STURM ÜBER THEDRA. Michael Stuhr

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STURM ÜBER THEDRA - Michael Stuhr

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war nicht darauf eingegangen. - Dann war der Alte eben selbst schuld, wenn die Diebe seine Stoffe holten. Als Vater und Sohn dann allerdings mit den letzten Ballen keuchend und schnaufend in die Höhle kamen, die als Lagerhaus diente, fehlte zu Llauks Bedauern nicht eine Elle Tuch. Im Gegenteil: Es hatte sich sogar ein mit einer Pike bewaffneter Wächter, der den Stoffmacher freundlich grüßte, auf dem Warenstapel niedergelassen.

      Nachdem ein kleines Trinkgeld geflossen war, und die beiden Männer sich kurz über Belanglosigkeiten unterhalten hatten, brachen Vater und Sohn auf, um sich bei den thedranischen Händlern vorzustellen. Llauk wunderte sich laut darüber, dass der Mann von seinem Vater keinen richtigen Lohn für seinen Wachdienst gefordert hatte.

      "Der König bezahlt diese Männer." Llauks Vater schritt kräftig aus. "Sie achten darauf, dass alles seine Ordnung hat. Es gibt hier sehr viele von ihnen."

      Wächter? - Vom König bezahlt? Llauk begann, sich für einen neuen Beruf zu interessieren: Königlich bezahlter Wächter, der mit einem Spieß herumläuft und auf Stoffballen herumsitzt. Ein Mann, zu dem alle freundlich waren - freundlich sein mußten - denn er hatte ja einen Spieß.

      "Es gibt ein Sprichwort in Thedra", erklärte der Vater auf dem Weg in die Stadt weiter, "`Du kannst nicht husten, ohne dass die Wache dich hört', lautet es. Manchmal habe ich das Gefühl, dass etwas Wahres daran ist. - Allerdings tragen die Felsgänge die Geräusche auch sehr weit."

      Das war doch etwas anderes, als das Leben in der Werkstatt auf der Hochebene von Idur, wo die Sklaven einen ermorden konnten, ohne dass der nächste Nachbar es gehört hätte. Thedra gefiel Llauk.

      Die Gespräche, die der Vater mit den Händlern führte, interessierten Llauk nicht sonderlich. Trotzdem war er ganz aufgeregt. Die hohen Felsen um ihn herum, die engen Straßenschluchten, die langen, dunklen Gänge in den Felsen selbst, in denen die Holzsohlen ihrer Schuhe so schön klapperten, das war alles neu für ihn.

      Erstaunt schaute er sich immer wieder um. Männer und Frauen jeden Alters begegneten ihnen und huschten nahezu lautlos vorbei. Llauk entdeckte, dass die Sohlen ihrer Holzschuhe allesamt mit Leder beschlagen waren. Solche Schuhe würde Llauk auch bekommen, wenn er erst einmal in Thedra wohnte, das stand fest.

      Und erst die Kontore der Kaufleute! Nie hätte Llauk gedacht, dass es so viele Stoffballen auf der Welt gab. Deckenhoch stapelten sich die feinsten Stoffe in den leuchtendsten Farben in den Kavernen der Händler. Oftmals war kaum noch genug Platz für den flachen Tisch vorhanden, an dem die Kaufleute sich bei den Verhandlungen niederhockten, um Wein zu trinken und sich allerlei unwichtige Dinge zu erzählen, bevor sie zur Sache kamen.

      Immer wieder mußte Llauk zu den Regalen hinüberschauen, in denen so unermeßliche Werte gestapelt waren. Nicht nur einheimische Ware war hier eingelagert; auch Tuchsorten, die Llauk noch nie gesehen hatte, warteten hier, tief im Händlerfelsen von Thedra, auf ihre Käufer. Auch gab es Stoffe in Webarten, von denen Llauk sich nicht vorstellen konnte, wie sie gemacht worden waren.

      Besonders hatte es ihm eine Rolle feinen, weißen Gewebes angetan, das im Schein der Öllampe nahezu metallisch schimmerte. Es war ein offener Ballen, und das heraushängende Ende des Stoffs bewegte sich leicht bei jedem Lufthauch. Nie hatte Llauk ein feineres Gespinst gesehen.

      "Seide!", erklärte der Händler, der Llauks Blick bemerkt hatte. "Die Elle zu vier Bronzestücken."

      Llauk konnte es nicht fassen. Vier Bronzestücke, das bekam sein Vater für einen ganzen Ballen feinsten Tuchs, und das waren hundert Ellen.

      "Welch feines Garn das ist", stellte Llauk bewundernd fest.

      "Ein kleiner Wurm, sagt man, macht das Garn für diesen Stoff."

      Llauk mußte lachen. Der Händler wollte ihn wohl für dumm verkaufen. - Ein Wurm! Plötzlich blieb ihm das Lachen im Halse stecken. Zu deutlich wurde er an seinen schlimmen Traum erinnert. Zuerst hatte er die Menschen unter seine Knechtschaft genommen - dann die Tiere ... Mit einem gequälten Laut brach Llauks Gelächter ab.

      Mit einem seltsamen Gesichtsausdruck sah sein Vater ihn an. Auch der Händler wußte mit Llauks Benehmen offenbar nichts anzufangen.

      "Ihr habt Seide?", fragte der Vater, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen. "Ein teures Gut!"

      "Finderware! Finder machen gute Preise." Der Händler grinste vertraulich.

      "Was sind Finder?" Llauk hatte sich wieder gefangen. Dieses Wort hatte er noch nie gehört.

      "Finderkapitäne", Der Kaufmann lehnte sich zurück und schaute verträumt zur Decke hoch, "das sind Männer mit starken, schnellen Schiffen und einer kräftigen Besatzung. Sie befahren die Seewege und halten Ausschau nach Schiffen, die von der Besatzung aufgegeben wurden, vielleicht weil eine Krankheit an Bord war, oder alle wahnsinnig geworden und in die See gesprungen sind. - Die Ware, die ein Finder an Bord entdeckt, gebührt ihm allein. Kein Mensch kann sie ihm streitig machen." Jetzt sah der Händler Llauk ins Gesicht. "Jetzt weißt du - vielleicht - was Finder sind."

      "Aber", Llauks Gesicht verriet reinste Ratlosigkeit, "aber verlassen denn viele Männer einfach ihr Schiff? Doch bestimmt nicht! Da muß doch so ein Finder bestimmt sehr lange suchen, bis er etwas findet."

      Der Kaufmann schüttelte traurig den Kopf. - Natürlich hatte dieser kindische Halbidiot überhaupt nichts begriffen. Er würde deutlicher werden müssen: "Nun, ich denke, es gibt viele Schiffe ohne Besatzung. - Alle Schiffe, die nicht schnell genug vor den Findern fliehen können!" Der Händler lachte brüllend los und Llauk fiel nach wenigen Augenblicken mit ein. Er hatte den Witz verstanden. Köstlich, einfach köstlich! Er kicherte immer noch still in sich hinein, als die beiden Erwachsenen sich schon lange wieder über das Geschäft unterhielten.

      "Wir sollten rechtzeitig in unser Quartier gehen, sonst bekommen wir keinen guten Platz mehr." Llauks Vater hatte gute Laune. All sein Tuch hatte er an seinem ersten Tag in Thedra losgeschlagen. Sechshundertelf Bronzestücke hatte er sicher in seinem Ledergürtel verstaut und das sechshundertzwölfte wurde gerade in einer Taverne zu gewürzter Speise und Wein.

      Llauk hatte kräftig zugelangt und auch den Wein für gut befunden. Im Augenblick kämpften in ihm die Schläfrigkeit des Satten und die Unternehmungslust des Trunkenen. Aber wenn der Vater sagte, dass nur noch jetzt gute Plätze in der Herberge zu haben waren, dann wollte er sich gerne fügen. Er war nämlich nicht bereit, sich etwa mit einem schlechten Platz zu bescheiden. Seine Zustimmung brachte er mit einem gewaltigen, allerdings ungewollten, Rülpser zum Ausdruck.

      Irgendwie war die Welt um ihn herum hier in dem Gasthaus viel schneller geworden, oder war er, Llauk, plötzlich so langsam, dass er die Kontrolle verlor?

      "Morgen werden wir noch einige Garnhändler besuchen", erklärte Llauks Vater mit einem besorgten Blick auf seinen Sohn. "Versuch mal, ob du aufstehen kannst."

      "Klar!" Mit aller Anmut, derer er fähig war, erhob Llauk sich von seiner Bank, während sein Vater krampfhaft den Tisch festhielt. Schwungvoll drehte Llauk sich um und entschuldigte sich höflich bei dem Mann, dem die Bank auf die Zehen gefallen war. "Lass uns gehen!", trompetete er in voller Lautstärke und fuchtelte wild mit seinem rechten Arm in der Luft herum, weil er versuchte, sich auf zwei Mannslängen Entfernung bei seinem Vater einzuhaken.

      Das grölende Gelächter um ihn herum störte ihn überhaupt nicht. Thedra war eine so schöne Stadt, kein Wunder, dass die Menschen hier so vergnügt waren.

      Schließlich kam der Vater und nahm Llauk bei der Schulter. Gemeinsam traten sie in die Nachtluft hinaus. Bis zum Hafen waren es nur wenige Schritte.

      "Lass

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