Weg, einfach weg. Ralf J. Schwarz

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Weg, einfach weg - Ralf J. Schwarz

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Genfer Herstellers Patek Philippe lag vor ihm. Sein Herz begann schneller zu schlagen. Er kannte diesen Chronographen. Als begeisterter Leser einiger namhafter Uhrenzeitschriften war ihm schon der Name wie der Gesang der Engel. Patek Philippe. Das war nicht einfach eine Uhr, nein, das war ein Kunstwerk in Gold, ein Lebensbeweis eines wahren Gottes, der in einer Minute guter Laune den Künstler geküsst hatte.

       Vorsichtig nahm er die Uhr aus ihrer Box und betrachtete sie. Es war eines der Modelle mit einem ewigen Kalender. Wenn er sich richtig erinnerte, und er war sich fast sicher das er das tat, musste diese Uhr in der Mitte des letzten Jahrzehnts gefertigt worden sein. Gut und gerne über einhunderttausend Mark musste van Geerden dafür auf den Tisch geblättert haben. Fasziniert betrachtete er die Feinheiten die sich ihm boten. Das goldene Gehäuse fasste ein silbernes Zifferblatt, das wiederum drei kleinere Anzeigen beherbergte. Ein schwarzes Krokodillederband vervollständigte das Gesamtkunstwerk. Alles in allem keine aufsehenerregende Uhr für einen Laien, aber sie trieb einem Kenner Freudentränen in die Augen.

       »Ich habe Ihnen Eis rein getan, das ist doch in Ordnung!«, hörte er Ute’s Stimme. Erschrocken schloss er die Box und stellte überrumpelt fest, dass er die Patek Philippe noch immer in der Hand hatte. »Schöne Uhr. Die muss doch ein Vermögen gekostet haben?« Ute van Geerden zuckte mit den Schultern »Ein Hobby meines Mannes. Keine Ahnung ob die wertvoll ist oder nicht.«

       »Ach, schauen Sie sich unsere Bilder an. Gesammelte Werke aus vielen Epochen. Heute bin ich älter und meine Schönheit ist Vergangenheit. Aber so grausam ist das Leben«, sagte sie mit einem Unterton, der nach einer Gegendarstellung lechzte. Aber sie gab Volker überhaupt nicht die Gelegenheit dazu, sprach einfach weiter als wolle sie eine vielleicht doch mögliche Bestätigung ihres vorhergehenden Satzes erst gar nicht zulassen.

       »Um Ihre Frage von vorhin zu beantworten, nein, diesen Mann kenne ich nicht«, antwortete Ute van Geerden während nun auch die Antworten ihres Körpers sichtbar wurden. Ihr Atem beschleunigte sich und im Gesicht und auf ihrem Hals begann der Schweiß zu glänzen. »Haben Sie neue Nachrichten von Ihrem Mann, Frau van Geerden?«, fragte Volker nun. Er spürte, dass ihm die Situation unangenehm wurde. Er musste die Uhr zurücklegen und brauchte einen Vorwand. Sein Gehirn, in der Regel ein leistungsfähiges Organ, versagte normalerweise nie wenn es darum ging, Ausreden und Vorwände zu finden. Hier in Gegenwart dieser Frau konnte er aber nicht objektiv sein, geschweige denn normal denken. Bei anderen Befragungen hatte er seinen Spaß daran, wenn seine Gegenüber ins Trudeln kamen, aber hier hatte er plötzlich einen leichten Anflug von Mitgefühl oder jedenfalls so etwa ähnliches. »Nein, leider nicht. Er hat auf keinen meiner Anrufe geantwortet. Aber ich mache mir schon große Sorgen.« »Wir wissen nicht einmal ob ihr Mann überhaupt bis nach Grimma gekommen ist. Wie Sie sehen, ist der Mann hier alleine im Auto. Und dieses Bild wurde kurz vor dem Auffindeort des Mercedes gemacht. Ist es möglich, dass Ihr Mann vielleicht ein Verhältnis hat?« Ute van Geerden schüttelte energisch den Kopf. »Andreas macht sich nichts aus anderen Frauen. Unsere Ehe ist zwar nicht das, was man landläufig als glücklich bezeichnet, aber wir kommen gut zurecht. Aber können wir ihn nicht als vermisst melden?« »Nein, das geht leider nicht. Ihr Mann ist alt genug um zu entscheiden, wo und mit wem er sein Leben verbringt.«

       Nach einigen weiteren Fragen verließ Volker May die verunsicherte Frau. Er war enttäuscht. Es verwirrte ihn zunehmend, dass er in Gegenwart von Ute van Geerden nicht mehr sicher und klar denken konnte. Aber das Verhalten, dass sie beim Betrachten des Bildes gemacht hatte, verunsicherte ihn noch mehr.

       Um seine Gedanken zu ordnen, blieb er noch eine Weile im Wagen sitzen. Noch immer konnte er ihren Duft wahrnehmen, eine leichte Brise Rose, gemischt mit dem Geruch ihrer wunderschönen, hellbraunen Haut, der so viel Verlangen nach mehr machte. Schließlich nahm er sein Telefon und rief Reinhard Meierling an. Nach einigen Anweisungen, die sein Mitarbeiter mit breiten, hessischen Sätzen kommentierte, legte er auf. Gerade als er seinen Wagen starten wollte, öffnete sich das Tor zum van Geerdschen Anwesen und Ute van Geerden verließ mit ihrem BMW Cabriolet das Gelände. Neugierig folgte er ihr.

      Kapitel 12

      Je tiefer Andreas in den Schlaf fiel, desto mehr drängten seine Träume in den Vordergrund. Fetzen seiner Kindheit flogen wie Drachen durch sein Bewusstsein, in rasendem Tempo erschienen Menschen, farblose Personen, ohne Gesichter und Orte an die er sich beim besten Willen nicht zu erinnern schien. Alles drehte sich, wie von einem Hurrikan mitgerissen, schleuderte ihn und seine ehemaligen Freunde durch die Zeit und den Raum, den seine Träume einnahmen.

       Schlagartig verstummte nun der Sturm der Gesichter und er fand sich schließlich in seiner Studentenbude wieder, flankiert von seinen Freunden, von Camillo und Hartmut mit dem Gesicht über einem Teller Spaghetti. Ihrem dürftigen Essen, billig und schnell gemacht, das ihnen damals aber wie ein Festessen schmeckte, bestreut mit Parmesan und mit Maggi verfeinert. Deutlich konnte er die Gerüche von damals riechen, vor allem drängte sich das typische Aroma von Maggi in den Vordergrund und steigerte sich zu einer Duftfahne die ihm den Atem nahm. Schwer atmend erwachte van Geerden.

       Halt! War da nicht ein Geräusch gewesen? Oder hatte ihn der Traum genarrt? Leise knackte ein Ast. Angst kam in ihm auf. Er mochte die Dunkelheit nicht. Diese Zeit, die finstere Nacht. Er versuchte sich zu orientieren. Hier im Unterholz konnten seine Augen keinen Lichtstrahl erhaschen. Seine Ohren mussten nun den Dienst übernehmen. Angestrengt horchte er in die stockdunkle Nacht. Kein Geräusch drang zu ihm. Gespenstische Ruhe lag über dem Waldstück. Doch da, ein Rascheln. Schweiß trat auf seine Stirn. Ein Gefühl des Ausgeliefertseins presste seinen Brustkorb wie ein Schraubstock zusammen. Ruhe.

       Knack. Ein Steinchen rollte auf dem Weg. Die Furcht drängte nun mit all seiner Macht in sein Bewusstsein. So leise wie möglich zog er den Reißverschluss seines Schlafsacks nach unten. Kalt und feucht drang die nachtkalte Luft nach innen. Vorsichtig griff er nach seiner Taschenlampe und leuchtete ins Unterholz. Nichts. Alles nur ein Hirngespinst. Er spürte wie seine Hand zitterte, der Lichtkegel der Stablampe vor Aufregung über den Boden tanzte. Hier war nichts. Er war alleine. Fröstelnd zog er den Verschluss seiner stoffenen Umhüllung wieder zu und schloss die Augen. Lange lag er noch wach und hörte auf die Geräusche. Lange dauerte es, bis der Schlaf wieder seine Finger nach ihm ausstreckte.

       Knack. Erneut riss es ihn hoch. Was war das? Im Unterbewusstsein hatte er den Ton gehört. Sein Puls beschleunigte sich wieder. Stille. Da, ein Geräusch. Deutlich waren Schritte zu hören. Wieder trat gespenstische Ruhe ein. Er lauschte. Wie aus heiterem Himmel durchzuckte ein Lichtblitz die Schwärze der Nacht. »Da! Schaut mal. Da liegt ein Penner«, rief die Stimme eines scheinbar jungen Mannes der hinter der gleisend hellen Lichtquelle zu stehen schien, »da will ich nur mal pissen gehen und dann liegt da ein Penner.« Der Schein der Taschenlampe die ihn anstrahlte, brannte ihm in den Pupillen. Nur durch zwei winzige Schlitze die durch das Zusammenkneifen seiner Augen verblieben, konnte Andreas sehen. Erkennen konnte er jedoch nichts.

       »He. Du hattest Recht!«, rief eine zweite Stimme. Aus dem überhellen Lichtstrahl trat nun ein, nein zwei weitere Jugendliche hervor. Sie mochten vielleicht achtzehn, möglicherweise zwanzig Jahre sein. »He Du«, ein blonder Junge, noch nicht richtig der Pubertät entwachsen, trat nun auf Andreas zu, »was machst Du hier?« Mit einem derben Tritt in die Rippen der van Geerden die Luft zum Atmen nahm, schob er sofort den zweiten Satz nach: »Kannst Du nicht antworten? Verstehst Du unsere Sprache nicht?« »Doch, doch. Ich verstehe Euch. Ich schlafe hier!«, röchelte der Gefragte. »Ach, habt Ihr gehört? Er schläft hier«, höhnte der Blonde, »einfach so. Der pennt hier in unserem Wald.« »Schau mal, was er dabei hat«, ertönte eine Stimme aus dem Hintergrund, »vielleicht hat er was zu trinken dabei.«

       Nun wurde es Andreas zu viel. Er versuchte den Reißverschluss nach unten zu ziehen. »Ey, pass auf. Der will da raus.« Schon setzte der Blonde seinen Fuß auf Andreas Brust, machte ein öffnen unmöglich. Heftig wand sich van Geerden, versuchte sich zu befreien. »Schaut mal, wie er sich windet. Wie ein dreckiger, kleiner Wurm«, brüllte einer der Jugendlichen, »Los

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