Bürgern. Sie sprachen abwertend von den Flüchtlingen und das waren Menschen zweiter Klasse.

       Im Jahr darauf sind wir dann in einen gemeindeeigenen Wohnblock umgezogen. Das Gebäude war sehr groß und lang. Es hatte 5 Eingänge mit jeweils 6 Wohnungen, verteilt auf 3 Stockwerke. Zu jeder Wohneinheit gehörte ein Keller und ein hinter dem Haus liegender kleiner Garten. Außerdem gab es für je 3 Familien eine Waschküche. Ein Plan regelte die Zeiten der einzelnen Mietparteien. Alle Wohnungen hatten 3 Zimmer, Küche und einen großen Toilettenraum, in dem meistens noch eine gusseiserne Badewanne stand. Geheizt und gekocht wurde, wie damals üblich, mit Holzöfen. In der Strasse gab es eine Metzgerei, und einen kleinen Lebensmittelladen. Gegenüber der Metzgerei war die Polizeistation. Die große Kirche mit zwei riesigen Zwillingstürmen stand etwa 100 Meter vom Wohnblock entfernt in einer Seitenstrasse. Außer zu ihrer natürlichen Bestimmung, den Gottesdienst anzukündigen, läuteten die Glocken auch jede viertel, halbe, und ganze Stunde. Ich wusste somit stets was die Uhr geschlagen hat. In dem großen Haus wohnten neben 4 Ehepaaren im Rentenalter ausschließlich Familien mit Kindern. So ging es auf der Straße meistens sehr lebhaft zu.

       Über ein Jahr wohnten wir nun schon im Westen aber vom Aufschwung keine Spur. Das einzige was neu gekauft wurde war ein Radio und ein Fernseher. Alles was wir sonst besaßen einschließlich der Kleidung war von der Kirche geschenkt. Oder von der Wohlfahrt oder der Caritas. Der Vater hatte schon zweimal den Arbeitsplatz gewechselt, das Geld war knapp. Vom Tretroller oder gar Fahrrad war weit und breit keine Spur. Im Gegenteil, waren wir in der DDR noch Selbstversorger was Fleisch, Wurst, Milch, Obst und Gemüse betraf, mussten diese Lebensmittel nun gekauft werden. Aber wie, wenn doch kein Geld da ist. Im Osten achtete der Staat darauf, dass regelmäßig gearbeitet wurde - hier interessierte es niemanden. Das merkte der Vater sehr schnell, wenn er zu faul war ging er einfach nicht zur Arbeit. Oft gab es nur Brot oder Kartoffeln mit Margarine zu essen. Zu trinken gab es Leitungswasser. Er fing auch wieder an uns zu schlagen. Nichts hatte er gelernt oder sich gebessert. Es wurde viel mehr immer schlimmer mit ihm.

      Im Oktober 1962 bekamen wir wieder Zuwachs. Rudolf Junior wurde geboren. Noch ein Esser mehr. Jetzt waren wir bereits 7 Kinder.

      Die Schule im Ort war sehr groß, da hier auch die Kinder aus den kleineren, umliegenden Ortschaften unterrichtet wurden. Wir waren so viele Kinder, dass für jeden Jahrgang zwei Klassen gebildet wurden. Je eine für Kinder mit evangelischer und katholischer Konfession.

       Die Lehrerin der zweiten Klasse, in der ich unterrichtet wurde, war schon sehr konservativ, sehr streng und sie war die Frau vom Schuldirektor.

       Entsprachen die Hausaufgaben nicht ihren Vorstellungen, hatten wir Kinder sie vergessen oder auch mal nicht gemacht, wurden wir sofort dafür bestraft. Die betroffenen Schüler mussten sich vor dem Lehrerpult aufstellen und die Hände vorzeigen. Mit einem Rohrstock schlug sie dann auf die Innenseite der Hände. Das tat schon sehr weh, umso mehr ich mir keiner Schuld bewusst war. Bücher hatte ich keine. Die konnten wir uns nicht leisten. Der Vater meinte immer nur: „für so einen Mist haben wir kein Geld“. Wie also sollte ich meine Hausaufgaben erledigen ohne die dazu benötigten Schulbücher? Mit der Lehrerin hatte ich auch darüber gesprochen, doch das interessierte nicht. „Das ist nicht mein Problem, ich bin nur für das Lehren zuständig, nicht für die Beschaffung der Schulutensilien“, sagte sie nur. Ihr Mann, Direktor der Schule war der gleichen Meinung.

       Es war ein Teufelskreis, keine Bücher, keine Hausaufgaben, Rohrstock. Auch sonst konnte ich nie richtig am Unterricht teilnehmen, meist fehlte etwas. Während der Zeichenstunde der Kasten mit den Wasserfarben, beim Turnen die Sportschuhe, beim Schreiben der Füllfederhalter oder die Schulhefte.

      Zuhause führte der Vater ein strenges Regiment. Er fand immer ein Argument uns Kinder zu bestrafen. Mal waren wir ihm zu laut oder die Schuhe standen im Weg. Dann wiederum waren wir nicht schnell genug bei ihm, wenn er uns rief oder der Mülleimer noch nicht geleert war. Nie konnten wir es ihm recht machen. Er suchte geradezu nach Gründen uns zu bestrafen. Langsam wurde das Leben zur Hölle. Machte er nur den Mund auf hatten alle Kinder Angst. Was war nun wieder los, wurde falsch gemacht, hatten wir vergessen? Durften wir nach draußen mussten wir uns immer im Hinterhof, unter dem Fenster der Wohnung, aufhalten. Er wollte alle im Blickfeld haben, um uns jederzeit kontrollieren zu können. Bei nun 7 Kindern war logischerweise auch Leben in der Wohnung.

       Manchmal ging es auch ein wenig turbulent zu, doch dass passte dem Vater überhaupt nicht. Am liebsten war ihm, dass wir mucksmäuschenstill in der Küche am Tisch saßen und uns nicht rührten. Doch welches Kind kann das schon. Der Herr des Hauses lag im Wohnzimmer auf der Couch und schaute fern. Wehe wir störten dabei, wieder ein Grund uns zu schlagen. Im Sommer, da draußen lange die Sonne scheint, wurden wir Kinder oft schon um 4 Uhr am Nachmittag ins Bett geschickt oder besser gesagt eingesperrt. Im Schlafzimmer standen 3 übereinander stehende Doppelbetten, so wie man das auch von Jugendherbergen kennt. Der Kinderwagen mit dem Jüngsten darin wurde herein gefahren. Für die Notdurft wurde ein Plastikeimer hingestellt. Das Zimmer wurde von außen verriegelt. So lagen wir sehr oft früh in den Betten, hörten die anderen Kinder auf der Straße spielen und konnten nicht schlafen. Da der Eimer für die Notdurft keinen Deckel hatte war der Geruch im Zimmer oft alles andere als der von Frühlingsblumen. Das störte den Vater aber alles nicht. Hauptsache er hatte seine Ruhe. Die Meinung der Mutter interessierte ihn nicht. Sie musste still sein und durfte ihn von morgens bis abends bedienen. Zu bestimmen hatte sie absolut Nichts. Er war der Chef und legte fest wann, wo und was zu geschehen hatte.

       Immer öfter war der Vater nun daheim. Damit ein Grund vorhanden war nicht zu arbeiten wurden alle möglichen Krankheiten simuliert. Mal hatte er dies, mal jenes. Eine Krankheit die er nicht auch schon mal gehabt hat war schwer zu finden. Wurde er vom Arbeitgeber entlassen, waren natürlich die Anderen schuld. „Die wissen alle nicht, wie es ist krank zu sein, die sind zu blöde, das sind nur Idioten“, schimpfte er dann. Für die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz ließ er sich viel Zeit. Es gab ja Arbeitslosengeld und Kindergeld wurde auch gezahlt. Dafür musste nicht gearbeitet werden, warum also sich anstrengen? Sollten das doch andere tun.

       Während sich bei uns im Haus, schon wegen der Faulheit vom Vater, das Wirtschaftswunder überhaupt nicht bemerkbar machte,

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