Waldesruh. Christoph Wagner

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Waldesruh - Christoph Wagner Hauptkommissar Travniczek ermittelt inHeidelberg

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wandte sich ab und wankte weiter durch die Menge auf der Suche nach neuen Opfern.

      Travniczek sah etwas verschämt zu seinem Sohn hin. Der grinste über beide Ohren. „Wird Zeit, dass wir dir ‘ne Frau suchen. Du fängst ja schon an, mit den Pennern zu schmusen.“

      „Werd nicht frech“, flachste der Alte zurück, „sonst setzt’s ein paar hinter die Ohren.“

      „Schlagen ist in der Erziehung verboten. Das musst du doch am besten wissen.“

      Über der Stadt stiegen jetzt immer mehr bunte Feuerwerksraketen auf, begleitet von ohrenbetäubenden Böllerschlägen. Es schien heller zu werden, da der glitzernde Schnee jedes neue Licht vielfach reflektierte.

      Da zog Bernhard eine Sektflasche aus der Manteltasche und machte sich am Korken zu schaffen.

      „Gläser hab ich keine mitgenommen. Das muss dann eben so gehen.“

      Der Korken knallte. Da begann die Menge mit dem Countdown für das Neue Jahr: „Zehn – neun – acht – …“ Mit jeder Zahl wurde es lauter. Das „Prost Neujahr“ klang dann schon fast wie eine Explosion. Vater und Sohn Travniczek umarmten sich und tranken ihren Sekt.

      Von fast allen Punkten der Stadt wurden jetzt im Dauerfeuer Raketen gezündet, besonders viele von der Alten Brücke, den beiden Neckarufern und dem Schloss, auch vom Königstuhl* und der Molkenkur* und natürlich auch von hier oben am Philosophenweg. Gleich neben ihnen jagte einer eine Batterie nach der anderen in die Luft. Über die Stadt bis hinaus in die Rheinebene legte sich ein wogendes Meer aus buntem Licht. Raketen starteten mit kaum sichtbarer Leuchtspur oder mit sich drehendem Kometenschweif, bevor sie explodierten. Es entstanden vielfarbige Sterne, von denen einige sehr schnell zerplatzten, andere sich Zeit ließen und ihre Strahlen in Goldregen verwandelten. Dazwischen schossen grellbunte Leuchtkugeln in den Himmel, Kanonenschläge wurden gezündet, Bengalos und Fontänen von Sternen wurden am Boden abgebrannt. Und ganz allmählich legte sich wie ein leichter Nebelschleier der Pulverdampf über dieses Spektakel aus Licht und Radau, der auch die Nase mehr und mehr irritierte.

      „Ist doch doll!“, meinte Bernhard. „Oder?“

      Der Senior verfolgte das ganze Theater eher mit gemischten Gefühlen. „Klar, wie alles, was mit Feuer zusammenhängt, hat es eine magische Anziehungskraft. Das ist seit Urzeiten so. Aber warum machen die Leute das eigentlich?“

      „Ach, man muss doch nicht alles hinterfragen. Einfach Spaß haben, das ist doch o. k.“

      Bernhard schien sich richtig zu ärgern.

      „Wahrscheinlich hast du recht. Ich bin mal lieber ruhig, bevor ich zur Spaßbremse werde.“

      Auch wenn er das ganze Treiben mit einer gewissen Faszination verfolgte, war ihm dieses pure Spaßhabenwollen irgendwie suspekt. Er konnte nicht verhindern, dass die Knallerei in ihm Bilder von echtem Granatendonner und Bombenexplosionen an vielen Orten der Welt wachrief, und er dachte daran, dass mit dem Geld, das hier im wahrsten Sinne des Wortes verpulvert wurde, sehr viel Not gelindert werden könnte.

      Irgendwann hörten sie das erste Martinshorn.

      „Siehst du?“, sagte Travniczek zu seinem Sohn. „Da wollte jemand zu viel Spaß haben. Hat glatt vergessen, dass Feuerwerkskörper mit Feuer zusammenhängen. Und jetzt ist Schluss mit lustig.“

      Bernhard sah ihn stirnrunzelnd an, sagte aber nichts.

      Schließlich waren sie beide froh, als das ganze Tamtam allmählich abebbte und sich die ersten Leute auf den Heimweg machten. Ihre Sektflasche war natürlich auch schon lange leer.

      Kurz vor der Einfahrt in die Brückenstraße sahen sie in die Pizzeria da Claudia und entdeckten in einer Ecke tatsächlich noch einen leeren Tisch für zwei Personen.

      Schnell nahmen sie ihn in Beschlag, ein Kellner begrüßte sie mit „Buona sera“, legte ihnen die Karte vor und entzündete die Kerze, die auf einem gedrungenen Holzleuchter stand.

      Sie entschieden sich für einen halben Liter Montepulciano, Travniczek senior nahm eine Pizza capricciosa und Bernhard wollte eine Calzone.

      Es dauerte nur kurze Zeit, bis der Kellner die Halbliterkaraffe mit dem Wein sowie zwei große langstielige Gläser brachte und ihnen stilvoll einschenkte. Sie stießen an.

      „Auf die Zukunft!“, sagte der Vater.

      „Auf amore!“, entgegnete Bernhard mit herausforderndem Lachen. Der Alte ließ sich dadurch aber überhaupt nicht aus der Ruhe bringen, genoss den ersten Wärme verbreitenden Schluck und wollte dann seinen Sohn beim Wort nehmen.

      Jetzt wurde Bernhard etwas mulmig und er entgegnete verlegen: „Merkwürdige Alternative.“

      „Naja, als das anfing, dachte ich, du wirst dich doch bald einmal für die eine oder die andere entscheiden. Aber es tut sich nichts. Sag mal, kannst du nicht oder willst du nicht?“

      Damit brachte ihn der Vater noch mehr in Verlegenheit, denn er wollte darüber eigentlich gar nicht nachdenken. Er brauchte viel Zeit, ehe er etwas stockend antwortete.

      „Also, wenn du mich so direkt fragst, ich kann das eigentlich gar nicht wirklich unterscheiden. Es ist, … wie soll ich sagen, … keine Ahnung, … irgendwas Drittes.“

      „Das versteh ich jetzt gar nicht. Kannst du mir das genauer erklären?“

      Jetzt wurde der Vater nachdenklich. Bernhard stand offensichtlich im Spannungsfeld zwischen Gefühl und Konvention und fand alleine nicht heraus. Er sah sich gefordert. Als Vater musste er versuchen, ihm zu helfen. Er begann ganz vorsichtig.

      „Was mich zuerst interessiert: Weißt du, wie die beiden jungen Damen darüber denken?“

      „Gesprochen haben wir darüber nie. Aber ich bin ziemlich sicher, die sehen das ähnlich.“

      „Irgendwie klingt mir das alles zu rational. Verdammt, ihr seid jung. Da steuern nun mal die Hormone das Verhalten viel mehr als der Kopf. Wie macht ihr das denn? Ihr seid

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