Waldesruh. Christoph Wagner

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Waldesruh - Christoph Wagner Hauptkommissar Travniczek ermittelt inHeidelberg

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großzügig erweitert. Dazu kamen einige prächtige neuere Villen.

      „Das Dorf scheint wohlhabend zu sein“, meinte Brombach. Travniczek nickte.

      Kurz hinter dem Ortszentrum, wo für eine kurze Strecke das Steinachtal so breit wurde, dass sich zwischen Kirche und „Jägerstube“ die Straße zu einem kleinen Marktplatz erweitern konnte, mussten sie in eine der wenigen Stichstraßen einbiegen. Dort lag das Haus von Adalbert Schittenhelm, architektonisch sehr ungewöhnlich gestaltet.

      Es war kurz nach halb zehn. In mehreren Zimmern brannte noch Licht. Brombach läutete. „Jetzt bin ich gespannt.“

      Doch schon wenige Sekunden später wurde im Flur Licht gemacht. Adalbert Schittenhelm öffnete persönlich und gab sich betont freundlich.

      „Nochmals guten Abend, die Herren, kommen Sie doch bitte weiter. – Meine Frau muss ich leider entschuldigen. Sie ist krank und muss das Bett hüten.“

      Die beiden Kommissare sahen sich etwas verwundert an. So einen Empfang hatten sie nicht erwartet. War der plötzlich vernünftig geworden?

      Sie durchquerten den kurzen Flur und traten dann in das saalartige Wohnzimmer, das über beide Stockwerke des Hauses reichte. Zum Garten hin hatte es eine reine Glaswand. Über die drei anderen Wände lief auf halber Höhe eine Galerie mit einem Holzgeländer, der Zugang zu den Zimmern des oberen Stockwerks.

      „Nehmen Sie doch bitte Platz“, forderte Schittenhelm die Kommissare auf und wies auf einen großen runden Holztisch, der zusammen mit sechs Stühlen vor der Glaswand stand.

      „Schön haben Sie’s hier“, sagte Travniczek anerkennend. „Haben Sie das Haus selbst bauen lassen?“

      „Ja, als ich vor dreizehn Jahren geheiratet habe.“

      „Eine interessante Anlage.“

      „Freut mich, dass sie Ihnen gefällt. Habe ich selber entworfen. Ich bin ja gelernter Architekt, wenn ich auch zurzeit nicht in diesem Beruf arbeite.“

      „Darf ich fragen, was Sie beruflich machen?“

      „Ich bin stellvertretender Leiter des Planungsamtes der Stadt Heidelberg.“

      „Also Beamter?“

      „Ja, sicher.“

      Da sah Travniczek im Augenwinkel einen Jungen im Schleichgang die Treppe von der Galerie herunterkommen. Er blieb drei Stufen oberhalb des Bodens unschlüssig stehen. Er schien eigentlich etwas sagen zu wollen, traute sich aber wohl nicht. Als Schittenhelm ihn bemerkte, schnauzte er ihn an: „Alf, was machst du hier? Es ist nach halb zehn. Du musst längst schlafen. Sofort ab ins Bett!“

      „Aber ich kann nicht …“

      „Kein Aber. Sofort ins Bett, oder muss ich erst nachhelfen?“

      Der Junge drehte sich um und ging langsam mit gesenktem Kopf wieder nach oben. Travniczek hatte den Eindruck, dass er weinte.

      „Weiß der Junge, was hier passiert ist?“

      „Keine Ahnung. Wahrscheinlich schon. Es hat sich ja wie ein Lauffeuer im Dorf rumgesprochen.“

      „Für Kinder ist so etwas immer sehr schwer zu verkraften. Ich würde ihn da an Ihrer Stelle nicht so hart anfassen.“

      Schittenhelms Gesicht verhärtete sich und sein Ton wurde frostig.

      „Ich glaube, ich weiß selbst, wie ich meine Kinder zu erziehen habe. Da brauche ich keinen Rat von der Kriminalpolizei.“

      Das ist nicht nur Überheblichkeit, dachte Travniczek, da ist auch Trotz oder Abwehr, vielleicht von Schuldgefühlen, in seinem Blick. Er versuchte es noch einmal.

      „Ich will Sie ja keinesfalls belehren. Aber wissen Sie, wenn ich ermittle, habe ich auch immer wieder mit Kindern zu tun. Zu sehen, zu welch fürchterlichen Verletzungen, seelischen Verletzungen, meine ich, es da oft kommt, ist nur schwer zu ertragen. Da kann man nur mit sehr, sehr viel Zuwendung helfen.“

      Schittenhelm antwortete nicht, verspannte sich aber zunehmend. Da auch die Kommissare nichts sagten, blieb es länger still.

      „Ich glaube nicht, dass Sie hergekommen sind, um mit mir über Kindererziehung zu diskutieren“, brach schließlich Schittenhelm das Schweigen. Er gab sich Mühe, wieder höflich und souverän zu erscheinen. „Kommen wir doch zum Grund Ihres Besuchs. Ich möchte mich zunächst in aller Form für mein Verhalten und das meiner Mitbürger vorhin in der Jägerstube entschuldigen. Wir waren alle sehr nervös und einige, einschließlich meiner Person, haben da etwas überreagiert.“

      „Die Entschuldigung ist angenommen. Es freut mich, dass wir so schnell auf eine konstruktive Gesprächsebene kommen. Dann sagen Sie mir bitte, wie sich der Anschlag auf Dieter Maurischat aus Ihrer Sicht darstellt.“

      „Ich und selbstverständlich auch alle meine Mitbürger sind entsetzt darüber“, sagte Schittenhelm, ohne überlegen zu müssen.

      „Weil Sie den Falschen getroffen haben?“, versuchte jetzt Brombach, ihn zu provozieren.

      „Nein, natürlich nicht. Gewalt, das wollen wir in unserem schönen Dorf überhaupt nicht haben.“

      „Das verstehe ich jetzt nicht“, legte Brombach nach. „Sie haben doch vorher diesen Drohbrief geschrieben. Der Anschlag war doch nur die logische Fortsetzung.“

      „Nein, so sehe ich das nicht.“ Schittenhelm hatte jetzt einen Distanz schaffenden, quasi amtlichen Ton gefunden. „Sicher, die überwältigende Mehrheit aller Einwohner von Waldesruh, und dazu rechne ich mich auch, wollen auf keinen Fall, dass Wolfgang Maurischat wieder hier wohnt. Und ich denke, das ist verständlich.“

      „Lassen Sie uns darüber etwas später reden“, meinte jetzt wieder Travniczek. „Noch mal die Frage: Wie erklären Sie sich diesen Anschlag? Es muss ja einen Täter geben.“

      „Zunächst einmal möchte ich ausdrücklich betonen: Dieser Vorfall ist eine Diskreditierung unseres berechtigten Anliegens. Ich würde daher ausschließen, dass es jemand von den Dorfbewohnern war. So dumm ist hier niemand.“

      „Kommen Sie uns jetzt aber bitte nicht mit dem großen Unbekannten“, brauste Brombach auf. „Waldesruh war zur Zeit des Anschlags nahezu von der Außenwelt abgeschnitten.“

      „Nein, nicht der große Unbekannte“, fuhr Schittenhelm unbeirrt fort. „Wir sind froh, dass wir einen ehemaligen Kollegen von Ihnen, Herrn Sigismund Mampel, unter unseren Mitbürgern haben. Der hat auf der Grundlage seiner langjährigen Berufserfahrung ein, wie ich finde, sehr überzeugendes Szenario entwickelt: Die Maurischats haben die ganze Sache selbst inszeniert, um uns ins Unrecht zu setzen.“

      Er schwieg und sah die Kommissare herausfordernd an.

      „Also, Sie machen das Opfer zum Täter?“, fuhr Brombach ihn aufgebracht an. Travniczek gab ihm einen kaum sichtbaren Wink, Ruhe zu bewahren.

      „Ihre Hypothese entbehrt nicht einer gewissen Logik“, sagte er dann ganz ruhig, „und wir werden sicher auch in diese Richtung ermitteln. – Wichtiger ist mir jetzt aber Ihr Brief. Für Sie als Beamter kann das sehr unangenehm

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