Monikas Reifenpanne. Christine Jörg
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Читать онлайн книгу Monikas Reifenpanne - Christine Jörg страница 6
„Damit ihr mir alles wegfuttert?“ Markus schiebt sich die letzten beiden Kekse auf einmal in den Mund. „Ist besser für eure Linie, wenn ich sie esse“, hebt das Glas und spült mit dem Rest Cola die Kekse hinunter.
Ohne auf weitere Kommentare zu warten erhebt sich der Junge. Er ist etwa ein fünfundsiebzig und vollkommen untergewichtig. Man könnte ihn als einen Strich in der Landschaft bezeichnen.
„Und da soll ich nicht verzweifeln?“, meint Anne ratlos.
„Ich könnte jetzt sagen, das ist das Alter, aber das hilft auch nicht weiter“, sagt Monika nur.
Anne seufzt. Sie trinkt den letzten Schluck Kaffee und sagt: „Ich packe noch den Rest.“
„Anne, wir fahren nur für zwei Tage nach Rotfischbach. Viel brauchst du nicht. Du bist zum Heuen abgestellt.“
„OK, OK.“ Weg ist sie.
Monika steht auf. Sie räumt die Tassen, das Glas und die Kaffeekanne in die Spülmaschine. Die leere Kekspackung landet im Müll.
„So, das war’s.“ Anne kommt mit einer Reisetasche aus dem Schlafzimmer. „Markus bist du fertig?“
„Klar.“ Schon tritt er mit einem Rucksack aus dem Zimmer und öffnet die Wohnungstüre.
„Hast du deine Zahnbürste?“, erkundigt sich Monika, die aus Erfahrung weiß, dass Markus die gerne vergisst.
Markus grinst sie an. „Ich wusste, dass du mich das fragen wirst und habe sie vorsichtshalber gleich eingepackt.“
Monika lacht und sagt nur: „Bravo!“
Zu dritt gehen sie zu Monikas kleinem Corsa. Annes Tasche passt noch in den „riesigen“ Kofferrau. Markus nimmt seinen Rucksack mit auf den Rücksitz.
„Ach, ich habe vergessen“, sagt Anne, als sie auf der Beifahrerseite einsteigt, „Mama hat mir eine kleine Einkaufsliste durchgegeben.“
Von hinten kommt ein genervtes: „Mama.“
Monika vermutet, dass es sich um ein gewolltes Vergessen handelt, aber sie fragt: „Wohin?“
„Aldi.“
Der liegt auf dem Weg. Am Kreisel biegt Monika zu Aldi ab.
„Ich bleibe im Auto“, eröffnet ihnen Markus und setzt sich Kopfhörer auf.
Anne und Monika steigen wortlos aus. Nachdem Monika ein Ein-Euro-Stück aus dem Geldbeutel gekramt hat, lösen sie einen Einkaufswagen aus.
Die kleine Einkaufsliste entpuppt sich als gar nicht klein. Der Einkaufswagen ist halb gefüllt. Taschen oder Kisten haben sie keine.
Monika macht kurzen Prozess. Sie stellt Annes Tasche zu Markus Rucksack auf die Rückbank und packt alles lose in den Kofferraum. Anne fährt den Einkaufswagen weg. Monika setzt sich ins Auto und startet den Motor.
Anne steigt zu. Monika hält ihr die rechte Hand offen hin.
„Was?“ Anne versteht nicht.
„Mein Euro“, erklärt Monika, die die Freundin nur zu gut kennt.
Anne, die sich inzwischen angeschnallt hatte, schnallt sich wieder ab, pult das Geldstück aus der Hosentasche und reicht es der Freundin. Monika legt es in den Aschenbecher und fährt an, als man erneut das Knacken des Verschlusses vom Einrasten des Gurts hört.
Auf der B19 herrscht reger Verkehr. Monika fädelt sich vorsichtig ein. Nur langsam kommen sie bis Langenwang voran. Es herrscht Feierabendverkehr Richtung Oberstdorf.
In Langenwang biegen sie ab und fahren zu Michels Hof am Ortsausgang in Rotfischbach.
Als sie in den Hof einfahren, springt ihnen bellend der Schäferhund Max entgegen. Monika stellt den Wagen neben die drei Autos, Peters und der Feriengäste, die bereits hier parken. Anne öffnet die Autotür und ruft nach Max. Der stürzt sofort mit dem Schwanz wedelnd und freudig bellend auf sie zu. Er hat Annes Stimme erkannt. Jetzt da der Hund begriffen hat, dass nicht Feind, sondern Freund im Anmarsch ist, beginnt ein großes Begrüßungszeremoniell.
„Da seid ihr ja endlich“, hören die drei Ankömmlinge die Stimme von Annes Mutter Margarethe. „Ich dachte schon, ihr kommt gar nicht mehr.“
„Grüß dich Mama“, sagt Anne zunächst um dann hinzuzufügen: „Du weißt doch, dass wir arbeiten. Da geht das nicht so früh.“
„Hallo Oma.“ Markus geht auf seine Großmutter zu und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Jedem verweigert er das Recht ihn zu küssen oder von ihm geküsst zu werden, außer seiner Oma. Monika hat das nie so recht verstanden, findet es aber jedes Mal rührend.
„Du wirst ja immer noch dünner“, stellt die Großmama vorwurfsvoll fest. „Gibt dir deine Mutter nicht genug zu essen?“
„Also heute hat er vor unserer Nase eine ganze Packung Kekse weggefuttert“, lacht Monika, bevor sie zur Begrüßung fortfährt, „Grüß dich Gretl.“
„Mama“, erklärt nun Anne, „der Kerl futtert mich noch arm. Es wächst einfach nichts an ihn hin. Ich hab ihn schon auf Würmer untersuchen lassen. Nichts.“
„Du wächst halt zu schnell“, stellt Margarethe abschließend fest. „Ward ihr nicht beim Einkaufen?“, wechselt sie das Thema.
„Liegt alles lose im Kofferraum.“ Monika deutet auf dem offenen Kofferraum, aus dem sie gerade ihre Reisetasche hievt.
Oma Michel nähert sich dem Kofferraum und wagt einen neugierigen Blick hinein. „Was ist das denn?“, ruft sie aus und lacht. „Hat Anne wieder einmal die Einkaufskiste vergessen.“
Markus, der schon an der Haustüre angekommen ist, ruft zurück: „Hundert Punkte. Oma, du hast gewonnen.“
„Ja, ja“, sagt Anne scheinbar geknickt, „immer auf die kleinen Dicken mit den kurzen Beinen.“ Dann lacht auch sie, als sie einen Blick in den Kofferraum wagt. Alles ist durcheinander gerollt. Ein richtiges Stylbild.
Die Oma wendet sich zur Haustüre. Von Markus ist nichts mehr zu sehen. „Ich schicke euch Markus mit einer Kiste heraus. Dann könnt ihr das einsammeln.“ Sie dreht sich schnell um und geht auf das Haus zu.
Anne und Monika stehen vor dem Kofferraum. Ihre Taschen haben sie wieder abgestellt. Mit den Schultern zuckend warten sie auf Markus, der kurz darauf im Schlenderschritt eine Kiste herträgt, abstellt und wieder verschwinden will.
„He, nicht so schnell, junger Mann“, hält Anne ihren Sohn zurück. „Die Kiste darfst du dann deiner Lieblingsoma in die Küche tragen.“
Gelangweilt bleibt der Junge neben den Frauen stehen und wartet, bis sie den Einkauf des Nachmittags in die Kiste gestapelt haben. Dann hebt er sie auf und trägt sie, wie ihm geheißen, in die Küche.
Monika zieht den Kofferraumdeckel zu, hebt ihre Tasche auf, verschließt das Auto und folgt ihrer Freundin ins Haus. Die zwei Frauen gehen sofort in das Zimmer, das ihnen zugeteilt ist. Es ist immer das gleiche.