Waldesruh. Christoph Wagner

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Waldesruh - Christoph Wagner Hauptkommissar Travniczek ermittelt inHeidelberg

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ist er gekommen.“

      „Wie geht es ihm?“

      Maurischat zögerte etwas mit der Antwort.

      „Wie soll es ihm schon gehen? Schlecht natürlich. Vor allem, nachdem es gestern Abend schon losgegangen ist.“

      „Was meinen Sie mit ‚losgegangen‘?“

      „Das zu erwartende Mobbing.“ Er erzählte Travniczek von dem Gemälde und las ihm den Brief vor.

      „Das ist gut“, kommentierte das Travniczek und musste lachen.

      „Wie meinen Sie das? Wollen Sie sich über mich lustig machen?“, entgegnete Maurischat verwirrt.

      „Bewahre! Aber die Waldesruher Bürger haben uns einen großen Gefallen getan. Der Brief erfüllt den Tatbestand der schweren Nötigung. Alle Unterzeichner haben sich damit strafbar gemacht. Daher kann ich jetzt offiziell ermitteln. Ich würde Sie heute Abend gerne besuchen und dabei vor allem endlich Ihren Sohn kennenlernen. Dann können wir besprechen, wie es weitergehen kann.“

      „Oh, Herr Travniczek, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.“

      „Ach, jetzt lassen Sie mal. Eine Frage können Sie mir vielleicht schon gleich beantworten. In den Ermittlungsakten kommen Berits Eltern gar nicht vor. Ihre Vernehmung wäre in so einem Fall eigentlich eine Selbstverständlichkeit gewesen. Haben Sie eine Idee, warum das unterblieben ist?“

      Maurischat schien eine Weile zu überlegen.

      „Nein, keine Ahnung. Aber zumindest der Vater hätte sicher nicht zu Wolfgangs Gunsten ausgesagt.“

      „Warum das?“

      „Er … mochte Wolfgang nicht. Er war gegen diese Beziehung.“

      Travniczek hörte schwere Atemzüge. Da kam wohl eine alte Bitterkeit wieder hoch.

      „Was hatte er an Wolfgang auszusetzen?“

      Fast höhnisches Lachen.

      „Offen sagte er, Berit sei noch zu jung für eine feste Bindung – die beiden hatten tatsächlich schon von Heiraten gesprochen –, aber eigentlich ging es ihm wohl um etwas ganz Anderes.“

      „Nämlich?“

      „Ach, wissen Sie, dem Herrn Universitätsprofessor war Wolfgang nicht gut genug für seine Tochter. Er hatte sich da wohl irgendwen aus der Heidelberger High Society vorgestellt.“

      Verachtung, ja Hass sprach aus diesen Worten.

      „Heißt das, dieser Waldemar Schittenhelm wäre ihm als Schwiegersohn sehr viel lieber gewesen?“

      „Mit Sicherheit. Ein angehender Rechtsanwalt, Neffe des großen Ansgar Schittenhelm – das wär‘s gewesen.“

      Travniczeks Gedanken arbeiteten fieberhaft. Er witterte einen Zusammenhang zwischen Berits Verschwinden und der Haltung ihres Vaters zu ihrem Verhältnis mit Wolfgang Maurischat. Er musste unbedingt an die Gerichtsakten kommen und herausfinden, ob und vor allem was Berits Vater vor Gericht ausgesagt hatte.

      „Hatten Sie nach dem Prozess noch einmal Kontakt mit dem Herrn Professor?“

      „Nein, es gab keine Veranlassung.“

      „Und Berits Mutter?“

      „Die kannte ich kaum. Wissen Sie, diese Familie war wohl schon seit langem völlig zerrüttet und Berit hatte sich im Grunde schon innerlich von ihren Eltern verabschiedet. Soweit ich mich erinnern kann, hat sie nie von ihnen gesprochen.“

      „Eine Frage noch. Wissen Sie, wo Berits Eltern jetzt wohnen?“

      „In Heiligkreuzsteinach jedenfalls nicht mehr. Mehr weiß ich leider nicht.“

      „Gut. Ich kann heute Abend gegen sieben bei Ihnen sein. Passt das?“

      „Ja, natürlich.“

      „Und Ihr Sohn ist dann auch da?“

      „Dafür werde ich sorgen.“

      „Dann bis heute Abend.“

      Tagebuch - 22.1.

      Vater hat mich angeschrien. Wenn ich nicht zugebe, daß ich die Vase runtergeworfen habe, schlägt er Mama tot. Ich habe es dann zugegeben. Vater hat Mama losgelassen und mich in sein Arbeitszimmer gezerrt. Ich mußte mich ganz ausziehen. Dann hat er mich fürchterlich mit dem Gürtel verprügelt. So schlimm war es noch nie. Überallhin hat er geschlagen. Er war ganz rot im Gesicht. Irgendwann stöhnte er ganz heftig. Dann hat er aufgehört zu schlagen. Er hat mich in den Keller geschleift und mich dort eingesperrt.

      11

      Zwanzig Minuten später saßen Travniczek und Brombach im Verhörraum Eins einem Herrn Sebastian Kärcher gegenüber.

      Er war nach dem Protokoll der Erstvernehmung durch den KDD sechsunddreißig Jahre alt, von Beruf Sachbearbeiter bei der Rentenversicherung und noch nie polizeiauffällig geworden.

      Travniczek fragte seine persönlichen Daten ab, ehe er ihn aufforderte, den Ablauf des Geschehens zu schildern. Bereitwillig, aber sehr umständlich berichtete Kärcher folgenden Sachverhalt:

      Am Tag vor Sylvester war seine Frau ohne Vorankündigung weggefahren, während er auf der Arbeit war. Sie hatte ihm einen Brief hinterlassen mit der Mitteilung, sie müsse einfach eine gewisse Zeit nachdenken. Am Tag nach Neujahr würde sie zurückkommen. Er hatte das erst sehr gefasst aufgenommen, war dann aber immer nervöser geworden. Am Tag nach Neujahr musste er sich krankmelden, weil er völlig durcheinander war. Er hatte dann tagsüber eine ganze Flasche Schnaps ausgetrunken und war schließlich auf der Wohnzimmercouch eingeschlafen. Plötzlich stand dann seine Frau vor ihm und erklärte, sie würde ihn für immer verlassen. Dann brach seine Erinnerung ab. Später fand er sich am Boden sitzend mit einem blutigen Küchenmesser in der Hand neben seiner blutüberströmten, toten Frau. Er brauchte eine Weile, um zu realisieren, was er getan hatte, und rief dann die Polizei.

      Um sich dem Motiv für diese grauenhafte Tat zu nähern, ließ sich Travniczek Kärchers Lebensgeschichte erzählen. Es war eine deprimierende Biographie. Der Mann berichtete von einem ständig betrunkenen Vater, der ihn und seine Mutter immer wieder geschlagen hatte, von den Kämpfen seiner Mutter, sich und ihn aus dieser Situation zu befreien; davon, dass er später immer wieder die kleine Wohnung verlassen musste, weil die Mutter fremde Männer empfing und er erst sehr viel später begriff, dass sie

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