Briefe an Lisa. Björn Haid

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Briefe an Lisa - Björn Haid

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style="font-size:15px;">      Die Gedanken, die mich während meines Trauerlaufs begleitet hatten schienen in einem Moment verfolgen.

      Nicht, dass ich Großvater vergessen hätte, aber ich fühlte mich leichter, fast schwerelos.

      „Ich,...“ begann ich zu stottern, „ich... wer... wer bist du?“

      Ihr Lächeln strahlte, wie die Sonne über einem Berggipfel.

      „Ich bin Elisa“, sagte sie und streckte mir ihre Hand zum Gruß entgegen, „aber alle nennen mich nur Lisa. Und wer bist du?“

      „Jakob!“ mehr brachte ich nicht heraus.

      „Hallo Jakob, und was machst du hier?“ fragte sie wieder, während wir noch immer unsere Hände schüttelten.

      „Ich weiß es nicht.“ Dabei zog ich meine Augenbrauen schüchtern hoch.

      „Du weißt es nicht?“

      „Nein, ich... ich wollte nur von zuhause weg.“

      Plötzlich kamen meine Gedanken an Großvater zurück und ich zog beschämt meine Hand zurück, drehte mich von Lisa weg und blickte wieder auf die dunkle, leere Straße.

      Langsam suchten sich die Tränen ihren Weg über meine Wange um wie eine Glasperle am Boden zu zerspringen.

      Lisa sollte das nicht sehen. Ein Mann weint nicht, das hatte mir mein Vater mehrmals schmerzlich erklärt. Ein richtiger Mann zeigt keine Gefühle. Gefühle sind etwas für verweichlichte Frauen und Schwächlinge. Und ich war kein Schwächling.

      Ich konnte Lisas Blick in meinem Rücken spüren, doch ich wusste genau, wenn ich mich umdrehte, dann müsste ich mir ihr reden, und das fiel mir in diesem Moment aus zwei Gründen sehr schwer.

      Großvater war tot.

      Lisa war bezaubernd schön.

      So setzte sich Lisa neben mich, blickte auch zur Straße und fragte: „Was siehst du da?“ Als ich nicht antwortete, ich bin mir sicher, dass sie gesehen hatte, wie es mir in diesem Moment erging, und wenn sie es nicht gesehen hatte, so hatte sie es gespürt, ergänzte sie: „Erzähl mir was von dir, Jakob.“

      Ich konnte ihren Atem an meinem Nacken spüren, deshalb wagte ich es nicht mich zu ihr zu drehen.

      „Nichts!“

      „Was nichts? Du siehst nichts? Oder du erzählst nichts von dir?“

      Ich musste ein wenig schmunzeln.

      „Ich sehe nichts.“

      „Und was machst du nun hier Jakob? Hier vor meiner Türe?“

      „Ich weiß es nicht.“

      „Du weißt nicht sehr viel, oder?“ Lisa lachte.

      Ich drehte mich zu ihr, und da sah sie es.

      Meinen Schmerz, meine Tränen, meine Furcht, vielleicht sogar meine Angst.

      Meine Augen hatten mich verraten.

      „Oh tut mir leid“, sagte sie sofort „Was ist passiert? Du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst, aber meine Mutter sagt, dass sich eine Seele nur von Schmerz befreien kann, wenn man darüber spricht.“

      Doch ich konnte noch nicht sprechen.

      Ein Klos saß mir im Hals, den ich immer wieder versuchte runter zu schlucken und immer wieder unternahm ich in diesen endlos langen Sekunden den Versuch Lisa zu erzählen war passiert war und weshalb ich mich in diesem Moment in diesem ach so ärmlichen Zustand befand.

      Und genau das bemerkte Lisa.

      „Weißt du, Jakob, du erzählst mir was los ist, sobald es dir wieder besser geht. Und bis dahin erzähle ich dir ein wenig von mir, einverstanden?“

      Ich nickte wortlos.

      „Also, wo fange ich an? Ich bin die Lisa, aber das sagte ich ja schon.

      Ich bin 14 Jahre alt und wohne in der Baumgartenallee, aber das weißt du ja auch schon. Ich mag schöne Musik, den Duft von Bratäpfeln im Winter, gute Bücher, warme Abende und schöne Kleider.“

      Dann machte sie eine Pause und blickte wieder zu mir.

      „Mein Vater ist Oberstleutnant bei der Brigade, meine Mutter ist zuhause. Und ich gehe auf die Humboldt Schule, hier in München. Hmmm, was noch? Ach ja, ich sollte um diese Uhrzeit eigentlich gar nicht hier draußen sein,“ lachte sie, „aber meine Eltern sind heute bei meinen Großeltern und na ja, was sie nicht wissen, können sie nicht kontrollieren. Richtig?“

      Großeltern war das Schlüsselwort und das hatte sie bemerkt.

      Ich legte meinen Kopf auf meine Hände und meinte leise: „Richtig“

      „Wo sind deine Eltern? Auch bei deinen Großeltern?“, versuchte sie erneut eine Konversation zu starten.

      „Großvater ist gestorben.“

      „Oh das tut mir leid, das wusste ich nicht. Ist das schon lange her?“

      „Nein, heute, oder gestern, oder vorgestern...“ murmelte ich, mit starrem auf die leere Straße gerichtetem Blick vor mich her, dass sie mich gerade noch verstehen konnte, „ich weiß es nicht, das stand nicht im Telegramm.“

      „Oh mein Gott! Das tut mir so leid, das wusste ich nicht!“

      „Schon gut, das konntest du ja gar nicht wissen.“

      Dann war es still.

      Lisa saß neben mir auf der Treppe und wir sagten eine Weile kein Wort mehr.

      Wir schwiegen nebeneinander.

      Lisas Ungeschick war ihr sichtlich peinlich.

      „Ich werde dann wieder mal reingehen. Nochmal Jakob, es tut mir wirklich sehr leid.“

      „Nochmal, du konntest es ja nicht wissen“, sagte ich mich einem aufgesetzten Lächeln.

      „Gute Nacht!“

      „Nein, warte noch!“ in diesem Moment wusste ich nicht woher ich den Mut aufbrachte Lisa am Gehen zu hindern, doch ich tat es.

      „Kannst du nicht noch ein bisschen bleiben? Ich würde dir gerne erzählen was passiert ist. Und irgendwie geht es mir, wenn du da bist ein bisschen besser.“

      Lisa unterbrach ihren Schritt, welcher sie zum Aufstehen brachte und setzte sich wieder neben mich.

      „Also Jakob, erzähl mir was von dir.“

      „Nein, “ entgegnete ich entschlossen, “ ich erzähl dir was von Großvater... wenn das für dich in Ordnung ist...“

      Ich wischte mir die Tränen von den Wangen und sah in ihr vollkommenes Gesicht und ihre rehbraunen Augen.

      „Natürlich.“

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