Waldesruh. Christoph Wagner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Waldesruh - Christoph Wagner страница 20

Waldesruh - Christoph Wagner Hauptkommissar Travniczek ermittelt inHeidelberg

Скачать книгу

man Leute wie dich nicht mehr aufhängt. Dann hätten wir jetzt Ruhe.

      Kommst du zurück, um jetzt auch unsere Kinder umzubringen?

      Wenn du nicht freiwillig verschwindest, werden wir dafür sorgen, dass du gehst. Du wirst hier keine ruhige Minute haben, das versprechen wir dir.

      Wir werden nicht mit einem Mörder zusammenleben.

      Die Bürger von Waldesruh

      Fast alle hatten unterschrieben.

      Wolfgang wurde schwarz vor Augen.

      Tagebuch - 21.1.

      Vater ist noch einmal aus dem Haus gegangen. Er will Kollegen treffen, um mit ihnen zu trinken. Danach wird es sicher wieder besonders schlimm.

      Als Vater nach Hause kam, hat er sofort gesehen, daß die Vase nicht mehr da war. Mama wollte mich nicht verraten und hat gesagt, sie hat sie runtergeworfen, als sie Staub gewischt hat. Aber Vater hat sie ganz laut angeschrien: Er glaubt ihr das nicht. Sicher hab ich die Vase runtergeworfen. Sie will mich nur schützen. Er hat sie gepackt und sie immer wieder ins Gesicht geschlagen. Ich habe das nicht mehr ausgehalten und wollte weglaufen. Aber Vater hat mir den Weg versperrt. Ich kann jetzt nicht mehr weiterschreiben. Die Augen fallen mir zu.

      Samstag, 3. Januar 2015

      10

      Mehrmals in der Nacht war Travniczek schweißgebadet hochgefahren. Wieder Alpträume. Aber er konnte sich immer nur schemenhaft erinnern. Die Bilder zerflossen, sobald er sie festhalten wollte. Nur die Beklemmung blieb.

      Irgendwann stand er auf und setzte sich ins Wohnzimmer, ohne Licht zu machen. Er wollte sich nicht länger dem grausamen Spiel aussetzen, das sein Unterbewusstes mit ihm trieb.

      Was machte ihn so unruhig?

      Die Angst, seine Familienkatastrophe würde ihn wieder einholen, wenn Julia und Christian bei ihm einzögen?

      Der Fall Maurischat, der eigentlich gar keiner war? Es war doch gar nicht sein Job, sich um einen möglichen Justizirrtum von vor zehn Jahren zu kümmern. Was drängte ihn, sich trotzdem zu engagieren?

      Dass sein Sohn ihn mit seiner Kollegin verkuppeln wollte? Warum blieb der Monitor immer wieder schwarz, wenn er versuchte sich vorzustellen, mit Martina zusammenzuleben?

      Irgendwann schlief er dann in seinem Sessel ein.

      Später – draußen war es noch dunkel – stand er in der Küche und kochte Kaffee.

      Er konnte Ungerechtigkeit einfach nicht ertragen. Das war es, deswegen musste er den Maurischats unbedingt helfen.

      Aber war das überhaupt möglich? Sein Chef, Polizeidirektor Solms, würde ihn einfach auslachen, wenn er diesen zehn Jahre alten Fall noch einmal aufrollen wollte.

      Staatsanwalt Wurlitzer? Wenn er dem keine neuen Beweise auf den Tisch legen konnte, rührte der keinen Finger.

      Er musste also erst auf eigene Faust ermitteln, obwohl er das nach der Dienstvorschrift nicht durfte.

      Schade, dass Martina ausgerechnet jetzt im Urlaub war. Mit ihr hätte er sich jetzt gerne beraten. Warum gerade mit Martina? Weil er wusste, dass sie sicher genauso dachte wie er? Weil sie ihm einmal das Leben gerettet hatte?

      Vielleicht hatte Bernhard ja doch recht.

      Der stand plötzlich in der Küche.

      „Du so früh auf den Beinen? Da muss was Besonderes passiert sein.“

      „Ja, schon“, entgegnete Bernhard verschlafen. „Julia hat gestern noch sehr spät angerufen. Wir haben dann ewig gequatscht. Sie ist völlig neben der Spur, hat immer wieder zu heulen angefangen. Sie weiß nicht mehr weiter. Ich fahr da jetzt noch mal hin.“

      „Ich finde es toll, dass du dich so für sie einsetzt“, meinte der Vater und fügte etwas verlegen hinzu: „Wäre ja eigentlich meine Aufgabe.“

      „Ach, Vadder, lass mal. Hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Das passt schon, wenn ich da jetzt hinfahre. Ich bin schließlich erwachsen und ihr vom Alter her ja auch viel näher als du.“

      Der Senior legte ihm einen Arm auf die Schulter und nickte ihm dankbar zu. Ohne viel zu reden, frühstückten sie zusammen und Bernhard machte sich dann gleich auf den Weg zum Bahnhof. Travniczek blieb allein am Küchentisch sitzen.

      Julia. Früher war sie nie von seiner Seite gewichen, wenn sie mit der Familie unterwegs waren. Saßen sie irgendwo, sprang sie sofort auf seinen Schoß. Den geraden, offenen Blick ihrer schönen graublauen Kinderaugen würde er für immer in Erinnerung behalten. Ständig fragte sie ihn etwas: Warum sind die Blätter grün? Träumen Ameisen auch, wenn sie schlafen? Warum können wir nicht fliegen wie die Vögel? Warum kann mein Meerschweinchen nicht mit mir sprechen? Was für ein Tier wärst du gerne?

      Nicht immer wusste er eine Antwort, und oft war Julia auch mit seinen Erklärungen unzufrieden. Am schönsten war es, wenn er von ihr mehr lernen konnte als sie von ihm.

      Aber dann, kurz vor ihrem dreizehnten Geburtstag und ein paar Wochen, nachdem Marion die Scheidung eingereicht hatte, war das fast von einem Tag auf den anderen vorbei. Sie zog sich zurück, ertrug nicht mehr die kleinste Berührung und wollte ihn möglichst gar nicht mehr sehen. Das hatte ihn damals ganz tief getroffen. Er fühlte sich unfähig und schuldig, weil er glaubte, seinen Kindern gegenüber eine gewisse Distanz nicht überwinden zu können. Und daran hatte sich eigentlich bis heute nichts geändert.

      Lange hing er seinen Gedanken und Erinnerungen nach, ehe er ins Wohnzimmer ging, um Klavier zu spielen.

      „Jetzt spiele ich Bach. Sonst bekomme ich meinen Kopf nicht frei“, brummte er vor sich hin. Doch noch hatte er die Noten nicht aufgeschlagen, da war er mit seinen Gedanken schon wieder bei den Maurischats.

      Zum Tatzeitpunkt soll Berit bereits mit Waldemar Schittenhelm liiert gewesen sein. Das war das schwächste Glied der Indizienkette gegen Wolfgang Maurischat. Allein daraus ergab sich ein plausibles Mordmotiv: Eifersucht. Belegt wurde das aber nur durch die Aussage der beiden Schittenhelms. Wenn es gelänge, die Beziehung zwischen Waldemar und Berit begründet in Zweifel zu ziehen, würde die Mordanklage zusammenbrechen. Also musste er entsprechende Zeugen finden. Berits Eltern vielleicht? Die tauchten nirgends in den Ermittlungsakten auf. Eigentlich völlig unverständlich.

      Er beschloss, die Maurischats anzurufen. Hoffentlich wussten die, wo er Berits Eltern finden konnte. Und er musste ohnehin Wolfgang Maurischat endlich kennenlernen.

      Der Vater meldete sich. Travniczek merkte bei der Begrüßung sofort, wie bedrückt der war.

      „Herr Maurischat, zunächst eine gute Nachricht“, versuchte er ihn aufzumuntern. „Ich habe mir die Ermittlungsakte im Fall Ihres Sohnes durchgelesen. Es ist, so viel kann ich jetzt schon sagen, mindestens sehr, sehr schlampig ermittelt worden.“

      „Sie glauben also, dass man das neu aufrollen kann?“

      Travniczek schluckte. Konnte er das so ohne weiteres bejahen, obwohl er eigentlich noch viel zu wenig wusste? Aber er schob die Bedenken

Скачать книгу