Götzenbild. Dietrich Novak
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»Wir können uns direkt von hier aus in die Büsche schlagen. Der Täter hat sich nicht besondere Mühe gegeben, die Leiche zu verstecken. Schließlich gibt es ganz andere Orte in Berlin …«
»Kann sein, dass er Aufmerksamkeit erringen will …«
An der Fundstelle wuselten schon die Kollegen der KTU herum. Der Bereich war weiträumig abgesperrt. Auch Rechtsmedizinerin Tina Ruhland war schon bei der Arbeit. In früheren Zeiten hatten Tina und Valerie eine sexuelle Beziehung gehabt, bis es mit Hinnerk ernst geworden war, was Tina Valerie gerne unter die Nase rieb. An passender oder unpassender Stelle.
»Hallo Tina, kannst du schon Näheres sagen, wie Todeszeitpunkt und Fundort gleich Tatort?«
»Guten Morgen, sind Mann und Kind schon versorgt?«
»Du kannst es nicht lassen …«, sagte Valerie gereizt.
»Man wird doch mal ein Späßchen mach dürfen. Oder haben wir heute schlechte Laune. Wird der Familienstress langsam zu groß?«
»Das hättest du wohl gerne. Und wir haben keine schlechte Laune, aber du vielleicht. Also, beantworte bitte meine Fragen. Für Späßchen dürfte das hier nicht der rechte Ort sein.«
»Weibliche Leiche, zirka fünfundzwanzig Jahre, Todeszeitpunkt nicht feststellbar, da die Leiche präpariert wurde. Deshalb Fundort mit Sicherheit nicht Tatort. Beide Beine fehlen.«
»Was heißt präpariert? Sieht aus, als sei die Leiche in den Regen gekommen, obwohl es die letzten Tage trocken war.«
»Das könnte an dem angewandten Verfahren liegen. Später dazu mehr …«
»Und was sagen die Kollegen von der KTU? Könnten die Beine woanders im Park liegen?«
»Frag sie doch …«
»Danke, darauf hätte ich auch allein kommen können.« Valerie drehte sich abrupt um. So langsam gingen ihr die Spitzen der Rechtsmedizinerin auf die Nerven. Es war jetzt über fünf Jahre her, dass sie miteinander intim gewesen waren. Aber Tina musste wesentlich mehr für Valerie empfunden haben, als diese ahnte. Deshalb war Tina wohl auch eine so schlechte Verliererin und noch immer untröstlich.
Die Kollegen von der KTU teilten Valerie mit, dass man in nächster Umgebung die Beine der Leiche nicht gefunden hatte. Es gab überhaupt so gut wie keine Spuren, als sei der Täter einer von ihnen gewesen. Was Valerie als ziemlich schlechten Witz auffasste. Gemeint war aber, dass er ähnliche Schutzkleidung getragen haben musste, um am Fundort und an der Leiche keine DNA zu hinterlasen.
Während Valerie eine kleine Suchmannschaft mit Leichenspürhunden anforderte, die das übrige Parkgelände durchforsten sollten, befragte Lars den Mann, der die Leiche entdeckt hatte.
Walter Schönborn war ein sportlicher Typ, mittleren Alters, der ein Joggingoutfit trug und einen unruhig zappelnden Schäferhundrüden an der Leine hatte.
»Eigentlich hat Rex sie ja gefunden«, sagte er. »Wir haben wie immer unsere Runde gemacht, und plötzlich ist er in den Büschen verschwunden und tauchte länger nicht mehr auf. Dann hörte ich ihn aufgeregt bellen. Ja, ich weiß, Hunde müssen im Park an der Leine geführt werden, aber was soll ich machen, wenn er etwas aufspürt und nicht mehr auf mich hört«
»Wir sind nicht vom Ordnungsamt, sondern von der Mordkommission«, sagte Lars. »So gesehen, war es sogar ein Glück, dass Sie Rex nicht bremsen konnten. Sie sind ihm also gefolgt und haben den Leichnam entdeckt. Sind Ihnen dabei verdächtige Personen aufgefallen? Oder haben Sie sonst etwas bemerkt?«
Walter Schönborn schüttelte den Kopf. »Da war niemand. Und ich habe mir nur Rex geschnappt und nicht so genau hingesehen. Es ist schließlich ein Unterschied, ob man das im Fernsehen oder real sieht.«
»Wem sagen Sie das! Also, Ihnen ist nichts Ungewöhnliches aufgefallen? Hat draußen vielleicht ein Wagen geparkt? So etwas wie ein Kombi oder Lieferwagen?«
»Nein, um diese Zeit parkt hier selten einer.«
»Haben Sie irgendetwas am Fundort verändert? Oder etwas eingesteckt?«
»Wofür halten Sie mich? Für einen, der schaurige Relikte sammelt? So pervers bin ich nun auch wieder nicht.«
»So war es ja nicht gemeint. Manchmal hebt man etwas auf, weil man glaubt, es verloren zu haben. Zum Beispiel ein Feuerzeug.«
»Ich bin Sportler und Nichtraucher.«
»Es sollte auch nur ein Beispiel sein.«
»Ich sage doch, ich hatte Mühe, Rex von da wegzukriegen, und habe auch so schnell wie möglich das Weite gesucht. Angefasst oder aufgehoben habe ich nichts.«
»Danke, ich nehme dann noch Ihre Personalien auf. Gegebenenfalls müssen wir Ihre Aussage im Präsidium noch protokollieren. Wir melden uns dann bei Ihnen.«
Später trafen Valerie und Lars fast gleichzeitig im Präsidium ein. Hinnerk war schon ganz gespannt, was sie zu berichten hatten. Das Büro duftete nach frisch gebrühtem Kaffee, für den Marlies Schmidt, die gute Seele der Abteilung gesorgt hatte. Von den Kollegen wurde sie meist Schmidtchen oder Lieschen genannt, was keineswegs abwertend gemeint war. Mit ihrem krausen Wuschelhaar und ihrem unkonventionellen Kleidungsstil war sie ohnehin alles andere als ein Lieschen.
»Das ist ein merkwürdiger Fall«, sagte Valerie. »Wer macht sich die Mühe, eine Leiche zu präparieren, um sie dann anschließend wie ein Bündel Lumpen im Park abzulegen? Und wo sind die Beine geblieben? Ich hoffe, die Kollegen finden sie noch an anderer Stelle im Park. Das Opfer ist etwa Mitte zwanzig und trug keine Papiere bei sich. Kunststück, der Täter hat wohl kaum die Handtasche auch präpariert.«
»Ich liebe deinen trockenen Humor«, sagte Hinnerk.
»Das wundert mich nicht«, meinte Lars. »Ich finde ihn eher makaber.«
»Sei friedlich, ja? Sonst sagen wir dem Alten, er soll dich versetzen, wegen seelischer Grausamkeit«, feixte Valerie. »Schmidtchen, dich möchte ich bitten, anhand des Fotos die Vermisstenkartei durchzugehen. Wenn du keine Übereinstimmung findest, weil wir nur ein Foto von der Leiche haben, benutze das Programm, das die Merkmale im Gesicht miteinander vergleicht.«
»Okay, von welchem Zeitraum geht ihr aus?«, fragte Marlies.
»Schwer zu sagen. Da das Opfer präpariert ist, könnte es theoretisch schon jahrelang tot sein. Fang erst einmal mit den Vermissten der letzten drei Monate an und erweitere dann entsprechend.«
Es dauerte nicht lange, bis Marlies fündig wurde. »Ich hab sie. Es gibt eine über neunzigprozentige Übereinstimmung.«
Hinnerk lief zu Schmidtchen hinüber. »Lass sehen, wer ist es?«, fragte er.
»Nina Feist, dreiundzwanzig, wohnhaft Schmiljanstraße in Friedenau. Von den Eltern vermisst gemeldet seit zehn Tagen.«
»Okay, ich fahre gleich hin.«
»Darf ich mitkommen?«, meldete sich Lars.
»Wenn du sonst nichts zu tun hast …«
»Und was mache ich?«, protestierte Valerie.