Waldesruh. Christoph Wagner

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Waldesruh - Christoph Wagner Hauptkommissar Travniczek ermittelt inHeidelberg

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undenkbar, dass er ihr irgendetwas hätte antun können. Er war doch so glücklich ...“

      Jetzt konnte er die Tränen nicht mehr zurückhalten.

      „Lassen Sie sich Zeit. Versuchen Sie, der Reihe nach zu erzählen, wie alles gekommen ist.“

      Der alte Mann wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen.

      „Also, alles fing an vor jetzt zwölf Jahren, an einem schönen Sommerabend. Berit wollte da noch einmal Wolfgang besuchen und ist so gegen halb acht von zu Hause weggegangen – sie wohnte damals in Heiligkreuzsteinach* und brauchte zu Fuß etwa zwanzig Minuten. ... Aber sie ist nie bei uns angekommen.“

      „Sorry, wenn ich unterbreche. Wo wohnen Sie selbst?“

      „Hab ich das noch nicht gesagt? In Waldesruh.“

      „Waldesruh? Wo liegt das?“

      „In der Nähe von Heiligkreuzsteinach*. Es ist nur ein kleines Dorf, hat gerade mal hundertfünfzig Einwohner.“

      „Oh, in der Gegend habe ich einmal sehr unangenehme Erfahrungen gemacht.“

      Maurischat sah ihn fragend an.

      „Also, wo war ich? … Ach ja, Berit war also nicht bei uns angekommen. Wolfgang hat dann natürlich bei ihr zu Hause angerufen, aber sie hat sich nicht gemeldet.“

      „Was war mit ihren Eltern? Konnten Sie die nicht erreichen?“

      „Nein, ihre Mutter war für ein paar Tage weggefahren und der Vater war einige Wochen vorher ausgezogen. Es hatte da wohl einen fürchterlichen Ehestreit gegeben. Näheres darüber weiß ich nicht.“

      Maurischat war ins Schwitzen gekommen. Er zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann fuhr er fort: „Wolfgang ist dann nach Heiligkreuzsteinach gelaufen, aber es war alles dunkel. Da war niemand. Später, es muss so um halb elf gewesen sein, wollte ich dann bei der Polizei eine Vermisstenanzeige aufgeben. Aber der Polizist hat mich nicht ernst genommen und von oben herab belehren wollen. Jugendliche verschwänden oft mal eine Weile, hat der gemeint. Das sei in diesem Alter ganz normal. Berit würde schon wieder auftauchen. Wenn nicht, sollte ich dann am nächsten Morgen auf die Polizeiwache kommen.

      Ich habe mich darauf eingelassen, leider. Als ich dann am nächsten Morgen zur Polizei fahren wollte, war unser Auto plötzlich weg. Das war schon merkwürdig, aber ich sah zuerst keine Verbindung zu Berits Verschwinden.

      Die Polizei wollte immer noch nichts unternehmen. Erst einen Tag später haben die endlich begriffen, dass Berit tatsächlich verschwunden war und ein Verbrechen vorliegen könnte. Sie suchten dann mit mehreren Hundertschaften im weiten Umkreis. Nichts.

      Nach zwei Tagen haben sie dann unser Auto gefunden, im Wald in der Nähe von Mosbach*, wenn Sie wissen, wo das ist. Auf dem Beifahrersitz war ein riesiger Blutfleck. Sie fanden heraus, dass der eindeutig von Berit stammte.“

      Maurischats Stimme war schon bei den letzten Sätzen heiser und brüchig geworden. Jetzt konnte er nicht mehr weiter. Fast unverständlich murmelte er vor sich hin:

      „Entschuldigen Sie … aber … es ist … zu schwer … warum … warum … musste dieses wunderbare Mädchen sterben? … Das ist so ungerecht … so ungerecht … und jetzt ist … alles vorbei …“

      Travniczek wollte den alten Mann irgendwie beruhigen. Aber er fand nicht die richtigen Worte. Er wartete lange, ehe er fragte: „Herr Maurischat, wie ging es dann weiter?“

      Der alte Mann schreckte auf, als ob er gar nicht mehr genau wüsste, wo er sich befand.

      „Entschuldigen Sie … ich will es versuchen … Da waren dann plötzlich zwei Zeugen, die gesehen haben wollten, wie Wolfgang und Berit mit dem Auto gegen 20 Uhr von Waldesruh in Richtung Heiligkreuzsteinach weggefahren sind. Die haben aber auf jeden Fall gelogen, denn Wolfgang war die ganze Zeit zu Hause gewesen. Einer der Zeugen behauptete dann sogar, die Beziehung zwischen Wolfgang und Berit sei schon zu Ende gewesen. Vierzehn Tage vor ihrem Verschwinden hätte sie mit ihm geschlafen und wäre seitdem seine Freundin gewesen. An dem Abend ihres Verschwindens habe sie Wolfgang sagen wollen, es sei vorbei. Aber auch das war gelogen.“

      „Wer waren die Zeugen?“

      „Adalbert und Waldemar Schittenhelm, Sohn und Neffe von Ansgar Schittenhelm, dem reichsten Mann im Ort.“

      „Und der hat gute Verbindungen?“

      „Mit Sicherheit.“

      „Sagen Sie, wie alt ist Ihr Sohn eigentlich?“

      „Er wird im April zweiunddreißig.“

      „Und wie alt war Berit, als sie verschwand?“

      „Sechzehn. Aber für ihr Alter seelisch schon sehr reif.“

      „Wie lange bestand die Beziehung zu Berit?“

      „Etwa ein Jahr.“

      „Hatte Ihr Sohn vor Berit schon andere feste Beziehungen?“

      „Soweit ich weiß, gab es da außer der einen oder anderen Schwärmerei nichts Ernstes.“

      „Eine Frage noch, die Sie mir bitte nicht übelnehmen: Wäre es nicht möglich, dass Berit noch vor ihrem Verschwinden tatsächlich mit dem einen Zeugen zusammen war und dass Sie und Ihr Sohn das nur noch nicht mitbekommen hatten? Manche Jugendliche wechseln heutzutage ja oft recht schnell ihre Partner.“

      „Ich halte das für ausgeschlossen. Denn dieser Waldemar ist einfach, entschuldigen Sie, ein arrogantes Arschloch. Mit dem hätte sich Berit nie eingelassen. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“

      „Wenn wir mal davon ausgehen, dass Ihr Sohn Berit nicht getötet hat, haben Sie irgendeine Vermutung, eine Ahnung oder gar einen konkreten Verdacht, was wirklich passiert sein könnte?“

      Der Alte schwieg eine Weile und sagte dann: „Wissen Sie, darüber denke ich seit zwölf Jahren nach, Tag für Tag, und auch Nacht für Nacht. Ich habe zig Szenarien entworfen und alle wieder verworfen, weil ich sie dann doch für unmöglich hielt. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der alte Schittenhelm da seine Hand im Spiel hatte, obwohl ich überhaupt nicht sagen kann, warum. – Herr Travniczek, Sie müssen mir helfen. Mein Sohn ist unschuldig. Wie soll er weiterleben mit dem Makel eines Mörders?“

      Travniczek war geneigt, dem Mann zu glauben. Er versuchte eine Weile ruhig nachzudenken. Dann sagte er: „Ich gehe jetzt mal davon aus, dass Sie recht haben. Ich muss Ihnen aber leider sagen: Wenn es nicht irgendwelche neuen Erkenntnisse gibt, wird es schwer, den Fall neu aufzurollen. Das Beste wäre sicher, Sie suchen sich einen guten Anwalt.“

      Der alte Mann lachte bitter. „Einen guten Anwalt? Und von was soll ich den bezahlen? Ich bin froh, wenn ich einigermaßen über die Runden komme, ohne Hartz IV beantragen zu müssen. Wissen Sie, meine Frau hat das alles nicht verkraftet.

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