Waldesruh. Christoph Wagner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Waldesruh - Christoph Wagner страница 24

Waldesruh - Christoph Wagner Hauptkommissar Travniczek ermittelt inHeidelberg

Скачать книгу

Maurischat verlegen.

      „War auf jeden Fall richtig, aber erfrieren brauchen wir deshalb trotzdem nicht. – Wie geht es Ihrem Vater?“

      „Der Arzt meinte, außer der Platzwunde wahrscheinlich nur eine leichte Gehirnerschütterung. Er war wieder bei Bewusstsein, als er vorhin in die Klinik gebracht wurde.

      „Glück im Unglück“, sagte Travniczek und atmete erleichtert auf. Er zog seinen Mantel aus, warf ihn auf einen Stuhl und setzte sich auf die schon ziemlich abgewetzte beige Couch. Er merkte jetzt erst, wie eng und niedrig das Zimmer war.

      „Das hat Sie doch sicher erst mal beruhigt. Übrigens, warum stehen Sie?“

      Wolfgang setzte sich neben ihn. Befangen hielt er so viel Abstand wie möglich.

      „Hat Ihr Vater noch irgendetwas zu dem Anschlag sagen können?“, fragte Travniczek sofort.

      Maurischat schüttelte den Kopf.

      „Nein, als ich kam, war er nicht ansprechbar, … und später wollte ich nicht nachfragen.“

      „Das war sicher richtig. Aber jetzt zu Ihnen. Sie sind also gestern aus der Haft entlassen worden und ...“

      „Ja, bin ich“, fuhr er auf. „Aber nachdem, was ich hier schon erlebt habe, wäre ich vielleicht besser dortgeblieben.“

      Er war aufgesprungen und starrte auf die zertrümmerte Fensterscheibe und den dunkelbraunen Rollladen dahinter. Travniczek ließ ihm Zeit, ehe er fragte: „Können Sie mir kurz berichten, was seit Ihrer Ankunft hier passiert ist?“

      Maurischat drehte sich langsam um und sah den Kommissar ausdruckslos an.

      „Ich kam gestern so gegen sechs hier an. Wir hatten uns gerade zum Abendessen hingesetzt, da läutete es. Vater ging an die Haustür, aber da war niemand. … Er fand nur dieses Paket, so eine Art ‚Begrüßungsgeschenk‘ für mich, von den Bürgern von Waldesruh.“

      Er holte das Gemälde, das an eine Wand gelehnt stand. „Das soll angeblich Berit und mich darstellen.“

      Travniczek sah auf das Bild und erschrak über die abgrundtiefe Bösartigkeit, mit der ihn die Teufelsfratze anstarrte.

      „Dazu haben die mir auch noch einen Brief geschrieben. Hier!“

      Er reichte ihm das Schriftstück, das noch auf dem Couchtisch lag. Vater Maurischat hatte es Travniczek am Telefon ja schon vorgelesen. Dennoch las er es nochmals sehr aufmerksam.

      Er empfand die gleiche Beklemmung wie vorher draußen beim Blick über das Dorf. Stand da nicht noch etwas zwischen den Zeilen? War die ja irgendwie nachvollziehbare Reaktion der Dorfbewohner auf das, was sie für das Böse hielten, nur Fassade? Oder bildete er sich das nur ein? Das rötliche Leuchten von oberhalb des Dorfes kam ihm in den Sinn. Nachdenklich faltete er den Brief zusammen.

      „Darf ich den mitnehmen?“

      „Ja, natürlich.“

      Wolfgang Maurischat stand immer noch vor dem Fenster. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und die Augen fast geschlossen.

      Was ging in ihm vor? Plante er etwas, fragte sich Travniczek. Und ihm war klar: Wenn jetzt noch etwas passierte, dann brannten bei Maurischat womöglich alle Sicherungen durch.

      „Setzen Sie sich doch bitte wieder“, forderte Travniczek ihn auf. Aber er blieb bewegungslos stehen.

      Nach einer kleinen Pause fragte Travniczek: „Was ist dann noch weiter passiert, nachdem Sie das Paket erhalten haben?“

      Ohne seine Haltung zu verändern, antwortete Maurischat leise, scheinbar ohne jede Gefühlsregung: „Ich habe noch eine Zeitlang mit meinem Vater gesprochen, bin dann aber sehr bald ins Bett gegangen, konnte aber kaum schlafen. Habe fast die ganze Nacht gegrübelt. Heute Morgen bin ich dann so gegen zehn aus dem Haus gegangen. Bin ziellos durch den Wald gelaufen, um mir klarzuwerden, wie es weitergehen soll. Als ich kurz vor vier zurückkam, fand ich dann meinen Vater hier in seinem Blut liegen. Den Rest kennen Sie.“

      Travniczek versuchte, ihn etwas aufzurichten.

      „Herr Maurischat, ich habe Ihre Ermittlungsakte gelesen und kann Ihnen sagen, ich halte die Chance, Ihren Fall neu aufzurollen, für relativ groß. Und der Anschlag auf Ihren Vater ist gefährliche Körperverletzung oder sogar ein Mordversuch. Der Staatsanwalt muss daraufhin Ermittlungen einleiten, die ich führen werde. Dabei werde ich sicher auch versuchen herausfinden, was vor zwölf Jahren tatsächlich passiert ist.“

      In Maurischats Gesicht kam ein wenig Leben. Er setzte sich wieder neben Travniczek und sah ihn erwartungsvoll an.

      „Sie meinen, Sie könnten dabei meine Unschuld beweisen?“

      „Nicht so schnell. Ich will ehrlich sein. Ob Sie schuldig oder unschuldig sind, weiß ich nicht, kann ich nicht wissen. Klar ist bis jetzt nur: Gegen Sie ist seinerzeit nicht gründlich genug ermittelt worden und wir haben jetzt den Anschlag auf Ihren Vater. Alles Weitere müssen die Ermittlungen ergeben.“

      In diesem Augenblick klingelte es. Herbert Breithaupt, der wohlbeleibte Spusichef der Heidelberger Kripo, kam mit zwei weiteren Kriminaltechnikern, die schon ihre weißen Schutzanzüge angelegt hatten.

      „So ein Wetter gehört verboten“, maulte Breithaupt lautstark. „Ich glaub, ich lass mich nach Rom versetzen. Ich hab mal gehört, wenn die dort morgens aus dem Fenster gucken und es liegt Schnee, legen die sich einfach wieder ins Bett und niemand geht zur Arbeit. Die haben dort nämlich keinen, der den Schnee wegräumt. Das wahre Paradies.“

      Travniczek erklärte ihm kurz die Situation, zog seinen Mantel an und verließ beinahe fluchtartig das Haus. Er hielt es in der bedrückenden Enge nicht länger aus. Außerdem konnte er das Geschwätz von Breithaupt jetzt gar nicht ertragen.

      Mehrmals ließ er die eiskalte Schneeluft tief in sich einströmen. Das tat gut. Inzwischen hatte es aufgehört zu schneien und die Wolken waren aufgerissen. Der Schnee reflektierte das helle Licht des fast vollen Mondes und ließ die Häuser in eiskaltem Glanz überdeutlich erstrahlen. Oberhalb des Dorfendes erkannte er jetzt die Quelle des merkwürdigen rötlichen Lichts: ein von hohen Mauern eingefasstes riesiges Grundstück, auf dem eine prachtvolle Villa, ja eigentlich ein Palast stand, wohl aus der Gründerzeit. Das ganze Areal war von Scheinwerfern hell erleuchtet.

      Travniczek ließ seinen Blick wieder über den Ort schweifen. Die Stille erschien ihm unheimlich, die Klarheit der Konturen unnatürlich. Irgendetwas lauerte hier. Etwas Böses. Er würde sich damit auseinandersetzen müssen.

      Und was verbarg sich in diesem merkwürdigen Palast, das so martialisch geschützt werden musste? Was lebten dort für Menschen?

      Er ging ein Stück die Dorfstraße hinein. Da kamen ihm die beiden Streifenbeamten entgegen, offenbar schlechtgelaunt.

      „Es ist einfach nur frustrierend“, sagte Venske.

      „Wieso?“

      „Die sagen nichts. Keiner will etwas gehört oder gesehen haben.“

      „Und ich bin sicher“, ergänzte seine Kollegin, „die lügen alle. Die haben sich abgesprochen. Die wollen nichts sagen.

Скачать книгу