Teilzeitküsse. Nancy Salchow

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Teilzeitküsse - Nancy Salchow

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wiedergefunden habe, sehe ich sie schon über den Asphalt in Richtung Parkplatz stolzieren, als hätte man ihr soeben die Gewinnerschärpe einer Miss-Wahl umgehängt.

      „Blöde Kuh“, murmele ich, während ich ihr einen Moment zu lang hinterherschaue.

      *

      „Frau Abner, das muss heute noch fertig werden. Ein neuer Kunde.“

      Eine Spannmappe mit einem Stapel handgeschriebener Notizen landet mit Schwung auf meinem Schreibtisch direkt neben der Tastatur.

      Arthur, der mir gegenüber sitzt, tauscht einen vielsagenden Blick mit mir. Die Art von Blick, wie wir sie uns immer zuwerfen, wenn Herr Köster wieder mal vergisst, dass wir Menschen sind und keine Maschinen.

      „Was hat der denn für eine Laune?“ Arthur schaut Köster nach, der seine Bürotür zuwirft. „Wieder mal Zoff mit Ehefrau Nummer drei?“

      „Nummer vier“, flüstere ich ihm kichernd zu. „Bist du etwa nicht auf dem Laufenden?“

      „Vorhin hat er mir drei jeweils einstündige Audiodateien geschickt. Diktiert von so einem sterbenslangweiligen Sachbuchautor. Heute Abend auf meinem Tisch, hat er mir zugerufen.“

      „Nimm’s gelassen, Schätzchen, wenn es einer schafft, dann wir beide.“

      Arthur ist das, was man ruhigen Gewissens einen prima Kerl nennen darf. Als wir beide damals fast zeitgleich in dem Schreibbüro von Köster anfingen, hatten wir denselben Plan: Das hier ist nur zur Überbrückung, bis wir wieder in unseren richtigen Jobs arbeiten – er als Telekommunikationskaufmann, ich als Bürokauffrau.

      Drei Jahre ist das her und immer wieder ertappe ich mich bei der Erkenntnis, dass ich mir keinen Kollegen wünschen könnte, mit dem das Lästern über den Job mehr Spaß machen würde.

      Ob ich deshalb noch immer hier bin? Oder liegt es daran, dass Arthur schwul ist, im selben Alter wie ich und der einzige Kerl, mit dem ich auch Frauenprobleme besprechen kann, ohne Angst vor einem Po-Grabscher haben zu müssen?

      Arthurs Finger rattern wie Maschinengewehre über die Tasten, bis er sich für einen kurzen Moment grinsend zurücklehnt und die Hände auf seinen fülligen Bauch legt.

      „Was ist?“ Meine Finger rasen fröhlich weiter über die Tastatur, während ich ihm einen fragenden Blick über unseren Doppelschreibtisch zuwerfe.

      „Was hast du mit deinen Haaren gemacht?“ Er macht eine kreisende Bewegung mit seinem Zeigefinger.

      „Es ist nicht zu fassen.“ Nun lehne auch ich mich zurück. „Du merkst aber auch wirklich alles.“

      „Du warst beim Friseur, richtig?“

      „Nein nein, das war mein eigenes Werk.“ Ich wickele stolz eine Locke um meinen Finger. „Mein neuer Lockenstab ist der Hammer, oder? Man sieht die Locken selbst zwei Tage später noch, wenn man sie fixiert und gut behandelt.“

      „Entzückend. Und was war der Anlass? Ein romantisches Dinner mit Mister Sixpack?“

      „Jan und ich“, antworte ich mit verklärtem Lächeln, „wir waren wirklich aus. Stell dir vor, er hat mich zum ersten Mal zu einem Abendessen mit seinen Kollegen mitgenommen. Offizieller geht es doch nun wirklich nicht, oder?“

      „Klingt toll.“

      Ich nicke grinsend. „Er war so süß zu mir. Na ja, eigentlich ist er das ja immer.“

      „Und was ist das dann für ein Schatten auf deinem Gesicht?“

      „Schatten?“ Instinktiv fasse ich unter meine Augen.

      „Im übertragenen Sinne, Baby. Du weißt, was ich meine.“

      Ich lasse die Arme sinken. „Ach, Arthur. Manchmal kann deine Beobachtungsgabe auch nerven. Du klingst schon wie meine Schwester. Die analysiert mich auch ständig.“

      „Das mag daran liegen, dass deine Stimme immer zwei Oktaven höher springt, wenn du etwas verbergen willst.“

      „Verbergen? Was sollte ich verbergen wollen?“

      Köster brüllt irgendetwas in sein Telefon, was uns für einen Moment verstummt aufhorchen lässt. Als sich seine Tür jedoch nicht öffnet, beugt sich Arthur ein Stück über den Tisch und spricht weiter: „Nun erzähl schon, was ist los?“

      „Ach, im Grunde nichts. Jan und ich, wir sind verliebt wie am ersten Tag.“

      „Aber?“

      „Es gibt kein Aber.“

      „Also, wenn du mich fragst, hat das Aber lange blonde Haare und einen sexy Knackarsch.“

      „Schon gut, schon gut.“ Frustriert lasse ich das Kinn auf meine Handfläche fallen. „Ich gebe es ja zu. Sie nervt noch immer wie am ersten Tag.“

      „Und womit genau?“

      „Mit ihrer Existenz natürlich. Reicht das nicht?“

      „Herrgott nochmal, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, Püppchen!“

      „Was soll ich sagen? Es ist dasselbe Problem.“

      „Immer noch der Hund?“

      Ich nicke. „Versteh mich nicht falsch, ich liebe Neo. Wirklich. Deshalb ist es ja so schlimm. Ich verstehe, dass diese Katja ihn sehen will und dass Jan ihn ebenso liebt – deshalb darf ich offiziell auch nichts sagen, wenn ich nicht der größte Unmensch aller Zeiten sein will.“

      „Das soll heißen, sie taucht für die nächsten Jahre alle paar Tage bei euch auf und du musst damit leben, damit dich niemand – ähm – zickig findet?“

      „So wie du das sagst, klingt es irgendwie“, ich neige meinen Kopf zur Seite, „seltsam.“

      „Mensch, Anna, das kann’s doch aber jetzt nicht für immer sein, oder?“

      „Ich finde es doch selber schrecklich. Glaube mir. Stell dir vor, gestern hat sie mich sogar beleidigt und war dabei so freundlich, dass es schon wehtat.“

      „Beleidigt? Nicht doch!“

      „Sie hat sich über mein Outfit lustig gemacht, zumindest durch die Blume. Das Schlimme daran ist aber, dass es ihr sogar gelingt, mich zu verunsichern. Egal, wie oft mir Jan seine Liebe gesteht – sie muss nur einmal mit ihrem Barbie-Gesicht und der perfekten Wallemähne vor der Tür stehen und ich habe alles vergessen. Dann sehe ich nur noch sie und ihn nackt im Bett und frage mich, ob ich ihr das Wasser reichen kann.“

      „Jeder weiß doch, dass dir niemand das Wasser reichen kann, Schätzchen. Und immerhin ist er mit dir zusammen und nicht mit ihr, das wird seine Gründe haben.“

      „Kann sein. Es fällt mir nur so schwer zu glauben, dass mich der Kerl, in den ich unsterblich verknallt bin, wirklich genauso liebt wie ich ihn. Das ist einfach so unwirklich … so … na ja … du weißt selbst, wie viel Pech ich mit den Kerlen hatte. Da traut man dem Frieden nicht mehr so leicht.“

      „Na,

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