Das Alter Ego der Protagonisten. Hans Müller-Jüngst
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„Wie ist das denn gewesen, so ohne Kinder, habt Ihr keine Sehnsucht nach Eurem Nachwuchs gehabt?“
„Inga ist ja ohnehin in Südafrika gewesen und ich glaube, dass Niklas ganz froh gewesen ist, einmal ohne die Alten sein zu können.“
Die beiden teilen sich ihre Tage genau ein und besuchen das Gulbenkian-Museum und das „Museo Nacional do Azuelejo“. Sie machen alles, was Lissabon-Touristen eben so machen, sie fahren natürlich auch nach Belem raus. In Belem steht der „Torre de Belem“, der sehr imposant am Tejo-Ufer zu sehen ist und das Hieronymus-Kloster, in dem der Sarkophag Vasco da Gamas zu sehen ist. Tina und Paulo fahren an einem Tag nach Cascais und legen sich an den Strand, sie fahren in den Expo-Park und besuchen das große Aquarium. Am letzten Tag gehen die beiden auf einen Flohmarkt und nehmen sehr früh den Bus zum Flughafen zurück.
„Würdest Du sagen, der Besuch Lissabons hat sich gelohnt?“
„Auf jeden Fall, Lissabon ist eine tolle Stadt, man ist in zweieinhalb Stunden mit dem Flugzeug dort.“ Wieder zu Hause legt sich Paulo auf die Couch, schläft ein und träumt merkwürdigerweise von seinem alten Kommilitonen Peter Harbacher, der als Wasserbauingenieur zum staatlichen Umweltamt nach Köln gegangen und von dort nach New York gewechselt ist. Dort soll er sich um den Schutt des zusammengestürzten World Trade Centers kümmern. Das „New York Waste Management“ nimmt Peter und stellt ihn ein. Er bekommt eine Wohnung in Downtown Manhattan und ein gutes Gehalt.
„Wieder so eine Figur, die Dir auf den Leib geschrieben zu sein scheint!“
„Ja, obwohl ich mit Wasserbau nie etwas zu tun hatte.“ Während seiner Arbeit lernt Peter die Ärztin Isabelle kennen, und die beiden lieben sich auf Anhieb, sodass sie heiraten und Kinder bekommen. Waste Management weiß zu schätzen, was Peter tut, und so betrauen sie ihn mit der Unterrichtung von Schülern an einer Brooklyner Schule zum Thema Müllvermeidung. Weil sein Unterricht von allen sehr hoch bewertet wird und auch erfolgreich ist, soll Peter auch an einer Haarlemer Schule unterrichten.
„Hast Du jemals Kontakt zu Farbigen gehabt, ich meine, hast Du mit Farbigen zusammen gewohnt oder gearbeitet?“
„Nein nie, es hat in Siegen ein paar farbige Studenten gegeben, aber zu denen habe ich keinen Kontakt gehabt.“ Peters unermüdlicher Einsatz in Haarlem steht am Anfang unter keinem guten Stern, er kommt besonders mit einem Schüler in Konflikt, der allerdings die ganze Klasse anführt. Am Ende gelingt es ihm aber, die Klasse hinter sich zu bringen und sein Müllprojekt zur Zufriedenheit aller durchzuziehen. Er kann den Mord an seinem ehemaligen Arbeitskollegen aufklären und ist auf der anderen Seite der gute Familienvater. Das AE unterstützt Peter bei der Aufklärung des Mordes und sorgt dafür, dass der Problemschüler seinen Schulabschluss bekommt. Als Peter wieder wach wird, trägt Tina ihm auf, den Rasen zu mähen, und während des Mähens fasst Paulo den Entschluss, nach New York zu fliegen. Paulo trifft alle Vorbereitungen und fliegt allein nach New York. Er hat ein Zimmer in einem sehr schlechten Hostel am Central Park gebucht – immerhin –, und er ist zunächst einmal überwältigt vom Anblick der riesigen Stadt. Peter hat „Der dritte Zwilling“ von Ken Follet zu lesen mit und setzt sich an jedem Tag seines Aufenthalts auf eine Bank am Central Park, isst ein Sandwich und liest. Ansonsten spult er das übliche Touristenprogramm ab, geht auf das Empire State Building,macht eine Stadtrundfahrt und eine Bootsfahrt um Manhattan. Er kommt sehr gut allein zurecht und fühlt sich wohl dabei.
„Wie ist das denn für Dich gewesen, am Times Square oder am Ground Zero zu stehen?“
„Das kann ich gar nicht beschreiben, welche Gefühle da über mich gekommen sind, als ich plötzlich am Times Square gestanden habe, bin ich sprachlos gewesen und dort auf und ab gegangen, schließlich bin ich in den Virgin Shop,und als ich am Ground Zero angekommen bin, bin ich sehr nachdenklich geworden.“ Paulo findet, dass in New York vieles überdimensioniert ist, wobei man ja immer sagen muss, dass er sich ausschließlich in Manhattan bewegt. Aber die Eindrücke auf diesem doch vergleichsweise kleinen Fleckchen sind doch gewaltig. Paulo wird nie Vergessen, wie er am Sommeranfang 2005 als Erster auf dem Empire State Building gewesen ist.
„Hast Du in New York jemanden kennengelernt?“
„Nein, ich bin die ganze Zeit allein durch die Stadt gezogen und abends immer so müde gewesen, dass ich früh ins Bett gegangen bin. Als er wieder zu Hause ist, macht sich bei Paulo der Jetlag bemerkbar, und er kann kaum erzählen, so müde ist er. Er fällt nach Kurzem in einen tiefen Schlaf und träumt wieder, er träumt von einem Stammesjungen der San in Südafrika, der bei seiner Familie nach dem traditionellen Gebaren lebt. Sein Name ist Mbagwene und er steht kurz davor, nach einem Initiationsritus Mann bei den San zu werden.
„Wie kommst Du nur auf Südafrika, wo Du doch gerade erst n New York gewesen bist?“
„Ich habe keine Ahnung, ich träume eben immer, wenn ich schlafe, und wovon ich träume, darauf habe ich keinen Einfluss.“ Eines Tages geht Mbagwenen mit auf die Jagd und will seine Pfeilspitzen mit den Gift der Diamphidia-Larven tränken. Dazu gräbt er ein tiefes Loch unter einem Comiphora-Strauch, um an die Larven zu gelangen. Plötzlich stößt er auf einen weißen durchscheinenden Stein, er nimmt ihn in seine Hand und kann ihn gerade so umschließen. Es ist ein Diamant, so viel ist Mbagwene klar, er ist so riesig, dass er ein Vermögen in seinen Händen hält, und es ist ihm klar, dass er von da ab vorsichtig sein muss. Das AE lässt Mbagwene seine Großmutter fragen, was er mit dem Stein anfangen soll.
„Da bist Du ja mit einem Mal ein reicher Mann geworden!“
„Das habe ich von Anfang an gewusst, nur habe ich mich um die Bearbeitung des Steines kümmern müssen und dazu zu meinem Großonkel nach Botswana gemusst.“ Paulo macht sich auf und läuft die weite Strecke über die Grenze nach Botswana bis zur Iwaneng-Mine. Dort findet er seinen Großonkel und der bietet ihm auch seine Hilfe an, er verfällt in en großes Staunen, als er den Riesendiamanten in seinen Händen hält. Er bespricht mit Mbagwene den Cut des Steines und besorgt in Gaborone eine gebrauchte Diamantenschleifmaschine. Nkomo sitzt jetzt wochenlang an der Maschine und schleift, bis er den fertigen Diamanten in Händen hält und ihn Mbagwene zeigt.
„Was hast Du in der ganzen Zeit, in der Nkomo geschliffen hat, gemacht?“
„Ich habe viel geschlafen und bin auch einmal in die Kalahari, um dort ehemalige San-Arbeiter zu sehen, die dem Alkohol verfallen gewesen sind und auf mich eine trostlosen Eindruck gemacht haben.“ Als Nkomo mit seiner Schleifarbeit fertig ist, bieten die beiden der De Beers-Gruppe den Stein an. Auf diese Weise lernen sie Dr. Noko kennen, der sich sehr interessiert zeigt und am Ende handelseinig mit den beiden wird. Mbagwene beschließt, mit dem Erlös für den Stein sein Dorf zu modernisieren, eine Schule zu bauen und Elektrizität zu legen, außerdem soll eine Straße zum Dorf gebaut werden, das von da ab Peardorp heißen soll. Nkomo bekommt einen für seine Begriffe gigantischen Teil von dem Erlös an und legt ihn auf ein Bankkonto, später zieht er nach Peardorp.
Mbagwene hat in sein Dorf den großen Wandel und den Einzug in die Moderne gebracht. Die Familien schicken ihre Kinder jetzt in die Schule, sie haben feste Häuser mit Sanitäreinrichtungen und Fernsehen. Mbagwene beschließt, mit Dr. Nokos Hilfe, zu dem er inzwischen ein gutes Verhältnis hat, sein Abitur zu machen. Er schafft nach einigen Jahren die Examina und stellt sich im Anschluss nach wie vor die Frage, was mit ihm werden soll. Dr. Noko rät ihm dazu, ein Fernstudium zu beginnen und Englisch zu studieren. In Peardorp läuft alles seinen Gang und Mbagwene vertieft sich in das Lernen.
„Du hast in Peardorp alles auf den Kopf gestellt und dafür gesorgt, dass die nachfolgende Generation auf den Zug der Zeit springen kann.“
„Und das alles habe ich dem Diamantenfund zu verdanken,