Wen oder was wir lieben. null michelle_werner
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Dass sie einen Traumtänzer zum Mann hat, gibt ihr mehr Vorteile als Nachteile. Da kann sie auch stundenlang bei ihren Freundinnen sein, ohne dass es ihrem Mann beim Spielen mit der Eisenbahn überhaupt auffällt.
Auf Dauer sind aber beide nicht die großen Geschäftsleute und daher kommt der Tag, an welchem sie ihr Geschäft verkaufen und sich stattdessen eine Videothek anlachen. Die läuft fast von selber und weil die Leute so träge sind, werden die Filme meist später zurückgebracht als im Schnäppchenangebot inkludiert. Auf diese Weise laufen die Geschäfte recht zufriedenstellend. Es genügt meistens, wenn nur einer von beiden im Geschäft steht, und so hat der andere der beiden dann frei.
Den Garten hatten sie von ihrer Mutter geerbt, denn sonst hätten sie sich den nicht leisten können, jedenfalls früher nicht. In den letzten Jahren hat Herr Taferner in liebevoller Kleinarbeit eine H0-Anlage hingebaut, mit Bahnhöfen, Bahnschranken, kleinen Bergen, Bäumen, Häusern und vielem mehr. Fallweise queren Ameisen die Anlage oder ein Maulwurf kommt kurz aus der Erde, doch im Großen und Ganzen passiert seiner Anlage nichts, da er sogar eine eigene Überdachung konstruierte, die auf Knopfdruck die Anlage abdeckt.
Dieses Hobby verschlingt allerdings auch einiges an Geld und daher greift Herr Taferner ein Talent aus seiner Jugendzeit auf. Er beginnt wieder Poker zu spielen und da schon sein Vater ein Berufsspieler war, kennt Herr Taferner sein Handwerk sehr genau. Ein bis zweimal im Monat geht er zu einem privaten Spielchen, bei dem er auch meistens gewinnt.
In seiner Kindheit hatte er sich Bilder von Modellbahnen auf seine Spielkarten geklebt und seither ist es für ihn ein Spiel mit Loks und Waggons, die er niemals verwechseln würde. Er weiß immer genau welcher Zug den Bahnhof schon verlassen hat und welche Züge noch im Bahnhof stehen und damit braucht er auch keine Karten zu zählen, was auch als verpönt gilt. Sein Vater brauchte ihm nur den psychologischen Teil beibringen und seither hat Herr Taferner ein gutes Nebeneinkommen.
Seine Frau spielt auch fallweise mit, aber nur zu Hause, wenn Familie Sattler kommt und nur ihm zuliebe. Frau Taferner hat sich ein ganz anderes Hobby gesucht. Ihre Freundin Melanie (3) hat eine Partnervermittlungsagentur und da gibt es für die männlichen Kunden oft zu wenige Partnerinnen. Also springt dann Frau Taferner ein und spielt die Partnersuchende. Dafür bekommt sie auch von Melanie eine Art von Provision. Außerdem ergeben sich daraus interessante Abende und manchmal sogar ein wenig mehr. Da zu den Weihnachtsferien niemand gern alleine ist, boomt der Partnermarkt im Herbst ebenso wie die Videothek. Zu dieser Zeit ist es im Garten, bei seiner Kleinbahn, schon recht kühl, daher macht Herr Taferner gerne vermehrt Dienst in der Videothek, damit seine Frau ihre Freundin Melanie besuchen kann.
Bei Herrn Taferner brauchen wir uns nicht den Kopf zerbrechen, was das Objekt seiner Liebe ist. Er liebt jede einzelne Kurve, jede Schranke, jedes Hügelchen und manchmal hat man den Eindruck, dass auch er ein Teil der Kleinbahnanlage ist. Es liebt sie, leidet mit ihr und er wird wahrscheinlich auch die letzten Minuten seines Lebens die Lokomotiven streicheln, die sein Sterbebett zieren.
Was Frau Taferners Liebe betrifft, so ist es wahrscheinlich nicht der regredierende Partner, sondern etwas ganz anderes. Noch ist sie auf der Suche nach den emotionalen Höhepunkten des Lebens. Aber es dauert nicht mehr so lange, denn schon in der nächsten Story gibt es dazu wertvolle Informationen.
In der Siedlung wirken die Taferners jedenfalls wie ein hochanständiges Paar, welches ein gutbürgerliches Leben führt. Zwei Mal die Woche geht Frau Taferner zur Nachbarin, um mit ihr einen lustigen Abend zu verbringen, was Herrn Taferner nicht weiter stört. Frauengespräche interessieren ihn nicht wirklich und außerdem kann er dann seine Pokerabende einschieben.
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