Kuckucksspucke. Gloria Fröhlich

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Kuckucksspucke - Gloria Fröhlich

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kleinen, bunten Blumenstrauß, den sie kurz an die Nase hielt und dann auf einen Stuhl legte, als brauchte sie ihn nicht mehr.

      Und das Fliegenbein strahlte überhaupt nicht an ihrem schönsten Tag.

      Weder von außen noch von innen.

      Sie sah aus, wie immer.

      Jeder der Anwesenden schüttelte ihr die Hand, streichelte ihr dabei den nackten Oberarm und redete ununterbrochen auf sie ein.

      Und Line hörte, dass das Fliegenbein nicht mehr Fräulein Feucht, sondern jetzt Frau Purzfell hieß, nachdem sie auf dem Standesamt gewesen war.

      Und wo war der, der Taugenichts hieß und den sie geheiratet hatte?

      Und wieso hieß sie jetzt nicht Frau Taugenichts?

      Komisch, dachte Line.

      Das war keine Hochzeit, das war ja wie Alltag.

      Und so war die erste Hochzeit und die erste Braut, die Line in ihrem Leben zu sehen bekam, eine große Enttäuschung.

      Und so etwas Langweiliges wollte Lüder mit ihr machen?

      Line war froh, dass sie „vielleicht“ und nicht gleich „ja“ gesagt hatte.

      Den fremden Mann, an dessen Arm sich das Fliegenbein nun klammerte, als könnte sie nicht alleine stehen, kannte Line nicht und vermutete, dass das wohl der Taugenichts war, denn das Fliegenbein lächelte süß und hatte dabei Samtaugen.

      Der Mann war geringfügig größer als das Fliegenbein und hatte scheckig rote Backen bis in den blütenweißen Hemdkragen hinein. Vielleicht würden sie sich gleich küssen, dachte Line, die das gern einmal gesehen hätte.

      Aber sie taten es nicht.

      Stattdessen griffen sie nach den gefüllten Gläsern und den Kuchenstücken, die auf einem Tablett herumgereicht wurden. Das war bestimmt der Hochzeitskuchen, von dem Lüder versprochen hatte, ihr ein Stück aufzubewahren.

      Und dann lief der Taugenichts zur Haustür, an der es heftig pochte und öffnete sie.

      Ein milchiger Lichtstrahl fiel auf den Fußboden.

      Für kurze Zeit wurden die weißen Fließen auf dem Fußboden noch weißer, und die schwarzen waren nicht mehr ganz so schwarz wie eben noch. In der Türfüllung erschien ein beleibter Mann mit Halbglatze, der einen schweren, schwarzen Koffer schleppte und mit viel Palaver sofort einen Stuhl bekam, auf den er sich erschöpft fallen ließ. Er fischte aus seiner Hosentasche ein zerknittertes, kariertes Taschentuch und wischte sich die Schweißperlen aus dem Gesicht. Das Fliegenbein brachte ihm aufgeregt ein bis zum Rand gefülltes Glas, in dem sie mit einem Löffel rührte, bevor sie es ihm gab und das er in einem Zug leerte. Mit hochrotem Kopf bückte er sich im Sitzen zu dem Koffer, wobei seine Ärmel bis über die Handgelenke nach oben rutschten, öffnete ihn mit zweimal „schnapp“ und hob sich etwas Schweres auf seine gespreizten Oberschenkel.

      Die“ Quetschkommode“, Line wusste, dass das Instrument so hieß, weil man es beim Spielen immer zusammenquetscht, sorgte umgehend für gute Laune und Kribbeln in den Tanzbeinen aller Hochzeitsgäste.

      Das frisch getraute Ehepaar hüpfte lachend in die Mitte des Flures, umklammerte sich mit unzähligen Händen, und jetzt, dachte Line, könnten sie sich doch endlich einmal küssen.

      Als die Musik einsetzte, ließ sich das Fliegenbein von dem Taugenichts so richtig hin und her schwenken. Er hielt sie gepackt und riss ihren Arm in die Höhe, hielt ihn oben, wirbelte sie herum und bog sie dann so weit nach hinten, dass die Haare vom Fliegenbein nicht mehr ihren Nacken bedeckten, sondern wie eine Gardine senkrecht herunterhingen.

      Und dabei lächelte sie den Taugenichts wieder aus Samtaugen an. Er lächelte zurück, und sie streckte ein Bein weit nach vorn. Sie machen Kunststücke beim Tanzen, dachte Line, auch weil geklatscht wurde. Und als sie sich noch immer nicht küssten und die anderen Männer sich Frauen geschnappt hatten und sich mit ihnen auf dem schwarzweißen Fliesenmuster drehten, langweilte sich Line und fing an, den Schorf an ihrem Knie abzupulen, bis es an der hellrosa Haut darunter wehtat. Sie konnte sich ausrechnen, dass die Stelle bis Sonntag nicht heilen würde, wie ihre Mutter es ihr versprochen hatte. Wie würde das zu ihrem Sonntagskleid aussehen!

      Line stand auf und lief die Treppe hinunter, öffnete die Haustür und ging nach draußen in den sonnigen Tag und in der Gewissheit, nichts Aufregendes zu verpassen.

      Die Musik war bis nach draußen zu hören und trug die frohe Stimmung aus dem Flur bis weit nach hinten in Frau Mus großen Garten.

      Line schlenderte an der Lindenlaube vorbei, sie ging bis ans Ende des Gartens unter die alten Obstbäume und lehnte sich an einen Birnbaum, als Lüder auf sie zulief und außer Atem rief:

      „Ich habe dich gesucht, das hier hat mir der von meiner Schwester für dich gegeben!“ Erwartungsvoll sah sie, wie er mit einer Hand und verzerrtem Gesicht in die enge Tasche seiner „Flegelhose“, mit Hosenbeinen bis ans Knie, griff, aus der es sofort dick und weiß an seiner Hand vorbei, heraus quoll.

      Nur langsam gab die Hosentasche seine verschmierte Hand frei, in der sich etwas hellbraunes, locker Gebackenes befand und noch mehr Weißes von seinen Fingern vor Line auf die Gartenerde kleckerte.

      „Das ist ein Liebesknochen, und das Weiße, das ist Schlagsahne“, sagte er gedehnt und mit Ehrfurcht in der Stimme.

      Line kam nicht umhin, zuzulassen, dass dieser unkenntliche Matschklumpen von seiner in ihre Hand geschmiert wurde.

      „Ich muss wieder zur Hochzeit“, sagte Lüder ein wenig gehetzt, während er sich die Hand ableckte.

      „Aber die haben sich überhaupt nicht geküsst, du hast doch gesagt, dass man sich küssen muss“, beschwor ihn Line.

      „Küssen ist eine große Heimlichkeit im Dunkeln“, sagte Lüder ernst, nickte mit dem Kopf, drehte sich um und verschwand.

      Line sah ihm gedankenverloren nach, und dann näherte sich ihr Mund dem Matsch in ihrer Hand. Und erst noch skeptisch, doch dann angenehm überrascht, gab sie sich schließlich genussvoll dem demolierten, aber zuckersüßen Liebesknochen hin.

      Und natürlich wurde beim Abendbrot über die Hochzeit gesprochen.

      Und nun hatte auch Line etwas dazu zu sagen.

      Und so klang ihre Stimme sehr, sehr überzeugend, dass der Liebesknochen aus der Hose vom Taugenichts das Schönste bei der Hochzeit gewesen war, und das sie von Lüder von der großen Heimlichkeit im Dunkeln wusste, die die Verliebten noch machen würden.

      Für Lines Mutter aus triftigem Grund ein Alarmzeichen, um sie einfühlsam in ein Gespräch zu verwickeln, damit sie Klarheit bekäme, mehr, als beim letzten Mal. Doch bevor das geschah, sagte Line: „Und das Weiße, das war Schlagsahne, die schmeckt so gut, nett von Lüder, dass er mir den Liebesknochen gebracht hat“.

      Lines Mutter war erleichtert. Sie tat gleichgültig, als sie fragte, was es denn mit der Heimlichkeit im Dunkeln auf sich hätte.

      Line sah auf ihr Margarinebrot, das mit dem harten, hellgrünen Kräuterkäsekegel auf einer Reibe wie mit einer dünnen Schneeschicht bestreut war und sagte gelangweilt: „Küssen, sie küssen sich heimlich im Dunkeln“.

      Als

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