Kuckucksspucke. Gloria Fröhlich
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Читать онлайн книгу Kuckucksspucke - Gloria Fröhlich страница 26
Es ging diesmal um seine Schwester.
Die war schon lange ein junges Mädchen, hatte aber nur klitzekleine Brüste.
Tim nannte so etwas Mückenstiche und fand sich witzig, dass er sich traute, das laut zu sagen.
Line und Lüder saßen auf dem Holzsteg unten am Fleet, und Lüders nackte Füße wirbelten zappelnd das Wasser auf, als er grinsend haspelte:
„Die ist verliebt“.
Er kicherte jetzt noch lauter in seine Hand und wiederholte: „Verliehiebt“.
Line ahnte, dass er eine Ahnung davon hatte, was das war.
Denn genauso bedeutungsvoll sagte er: „Sie verheiraten sich bald“.
Heiraten war wie Vater, Mutter, Kind spielen, nur in Wirklichkeit, dachte Line.
Eine Weile waren Lüder und Line still.
Sie bewegten ihre Füße nur ganz langsam im Wasser hin und her, als Lüder plötzlich sagte: „Wenn ich groß bin, dann heirate ich dich“.
Und dabei schaute er Line nicht einmal an, sondern sah über sie hinweg zum schlickigen Ufer auf der anderen Seite des Fleetes, wo kein Schilf wuchs.
„Willst du das, Line?“
Lüder fragte leise und abwartend.
Und ebenso leise antwortete Line mit erhobenem Kinn: „Vielleicht“.
Wenn man sich heiratet, dann muss man sich küssen“, sagte Lüder.
Line fragte: „Muss man das?“
Lüder sagte stolz: „Ja, und ich weiß auch, wie man das macht, und jetzt sind wir auch Verliebte“.
Und Line war damit einverstanden, was sonst!
Die Hochzeit von Lüders Schwester sprach sich schnell im Haus von Frau Mu herum.
Auch Lines Mutter und Großmutter unterhielten sich darüber, dass das „Fliegenbein“ heiraten würde. Diesen Spitznamen hatte die Großmutter dem spindeldürren jungen Mädchen gegeben. „Das bleibt aber unter uns, hörst du? Was in unserer Familie gesprochen wird, geht niemanden etwas an“.
Die Großmutter sah Line dabei bedeutungsvoll ins Gesicht und Line nickte heftig.
Dann sprach die Großmutter mit Lines Mutter auch über den Taugenichts, Line wusste zuerst nicht, wer das war, bis sie heraushörte, dass der Bräutigam diesen komischen Namen hatte. Und dann sagten sie noch, das Liebe blind macht und wo die Liebe hinfällt und wenn es auf einen Misthaufen ist, und dass man da gar nichts machen kann, nur hoffen, dass es gut geht.
Und die Großmutter war davon überzeugt, dass Bräute immer schön sind, weil sie von innen heraus strahlen, denn der Hochzeitstag wäre der schönste Tag im Leben einer Frau.
Über das Küssen sprachen sie nicht.
Dann erinnerte sich die Großmutter mit einem milden Lächeln an „ihren“ schönsten Tag.
Line war überwältigt von der Schilderung, dass kleine Mädchen in himmelblauen Seidenkleidern und kleine Jungen in königsblauen Samtanzügen mit weißen Bubikrägen aus weißen Körbchen Rosenblätter auf den Weg gestreut hatten, als sie mit dem Großvater aus der Kirche gekommen war. Und Line dachte an das Lied, das ihr die Großmutter mit glockenheller Stimme so gern vorsang, in dem die schöne, junge Lilofee aus der Kirche kam und sich Laub und grünes Gras sich neigten, bevor sie mit dem wilden Wassermann im tiefen, tiefen See verschwand.
Damals war der Großvater noch jung und kräftig, klang es aus dem Mund der Großmutter etwas bedauernd, wohl, weil es jetzt nicht mehr so war.
„Er konnte aus dem Stand heraus über den Gartenzaun springen“, jubilierte sie und zeigte dabei, wie hoch der Zaun war.
Ganz schön hoch, dachte Line.
Dann redeten sie von den Flitterwochen.
Sagten aber zu Lines Verwunderung aber immer noch nichts vom Küssen.
Als Line wissen wollte, was Flitterwochen sind, zwitscherte die Großmutter: „Dann genießen sie die Ehe und schwelgen im Glück“.
Und Line fragte: „Lachen die dann immer?“
„Sicher lachen sie auch, aber in erster Linie genießen sie es, dass sie verheiratet und endlich allein sein können“, flötete die Großmutter und Line sagte: „Und warum heißt das dann Flitter- und nicht Genusswochen?“
Die Großmutter lächelte und sagte: „Ja, so könnte man es auch nennen“.
Line fand das alles sehr aufregend und wollte so gern noch über das Heiraten nachdenken, wusste aber nicht, was sie darüber nachdenken sollte und war dann nur einfach neugierig auf die Hochzeit, auf das Kleid und den Schleier, und wie das Strahlen von innen beim Fliegenbein vielleicht aus dem Mund, den Ohren und Nasenlöchern kriechen und sich über ihren Kopf wie der helle Strahlenkranz bei den beiden Engeln hoch über dem Altar in der Kirche, verteilen würde.
Line beobachtete während der nächsten Zeit keine Auffälligkeiten, die auf etwaige Hochzeitsvorbereitungen hätten hinweisen können, bis dann eines Tages die Tür zu Lüders Wohnung sperrangelweit offen stand. Line saß rein zufällig auf der obersten Stufe der breiten Holztreppe und sah durch die Streben des gedrechselten Geländers auf die Menschen unter sich und wie sie sich zwischen Lüders Wohnung und dem Flur vor Frau Mus Wohnung hektisch hin- und herbewegten. Das konnte nur die Hochzeit sein, dachte Line und suchte mit neugierigem Blick nach dem Fliegenbein.
Sie sah Lüders Eltern, Frau Mu und die anderen Hausbewohner, sowie einige fremde Leute.
Und dann entdeckte sie endlich Lüders Schwester, das Fliegenbein!
Aber ganz und gar nicht als Braut!
Sie trug ein einfaches, geblümtes Sommerkleid, als wollte sie zum Einkaufen gehen und nicht heiraten. Das Einzige, das an ihr anders war, als sonst, war der angemalte, knallrote Mund.
Er war