Herzbrecher. K.P. Hand

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Herzbrecher - K.P. Hand

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obwohl Valentin wie eines eingesperrt war, war er kein Raubtier, das sich auf alles stürzt, was ihm vor die Augen kam. Doch in diesem Loch wurden alle über einem Kamm geschert. Wer hier einsaß, war nun mal unterster Abschaum.

      Valentin musterte den Mann auffällig abschätzend, dann zog er an seiner Kippe und nahm sie zwischen die Finger um reichlich Rauch auszustoßen. Dabei fragte er: »Was wollen Sie?«

      Der Fremde grinste, dabei bildeten sich Grübchen um seinen Mund.

      Valentin stockte einen Moment. Nicht unbedingt wegen der Grübchen, sondern viel mehr, weil er plötzlich das Gefühl hatte, den Mann zu kennen. Oder jedenfalls sah er jemanden verdammt ähnlich.

      »Sie sind Valentin?«, fragte der Mann rhetorisch mit einem charmanten Lächeln. Er wäre sicher nicht in dieser Zelle, wenn er nicht gezielt nach Valentin gesucht hätte.

      Valentin nickte knapp und zog erneut an seiner Kippe. Er ließ den Mann nicht aus den Augen, denn er hatte eine dunkle Vorahnung, wer er war.

      »Mein Name ist Enio Martin. Ich komme aus St. Marienstadt«, berichtete er und lächelte dabei noch immer freundlich. Ein Lächeln wie es Geschäftsmänner oder Werbemenschen aufsetzten, wenn sie mit einem potenziellen Kunden sprachen. Oder, wenn sie Gewinn riechen konnten.

      Der Ort kam Valentin nicht bekannt vor, der Nachname dafür umso mehr.

      Valentin kaute grübelnd auf dem hinteren Stummel seiner Selbstgedrehten. »Martin, hm? Kommt mir bekannt vor.«

      Und ob ihm der Name bekannt vorkam!

      Enio Martin nickte schmunzelnd. »Ich glaube, Sie kennen meinen Bruder: Alessandro.«

      »Kann man wohl sagen.« Valentin zog die Kippe aus dem Mund und warf den Stummel zu Boden. Er sprang leichtfüßig vom Bett und zertrat die Fluppe, ehe er sich an den Bruder des Mannes wandte, der ihn verraten hatte. Er zog neugierig die Augenbrauen hoch. »Und was verschafft mir das Vergnügen?«

      »Ich hörte, Sie seien ein Mann für besondere Arbeit.«

      »Ich habe meine Qualitäten.«

      Enio Martin nickte wieder. »Gut. Ich hätte einen geschäftlichen Vorschlag für Sie. Es sei denn, Sie wollen die Möglichkeit nicht nutzen, aus diesem Dreckloch raus zu kommen.«

      Valentin gab sich interessiert, aber nicht zu interessiert. Nach all den Jahren wusste er, dass er Platz für Verhandlungen lassen musste, wenn er mehr rausholen wollte als die üblich eingeplante Summe seines Kunden.

      Er lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand zwischen den beiden Betten und nickte mit dem Kinn Enio Martin auffordernd zu. »Ich bin ganz Ohr.«

      »Es geht um meinen Bruder«, erklärte Enio Martin. »Ich benötige Ihre Fähigkeiten, um ihn zu finden.«

      1

      Sie schwitzte. Der Schweiß rann ihr über den ganzen Körper, vom Gesicht über das Dekolleté, Nacken und Rücken. Unaufhaltsam, wie ein Wasserfall.

      Dabei konnte eigentlich der Eindruck aufkommen, das es an diesem Augusttag kühl war, denn sobald sie aus dem Fenster ihrer Wohnung, im dritten Stock eines großen und noblen Mietskomplexes hinausblickte, war der Himmel über der Stadt mit dicken, undurchdringbaren dunklen Wolken verhangen. Doch der Schein trog, denn es war geradezu ekelerregend schwül. Drückend. Wie im tiefsten Urwald. Sodass man schon bei der kleinsten Bewegung schwitzte wie ein Bauarbeiter in der brutzelnden Sonne.

      Sie öffnete die Balkontür um Luft in den Raum zulassen.

      Die Flaggen auf dem spitzen Dach des Rathauses, das sie von ihrem Wohnzimmerbalkon aus erblicken konnte, flackerten heftig in einem stürmischen Wind, von dem sie in ihren vier Wänden nichts mitbekam.

      Wobei es sich nicht wirklich um ihre vier Wände handelte. Sie lebte in einer Mietswohnung, allein, und ihr Daddy bezahlte die Miete, weil sie es sich nicht leisten konnte.

      Anni war junge zweiundzwanzig Jahre alt, kinderlos, unverheiratet und hatte gerade erst angefangen, im Krankenhaus als Krankenpflegerin zu arbeiten. Mit ihrem niedrigen Gehalt hätte sie sich vielleicht eine Wohnung im Bahnhofsviertel mieten können, aber weder hatte sie die Absicht, bei den dort überwiegend lebenden Prostituierten und Drogendealern zu leben, noch hätte ihr Daddy das zugelassen.

      Anni stand mit einer Tasse Kaffee vor dem Balkonfenster, das sie geöffnet hatte. Sie sah auf ihre teure Armbanduhr und las die Zeit von dem weißgoldenen Ziffernblatt ab. Es war ihre Lieblingsuhr, ihre großen Schwester Melissa hatte sie ihr zu ihrem achtzehnten Geburtstag geschenkt. Das Band bestand aus weichem weißen Leder. Genau Annis Stil.

      Es war Zeit, zu gehen.

      Sie trank die Tasse halb aus und verzog das Gesicht, weil der Kaffee noch zu heiß gewesen war. Anni stellte die Tasse in die Spüle zu ihrem restlichen Frühstücksgeschirr, sie würde sich nach ihrer Schicht im Krankenhaus um den Haushalt kümmern, vielleicht war es dann auch endlich kühler. Der Wetterbericht hatte ja ein Unwetter vorhergesagt, das die Temperaturen endlich wieder etwas senken solle.

      Sie schnappte sich ihre Designer Tasche – ebenfalls ein Geschenk von ihrer Schwester – und marschierte aus der Wohnung.

      Im grellen Flur, der mit schlichten weißen Wänden und grauen Teppichboden ausgestattet war, wartete sie auf den Fahrstuhl, der vom fünften Stockwerk zu ihr hinunterfuhr.

      Kurz überlegte sie, ob sie die Treppe neben sollte. Sie hatte so ein seltsames Gefühl in der Magengrube. Ein Bauchgefühl.

      Nimm die Treppe, sagte ihr eine innere Stimme.

      Aber wozu? Selbst wenn sie auf den Fahrstuhl wartete, war sie genauso schnell unten.

      Sie hatte bereits gestern Abend Magenprobleme gehabt, und schob das Unwohlsein lediglich auf die Tüte Chilichips, die sie gestern vor dem Schlafengehen auf dem Sofa vertilgt hatte.

       Fünf ...

       Vier ...

       Drei.

      Der Fahrstuhl war da.

      Als die Türen aufgingen, schlug Anni kühle Luft entgegen. Die Klimaanlage. Gott sei es gedankt, für diese tolle Erfindung!

      Sie stieg in die Fahrstuhlkabine zu dem Mann, der einen Trenchcoat mit aufgestelltem Kragen und eine schwarze Schirmkappe mit der Aufschrift SAD trug, und zu der älteren Dame mit weißem Haar, altmodischem Hosenrock und Blümchen Bluse, die einen winzigen weißen Hund an der Leine führte.

      »Guten Morgen«, sagte Anni freundlich zu beiden.

      Der Mann, dessen Gesicht unter der Schirmkappe halb verborgen blieb, hob den Kopf an und strahlte ihr entgegen.

      »Einen wunderschönen guten Morgen«, lächelte er ihr zu.

      Anni fühlte sich gut, weil er so auf sie reagiert hatte, und lächelte in sich hinein, während die alte Dame sie nur skeptisch von der Seite betrachtete.

      Im ersten Stock stieg die Dame aus. Zum Glück, denn ihr Hund ließ in einer Tour Gaswolken ab, deren

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