Nach Höherem streben. Orison Swett Marden

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Nach Höherem streben - Orison Swett Marden

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weil er an ihnen seine Kraft, seine Gaben und Fähigkeiten erproben kann. Leichte Arbeit dagegen hat keinen Reiz für ihn, weil sie in ihm nicht die innere Freude und Befriedigung auslöst, die man nach siegreichem Kampf empfindet.

      Ich kannte einen jungen Mann, der sich als Student selbst durchbringen musste und so arm war, dass die wohlhabenderen jungen Leute sich über ihn lustig machten. Sie hänselten ihn ständig wegen seiner kurzen Hosen, seiner ausgewachsenen Röcke und wegen seines ganzen schäbigen Äußeren. Ihre Bemerkungen verletzten ihn so sehr, dass er sich schwor, nicht nur keinen Anlass zum Spott mehr zu geben, sondern sich eine einflussreiche Stellung in der Welt zu erringen.

      Dieser selbe junge Mann hat es denn auch sehr weit gebracht, und er betont immer wieder, dass gerade die Dornen auf seinem Weg, der Spott, mit dem er als Student überhäuft wurde, seinen Ehrgeiz, weiterzukommen, stets von neuem anstachelten.

      Gerade durch diese verzweifelte Anstrengung, etwas zu leisten, was der Mühe wert ist, werden unsre verborgenen Kräfte ans Licht gebracht und entwickelt. Ohne diesen Kampf würden viele Menschen ihre wahren Fähigkeiten nie entdeckt haben.

      Wäre Lincoln in einem Herrenhaus geboren und auf die Universität gegangen, wäre er wahrscheinlich nie Präsident geworden und wäre nicht zu der geschichtlichen Größe geworden, die er ist. Denn dann hätte er wahrscheinlich nie so sehr alle seine Kräfte angespannt, wie er es tat, um sich aus seiner gedrückten Lage zu befreien und sich emporzuarbeiten. Der heldenhafte Kampf mit niedrigen Umständen war es, der den Riesen aus ihm machte.

      Der Mensch ist von Natur träge. Wir tun alles aus gewissen Beweggründen, und die Stärke dieser Beweggründe bestimmt den Erfolg unsrer Mühe.

      Viele Menschen verdanken alles, was sie sind, dem Umstand, dass die Natur sie in irgendetwas zu kurz kommen ließ und sie dadurch ständig anspornte. Wo das Kapital ihrer Fähigkeiten unter gewöhnlichen Verhältnissen höchstens fünfundzwanzig Prozent Zinsen getragen hätte, haben sie es, dank diesem ungeheuren Ansporn, fertiggebracht, fünfundsiebzig Prozent herauszuschlagen.

      So oft ein Beweggrund recht kräftig, eine Not recht dringend, eine Verantwortung recht drückend ist, öffnen sich in uns verborgene Quellen der Kraft, und wir nehmen alle Hindernisse im Sturm.

      Die Geschichte hat unzählige Beispiele dafür, wie Menschen, die körperlich irgendwie behindert und benachteiligt waren, in ihrem Ringen, es zu überwinden, ganz wunderbare Eigenschaften entwickelt und herrliche Leistungen vollbracht haben. So manches Mädchen, das sich seiner äußeren Reizlosigkeit, ja Hässlichkeit bewusst war, nahm all ihre Kraft zusammen, um darüber wegzukommen und diesen Nachteil durch andre Vorzüge auszugleichen; sie entwickelte Fähigkeiten, brachte Leistungen zustande, die sie nie erreicht hätte ohne den Entschluss, ihre äußeren Mängel zu überwinden.

      Von einem bekannten Engländer, der ohne Arme und Beine zur Welt gekommen war, erzählt man sich, dass er einst einen neugierigen Besucher, der sehen wollte, wie er äße und sich bewegte, so fesselte durch seinen glänzenden Verstand und seine Redegabe, dass dieser den eigentlichen Zweck seines Besuchs ganz vergaß.

      Wenn es vielen nicht gelingt, körperliche Behinderungen zu überwinden, so zeigt das nur, wie wenige von uns sich hier selbst entdecken und ihre besten, größten Eigenschaften entwickeln. Wir haben ja keine Ahnung von dem Reichtum und der Schönheit unsres inneren Menschen und sterben, ohne ihn auch nur annähernd entdeckt zu haben.

      8. Der Segen des Unglücks

      Zwei Räuber gingen einmal an einem Galgen vorüber. Da rief der eine aus: „Wie schön wär‘ unser Beruf doch, wenn es keine Galgen gäbe!“ „Halt’s Maul, Schafskopf!“ antwortete der andre, „die Galgen, die machen ihn ja grad‘ so lohnend! Denn wenn’s keine Galgen gäb‘, wär‘ jeder Mensch Räuber!“

      Ganz das Gleiche gilt für jeden andern Beruf und jede Tätigkeit: die Schwierigkeiten sind es, die unter der Masse sichten und mittelmäßige Bewerber abschrecken. „Viele Menschen verdanken ihre Größe den riesigen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen hatten“, sagt Spurgeon. „Echtes Gold wird klar im Feuer.“

      Unzählige von Natur hochbegabte Menschen sind der Welt verloren gegangen, weil sie nie Hindernisse zu überwinden oder gegen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, die ihren schlummernden Kräften ein wirksamer Ansporn gewesen wären. Keine Mühe bezahlen wir zu teuer, wenn sie uns auf unserm Weg weiterhilft. Und wir leisten unser Bestes, wenn wir mit verzweifelter Anstrengung um das kämpfen, was unser Herz begehrt.

      Unsern Gegnern verdanken wir unsre Siege. Sie haben in uns eben die Kräfte entwickelt, durch die wir sie überwanden. Ohne ihren Widerstand wären wir nie hart und fest geworden, wie auch die Eiche durch all ihre Kämpfe gegen Sturm und Unwetter sich festigt und stärkt. In ähnlicher Weise entwickeln uns alle Prüfungen und Nöte unsres Lebens.

      In einer Schlacht im Krimkrieg durchschlug eine Kanonenkugel eine Festungsmauer und drang in einen wundervollen Garten. Aber da, wo sie in die Erde einschlug, schoss ein Wasserstrahl empor, der von nun an als lebendiger Quell weitersprudelte. So entspringen oft aus den hässlichen Wunden, die Unglück und Sorgen unserm Herzen zufügen, unversiegliche Quellen reicher Erfahrung und neuer Freuden.

      So mancher Mensch findet sich selber erst, wenn er alles verloren hat. Das Unglück entblößte ihn, um ihn zu entdecken. Widrige Umstände sind der Hammer und der Meißel, die innere Stärke zu innerer Schönheit umformen. Nur durch Niederschlagen wird der Mensch hart, fest und unbesieglich.

      Ein berühmter Naturforscher sagte, wenn er einem scheinbar unüberwindlichen Hindernis begegne, so sei das gewöhnlich die Vorstufe zu einer neuen Entdeckung.

      „Dankend abgelehnt“ hat schon manchen zum Schriftsteller gemacht. Misserfolge helfen einem Menschen oft zum Erfolg, weil sie seine brachliegende Energie aufrütteln, ihn zu festen Zielen anfeuern und alle schlummernden Kräfte in ihm wecken. Wirklich tüchtige Menschen verwandeln Enttäuschungen in Hoffnungen, wie die Perlmuschel den Sand, der sie stört, in eine Perle verwandelt.

      Die Adler werfen ihre Jungen, sobald sie fliegen können, aus dem Nest und säubern es zugleich von Federn und Daunen. In dieser harten Schule wächst der junge Adler zum kühnen Beherrscher der Lüfte heran, der es versteht, seine Beute klug und beharrlich zu verfolgen.

      Knaben, die vom Leben stiefmütterlich behandelt werden und gleichsam „draußen“ stehen, bringen es gewöhnlich zu etwas, während die, die in ihrer Jugend nichts Schweres kennenlernten, später häufig versagen.

      Wo die Natur besonders schwere Aufgaben stellt, da sorgt sie auch für den nötigen Verstand. „Nichts freuet die Götter mehr, als wenn ein guter Mensch tapfer dem Unglück trotzt.“

      Armut und Not sind keine unüberwindlichen Hindernisse, sondern sie wirken auf die von Natur Trägen oft als ein wohltätiger Ansporn und stärken ihr schwaches Rückgrat. Je härter der Diamant, desto mehr Schleifen ist erforderlich, um seinen Glanz herauszubringen, aber desto stärker wird er leuchten, zumal wenn er, wie nötig, an einem andern Diamanten geschliffen wird. So nur enthüllt er seine volle Schönheit.

      Ohne Reibung würde der Funken im Feuerstein ewig schlummern, und ohne Kampf würde auch das göttliche Feuer im Menschen nie auflodern.

      Im Gefängnis von Madrid war es, wo Cervantes seinen „Don Quixote“ schrieb. Er war so arm, dass er sich schließlich nicht einmal mehr Papier verschaffen konnte und auf Lederriemen schreiben musste. Man bat einen reichen Spanier um Hilfe, der aber sagte: „Befreit ihn um Himmelswillen nicht aus seiner dürftigen Lage! Seine Armut ist’s, die die Welt reich macht.“

      Das

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