Die Regeln der Gewalt. Peter Schmidt

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Die Regeln der Gewalt - Peter Schmidt

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in den Spiegel. Er hatte das Gefühl, dass der verdammte Kerl sich auf seine Kosten einen Scherz erlaubte.

      Gegen solche Scherze war er allergisch. Erst recht, wenn sie ihn persönlich betrafen.

      Als er fertig war, ging er ins Nebenzimmer, legte sich auf die Couch, nahm einen Zigarillo, hielt ihn eine Weile kalt im Mund und zündete ihn dann erst an. Von seinem Platz aus konnte er den Hausmeister in seinem Fernsehsessel nicht sehen … aber das Fernsehgerät war wieder eingeschaltet worden. Ein stummes Ballett, mit abgeschaltetem Ton, nur von dem gelegentlichen Zischen eines Ringverschlusses und den Schlucken aus der Bierdose unterbrochen. Werders betrachtete irritiert die geblümten Vorhänge zur Hofseite.

      «Ist Ihre Verlobte verreist?», fragte Küppers durch die offene Tür.

      «Wer? – ja, richtig. Bis morgen früh.»

      «Aber nicht nach Südafrika, hab ich recht?»

      Werders schwieg. Was sollte das nun wieder bedeuten? War der Kerl denn völlig übergeschnappt?

      Er stand auf, drückte den Zigarillo aus, nahm etwas zu essen aus dem Kühlschrank – Zwieback, Dauerwurst, Ölsardinen: Lebensmittel, die sich lange hielten und daher während ihrer Abwesenheit nicht schlecht wurden – und legte alles auf den Esstisch hinter Küppers Rücken.

      «Wollen Sie Bier?», erkundigte sich der Hausmeister. «Da unten steht noch genug von dem Zeug.»

      Werders folgte seiner ausgestreckten Hand. Erst jetzt bemerkte er die Batterie der Bierdosen am Fußende des benachbarten Sessels, dänisches Bier in Halb-Liter-Dosen. Einige waren leer.

      «Sie sind ja betrunken», sagte er «Und die Bierflecken auf dem Teppichboden …?»

      «Das sickert ein und ist weg …»

      Werders öffnete die Packung mit dem Zwieback, schnitt etwas Dauerwurst ab und aß schweigend. Dann nahm er eine Tageszeitung aus der Leinentasche. Er breitete sie vor sich auf dem Tisch aus und überflog die Kleinanzeigen im Gebrauchtwagenteil.

      Ein roter Audi wurde angeboten – mit der etwas merkwürdigen Offerte: zu tauschen gegen älteres Mercedes-Coupe.

      Sie haben also einen sauberen Wagen, dachte er zufrieden. Es machte vieles leichter. Der Satz war das vereinbarte Zeichen. Schon drei Tage alt. Er hatte sich das Exemplar der Zeitung in der Geschäftsstelle der Annoncenannahme besorgen müssen, weil die Luxemburger Grenze wegen der Fahndung nach einem Bankräuber genauestens kontrolliert worden war; schließlich wollte er nicht in eine Falle laufen, die einem anderen galt.

      Das Fernsehgerät wurde lauter gestellt.

      «Haben Sie nichts Besseres zu tun, als hier herumzusitzen?», erkundigte sich Werders.

      «Meine Frau ist verreist», wehrte Küppers ab. «Und weil unser Fernseher in Reparatur ist, hab ich mir … Fräulein Norden hätte sicher nichts dagegen.»

      Er hob eine weitere Dose vom Boden auf und öffnete sie zischend.

      «Fräulein Ulla Norden», sagte er. «Früher wohnhaft in Mannheim, Steinstraße 43, wie auf dem Meldezettel angegeben.»

      Werders faltete seine Zeitung zusammen, er legte verblüfft beide Hände auf den Tisch. «Was sagten Sie?», fragte er vorgebeugt. «Ihre Verlobte. So heißt sie doch?» Küppers wandte schwerfällig den Kopf nach ihm um.

      Werders nickte. «In der Tat …»

      Es war das, was in Angelikas Papieren stand. Sie achteten jetzt sehr auf saubere Papiere. Eine Frau gleichen Namens hatte vor einiger Zeit die Bundesrepublik verlassen, das machte es leicht, ihren Namen zu benutzen. Saubere Papiere, sauberes Geld, saubere Wagen. Der Fahndungscomputer in Wiesbaden war ein Meister in der Rekonstruktion von Spuren.

      «Waren Sie nachmittags am Fenster?», erkundigte er sich.

      «Nachmittags? Sicher, wer sonst? Hab Sie schon sehnsüchtig erwartet. Sie – oder einen Ihrer Freunde.»

      «Welche Freunde?»

      «Dies ist ein ausgezeichneter Standplatz für Sie», sagte Küppers, als habe er nicht verstanden. «Autobahnanschluss. Apartments. Niemand kümmert sich um den anderen. Hier sind Sie sicher.»

      «Sicher, wieso?» Werders rechte Hand glitt auf den Oberschenkel und blieb dort liegen.

      «Von mir haben Sie nichts zu befürchten.»

      «Nun scheren Sie sich aber raus», sagte Werders ärgerlich. «Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie reden.»

      «Den Teufel werd ich tun. Wissen Sie – dass ich Ihnen auf die Schliche gekommen bin, war eigentlich purer Zufall. Die Schwester meiner Frau wohnt in Mannheim, Steinstraße 43.

      Und ein Fräulein Ulla Norden, ihre Nachbarin, ist vor wenigen Monaten zu einem Freund nach Südafrika gezogen.

      Der Kerl ist Ingenieur oder so was. Und dann natürlich Ihre Mietvorauszahlungen, bar, ohne Konto. Dadurch kam ich auf die Idee, mir einmal eines der Fahndungsplakate genauer anzusehen, die hier überall in der Stadt herumhängen.

      Sie sind Werders, nicht wahr?

      Das Foto ist allerdings schlecht. Also keine Angst –», er riss eine neue Dose auf und nahm einen tiefen Schluck – «und wie gesagt: von mir haben Sie nichts zu befürchten.

      Bin diesem Staat gegenüber eher kritisch eingestellt, genauso wie Sie. Soll meinethalben verrecken an seiner Knauserigkeit.»

      Er schlug sich mit der flachen Hand auf die Brust. «Lungenschaden. Hab früher in ‘ner Autolackiererei gearbeitet, bei der städtischen Müllabfuhr, aber es wurde nicht als Berufskrankheit anerkannt. Kein Pfennig zusätzliche Rente. Deshalb mach ich diesen miesen Job.

      Das Ganze wird Sie natürlich ‘ne Kleinigkeit kosten. Ich könnte warten, bis Sie und Ihre Freundin Angelika Zeitler zusammen in der Wohnung sind. Das brächte mir zweimal fünfzigtausend Kopfgeld.

      Aber ich will hier keinen Ärger. Sie können wohnen bleiben. Sagen wir – hundertzwanzigtausend bar auf die Hand, und ich weiß nicht mal mehr die Farbe Ihrer Haare.»

      Er wandte sich zu Werders um. «He, hat‘s Ihnen etwa die Sprache verschlagen? Geld dürfte doch kein Problem sein, nach den letzten beiden Bankrauben in Köln …» Er drehte sich zum Bildschirm.

      «Sie haben‘s aus der Zeitung?»

      «Fernsehen.»

      «Wer weiß sonst noch davon?»

      «Niemand.»

      «Und Ihre Frau ist also verreist?», fragte Werders, während er langsam aufstand, den Arm in der Umhängetasche. Seine Hand umspannte den geriffelten Waffengriff. «Ich werde in die Küche gehen und das Geld holen», sagte er. «Hundertzwanzigtausend. Das macht uns wirklich nicht ärmer.»

      «Sag ich doch …»

      Werders trat mit zwei Schritten an den Rücken des Fernsehsessels. Er hielt den Browning-FN so hinter das Ohr des Hausmeisters, dass die Kugel schräg in den Schädel eindringen würde – und drückte sofort ab. Der Knall war ohrenbetäubend. Wie er

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