Weg, einfach weg. Ralf J. Schwarz

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Weg, einfach weg - Ralf J. Schwarz

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hinter dem gleisenden Licht hervorgeschossen kam, genau auf die Nase. Eine Welle Schmerzen schoss durch seinen Kopf. Sein Nase war noch geschwollen vom Angriff er alten Dame am Nachmittag. Noch mehr schmerzten ihn jedoch das Hohngelächter seiner Peiniger.

       »Los. Schau mal nach was der Penner alles dabei hat!« Schon riss ein weiterer Junge den Rucksack auf. »Scheiße. Mein Geld!« Panik erfasste van Geerden. Wenn Sie sein Geld fanden, war er mittellos. Hilflos sah er zu wie der Junge seine Kleider aus dem Rucksack riss. Wild flog seine Unterwäsche ins Unterholz. Der Jugendliche wühlte im Beutel herum. »Scheiße. Der Arsch hat überhaupt nichts zu saufen dabei. Nur wertlosen Scheiß hat er!« Mit einer weit ausholenden Bewegung warf er den Rucksack ins Dickicht.

       »Ach lasst doch den dummen, alten Sack« hörte Andreas nun eine eindeutig weibliche Stimme. »Die alte Schwuchtel soll doch hier pennen wenn er will!« Der Druck des Fußes auf seiner Brust wurde nun schwächer und er konnte seine Arme wieder bewegen. Eine Hand fasste nun seinen Kragen und ein dunkel erscheinendes Gesicht kam bis auf wenige Zentimeter vor seine Nase. »Weißt Du, auf was ich jetzt Lust hätte?«, klatschte die Frage, begleitet von winzigkleinen Speicheltröpfchen, in Andreas Gesicht, »Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie es ist, einen Penner zu erschlagen.« Van Geerden erstarrte. »Bitte lass Sie verschwinden. Bitte lass es nicht eskalieren!«, flehte er still zu einem Gott den er im normalen Leben niemals beachten würde. Eine Fahne von Alkohol, gemischt mit Zwiebeln und Knoblauch, schlugen ihm entgegen. »Sollen wir mal?«, fragte der vor ihm stehende in Richtung seiner Freunde. Johlend stimmten die jungen Männer ein. Andreas hörte wie Äst abgebrochen wurden. Noch immer blendete ihn der Strahl der Taschenlampe. Dann erscholl die weibliche Stimme erneut: »Ach Ihr Idioten. Lasst den Typ in Ruhe. Es reicht jetzt!« Sofort erstarben die eben noch so aktiven Vorbereitungen auf seinen Tod. Der stinkende Junge der ihn immer noch am Kragen hatte, lockerte seinen Griff: »Na, da hast Du jetzt aber Glück gehabt. Aber wenn Lori das so will.« Sein Griff löste sich nun komplett und van Geerden atmete auf. Eine Sekunde später traf ihn der Fuß des Stinkenden in die Rippen, raubten die Schmerzen seine Denkfähigkeit und seinen Atem.

       Als er die Augen wieder öffnete, war das Licht verschwunden. Noch immer konnte er nichts sehen. Lachend und feixend, mit einem Heidenlärm, verschwand die Gruppe in Richtung Straße. Andreas riss den Reißverschluss seines Schlafsacks auf. Trotz seiner Schmerzen gelang es ihm, sich aus der Hülle zu winden. Endlich stand er wieder auf den Beinen. Er griff nach seiner Taschenlampe und begann zu rennen. Es war ihm egal wohin er lief, es war nur wichtig, dass es weg von seinen Peinigern war. Kopflos, von einer Todesangst getrieben, rannte er, fiel immer wieder hin, stieß gegen Äste und Stämme. Erst nach geraumer Zeit blieb er stehen, drückte seinen erhitzten Körper gegen den Stamm einer Fichte, spürte ihre grobe Struktur, roch das harzgetränkte Holz. Sein Atem raste, sein Herz schien jeden Moment von seinem gewohnten Platz fliehen zu wollen.

       Lange stand er da, ohne jedes Zeitgefühl, vielleicht Minuten, möglicherweise auch länger. Er lauschte. In der Ferne wurde ein Auto gestartet. Leise knisternd rollten Reifen über groben Schotterbelag. Stille. Herzklopfen, schweres, lautes Atmen. Ruhe. Gedankenfetzen. Zweifel.

       Aus welcher Richtung war er überhaupt gekommen? Wo war sein Rucksack? Waren seine Angreifer weg? Seine Gedanken überschlugen sich. Er konnte nichts mehr richtig einschätzen. Waren es die Wolken die nun allmählich dem Mondlicht den Weg freigaben, war es der Morgen der allmählich graute? Grau in Grau lag der Wald nun vor ihm. Alles sah so friedlich aus. Dunkel zog sich eine Spur durch den Wald. Seine Spur. Deutlich erkennbar durch das feuchte, modrige Laub des Vorjahres, das jetzt umgedreht und gewendet, eine klar erkennbare Fährte bildete, seinen Weg preisgab.

       Ängstlich, Schritt für Schritt, nur unterbrochen von gelegentlichem Stehen und Lauschen folgte er seiner Spur. Erst als die Dämonen der Dunkelheit vollends vom Licht vertrieben worden waren, fand er seinen Lagerplatz, die Stelle seines wahr gewordenen, nächtlichen Alptraums, wieder. Alles lag nun so friedlich da. Immer wieder sah er sich um. Niemand außer ihm war hier. Ein Blick in seinen Rucksack, ein Abtasten des Bodens und er war sicher, dass alles noch da war. Vorsichtig, sich immer wieder versichernd dass niemand sonst hier war, suchte er seine Sachen zusammen. Säubern und einräumen ging nun schnell. Reisefertig!

       Dann trat er durch das Dickicht auf den Weg. Er atmete auf. Sonne drang durch die aufgerissenen Wolken und tauchte den Weg in helles Licht. Es war wie eine Befreiung. Die Geister der Nacht schienen in dem engen Netz des Gestrüpps hängengeblieben zu sein. Eben noch den Gefahren eines frühen Todes ausgesetzt, befreiten ihn die Sonnenstrahlen nun von der Last die noch auf seinen Schultern lag. Er sah sich um. Alles war so friedlich. In der Ferne, aus der Richtung von der er am Vorabend gekommen war, kam eine Gruppe von zwei oder drei Wanderern den Berg hoch. Beruhigung trat ein.

       In seinen Träumen die er vor seiner Flucht hatte, war er stets alleine gut zurechtgekommen. Nun, schon am zweiten Tag, fehlte ihm Gesellschaft. Möglicherweise sehnte er sich aber auch nach dem nächtlichen Zwischenfall, nach der scheinbaren Sicherheit die menschliche Begleitung mit sich brachte. Langsam setzte er sich in Bewegung und folgte dem Weg weiter nach Süden.

       Schon nach nur wenigen Kilometern, spürte er die Nachwirkungen des Schlafentzuges, fühlte ein Hämmern das immer wieder seine Schläfen malträtierte. Das war seine erste Nacht gewesen und schon war sein schön erdachter Plan zu Staub zerfallen. Es musste eine neue Schlafgelegenheit her, eine die sicher war, die nicht sein Leben kosten würde. Er wollte und konnte doch nicht einfach in eine der Hütten oder Gaststätten gehen und nach einem Zimmer fragen. Hier würde jeder seinen Ausweis sehen wollen.

       Immer deutlicher meldeten sich die Schmerzen in seinen Beinen. Schwer ging sein Atem. Er wunderte sich über seine schlechte Kondition. Auf dem Laufband im Fitnesscenter konnte er mühelos eine Stunde laufen. Und nun verlange sein Körper schon nach so kurzer Zeit nach Ruhe. Sollte er schon so früh Rast machen? Nur eine kurze Pause? Immer lauter wurde das Verlangen seines Körpers, immer deutlicher manifestierte sich der Vorsatz, einen sicheren Platz zu suchen. Er blieb stehen und betrachtete die Landschaft. Sein Blick glitt über die grünen Flächen, die dunkel aus ihnen hervorragenden Baumreihen, die einen eigenen Lebensraum inmitten der Wiesen zu bilden schienen. Sein Auge braucht einige Sekunden um den braunen Hochsitz zu erkennen, der wie ein Wachturm vor der Waldparzelle stand. Hoch thronte die Holzkanzel über dem Boden, trotzig wie eine Befestigung mit einem hölzernen Dach, inmitten einer unwirtlichen Natur. Noch ehe er seinen Gedanken an eine gute Entspannungsmöglichkeit zu Ende gedacht hatte, riss er den Rucksack vom Boden und ging los. Minuten später saß er auf der aus runden, dünnen Fichtenstämmchen, die die Sitzbank bildeten und genoss die Aussicht.

       Jetzt war es vorrangig, wieder eine Struktur in sein Leben zu bringen. Ein Griff in den Rucksack und er zog ein schwarzes Notizbuch hervor. Der Entschluss, dieses linierte, in Leder gebundene Buch zu kaufen, war in Bregenz schnell gefallen. In Gedanken sah er sich irgendwo, irgendwann, vor einem brennenden Kamin sitzen und darin lesen. Ja! Der Vorsatz, ein Tagebuch zu führen, war ein guter Entschluss. Sein Bleistift kratzte über das Papier, zeichnete Linien, Wörter, bildete in kürzester Zeit Sätze, die seinen ersten Tag in Worte fassen sollten. Einen Tag den er, hätte er ihn in einem Roman gelesen, als Fiktion abgetan. Kurz nur schloss er die Augen, dachte über das erlebte nach, nur einige Augenblicke später schlief er tief und fest.

      Kapitel 13

      Volker May folgte dem roten BMW in Richtung Innenstadt. Ute van Geerden gab mächtig Gas und er war sich nicht sicher, ob die Frau vor ihm jemals so etwas Banales wie Verkehrsregeln zu beachten gelernt hatte. In rasender Geschwindigkeit folgten Spurwechsel auf Überschreiten der Geschwindigkeit, falsches Überholen wurde begleitet von Gefährdung von Fußgängern und Radfahrern. Und Volker versuchte, ohne bemerkt zu werden, an dem vor ihm fahrenden Wagen dran zu bleiben.

       Es überraschte ihn, dass eine so sanftmütig scheinende Frau, so rücksichtslos fahren konnte. Wo die beiden Autos auftauchten, erscholl kurze Zeit später ein Hupkonzert. Der Hupenlärm vermischte sich mit den Tönen der

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