Die Kiste Gottes. Stefan Gämperle

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Die Kiste Gottes - Stefan Gämperle

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Abends in seine kleine, muffige Zweizimmerwohnung neben den Bahngleisen zurückkehrte und auf dem Sofa im Wohnzimmer ein rotes Paket vorfand. Schnell riss er die Schnur und das Papier herunter. Darin fand er einen Brief und eine rot-schwarze Robe mit einer roten Kapuze.

      Vor Freude schrie Carpaun und sprang im Zimmer herum.

      Der Brief enthielt lediglich Informationen darüber, wann und wo das nächste Treffen der Organisation stattfinden würde. Die Robe symbolisierte, dass er jetzt dazugehörte. Carpaun hatte eine Familie gefunden, einen Ort an dem er sich selber sein durfte und an dem man ihn achtete.

      All das lag nun schon drei Monate zurück und dieser Auftrag war sein erster. Er hatte sich sofort freiwillig gemeldet, als der Rat jemanden dafür suchte. Seine Erfahrungen als Bodyguard sollten ihm helfen auch in schwierigen Situationen auf sich selber aufpassen zu können. Sein Ehrgeiz liess ihn nicht warten bis er an der Reihe war in der Organisation aufzusteigen. Er wollte schneller empor. Auch lohnte es sich finanziell. Die untersten Schichten, in der er sich derzeit befand, erhielten keine Zuwendungen von der Organisation. Dies galt als eine Prüfung der Loyalität. Bei höheren Rängen erhielt man Vergünstigungen und auch einen Lohn. Carpaun wollte seinen momentanen Job als Nachtwächter so schnell wie möglich loswerden und ganz den Zielen der Gruppe dienen.

      Carpaun zog das Handy aus der Tasche und wählte die Nummer des Obersten. Nach zweimaligem Klingeln meldete sich eine dunkle, warme Männerstimme.

      „Was gibt es Neues?“, fragte der Oberste ohne Umschweife. Es konnte sich nur um Carpaun handeln. Die Nummer, die Carpaun gewählt hatte, war speziell für diese Operation eingerichtet worden, genauso wie das Handy das Carpaun benutze nur dieses eine Mal verwendet wurde. Am Ende der Mission würden beide Handys zerstört werden. Dadurch sollte es Verfolgern unmöglich gemacht werden, die Personen zu identifizieren, welche die Telefone benutzten. Die Gruppe verfügte über genügend Verbindungen sich eine Telefonnummer unter Angaben von falschen Daten einrichten zu lassen.

      „Oberhofer ist vor ungefähr zwanzig Minuten zu Hause angekommen, blieb dann eine Weile in der Garage und sitzt nun in einem Turmzimmer“, berichtete Carpaun.

      „Und, hat er die Kiste?“

      „Ich konnte es nicht genau erkennen. Oberhofer fuhr mit dem Wagen direkt in die Garage und ging von dort ins Haus. Aber ich glaube gesehen zu haben, wie er eine Kiste im Arbeitszimmer auf den Tisch gestellt hat.“

      „Und bei der Übergabe? Konntest du dort auch nichts erkennen?“ Die Stimme des Obersten klang ungeduldig.

      Carpaun wollte dem Obersten nicht mitteilen, dass er Oberhofer nicht bis zur Übergabe hatte folgen können. Er begann mit der Ausrede, die er sich während der Wartezeit auf dem Parkplatz zurechtgelegt hatte. „Die Übergabe fand auf einer Autobahnraststätte statt. Ich konnte deshalb nicht nahe genug ran, ohne bemerkt zu werden“, log er deshalb und hoffte das ihm der Oberste die Geschichte abkaufen würde. „Ich wollte unsere Organisation nicht in Gefahr bringen und ausserdem hat unser Informant ja gesagt, dass die Kiste zu Oberhofer unterwegs sei“, fügte er noch schnell hinzu.

      „Da hast du richtig gehandelt“, antwortete der Oberste mit ruhiger Stimme. „Aber wir müssen wissen, ob die Kiste bei ihm angekommen ist. Es könnte sein, dass sie an jemand anderen gegangen ist. Unser Mann vor Ort hat lediglich spekuliert. Sicher lassen die Verbindungen zwischen Deutz und Oberhofer eine solche Vermutung als wahrscheinlich erscheinen, aber wir brauchen Gewissheit. Danach können wir weitere Schritte planen. Erst dann wissen wir wie ernst die Lage ist.“

      „Ich kann leider nicht genau in das Zimmer sehen, in dem sich Oberhofer im Moment aufhält. Es ist auch schwer ungesehen zu seinem Haus zu gelangen. Es liegt abgelegen am Waldrand. Jeder der auf der Strasse zum Wald fährt, muss zwangsläufig zum Haus gelangen. Von dem Turm, in dem Oberhofer sitzt, kann er die gesamte Zufahrt überblicken. Es fiele ihm sicher auf, wenn sich jemand seinem Anwesen nähern würde.“

      „Was schlägst du also vor?“, fragte der Oberste fordernd.

      „Wie wäre es, wenn ich in sein Haus einbreche um nach der Kiste zu suchen?“, schlug Carpaun vor.

      Es entstand eine kurze Pause. „Ja, mach das. Wenn er schläft, brichst du ins Haus ein und holst unser Eigentum für uns zurück.“

      „Wäre es nicht besser, wenn wir warten bis er das Haus verlässt?“ Carpaun hatte noch nie einen Einbruch begangen und wollte es lieber versuchen, wenn sich niemand im Gebäude befand.

      „Und was geschieht, wenn er die Kiste mitnimmt?“, fragte der Oberste wütend. Er war es gewohnt, dass seine Befehle ausgeführt und nicht hinterfragt wurden. „Ausserdem können wir es uns nicht leisten noch länger zu warten. Je mehr Zeit vergeht, desto grösser ist die Gefahr, dass noch weitere Leute von der Kiste erfahren. Das darf nicht geschehen! Es sind schon zu viele Gerüchte im Umlauf. Alleine, dass von der Kiste gesprochen wird, ist schon zu viel! Seit langem lag sie in Ruhe gebettet und von der Menschheit unbeachtet, so wie es sein muss. Was zurzeit geschieht, darf nicht sein. Die Zeit ist noch nicht reif. Wir brauchen die Kiste für unsere Organisation. Sie wird uns eines Tages dazu verhelfen, endlich das Ansehen und die Wertschätzung zu erhalten, die uns zusteht. Wir werden diejenigen sein, die der Menschheit die Augen öffnet! Wir alleine werden die Überbringer der Wahrheit und Weisheit sein! Wir werden denjenigen an die Spitze setzen, der laut der Überlieferung dorthin gehört! Doch ist noch zu früh, die Welt nicht bereit. Wie müssen weiter geduldig warten und die Geheimnisse bewahren. Unsere Stunde wird kommen und dann werden wir bereit sein.“ Er predigte mit einer Stimme, mit der er Zuhörer in seinen Bann zu schlagen vermochte.

      „Jawohl Oberster, ich werde noch heute Nacht den Auftrag erledigen!“, antwortete Carpaun mit brennendem Eifer.

      „Und vergiss nicht“, erinnerte der Oberste Carpaun eindringlich, „es gibt nichts, was wichtiger ist als unsere Organisation. Für den Ruhm und die Anerkennung in der Gesellschaft ist kein Preis zu hoch!“

      Die Leitung wurde unterbrochen. Der Oberste hatte aufgelegt. Carpaun wusste, was er mit der letzten Bemerkung meinte. Er griff in das Handschuhfach und nahm die geladene Magnum und das Messer heraus, steckte beides in seine alte Winterjacke und stieg aus dem Honda Civic. Er streckte seine starren Glieder und begab sich entschlossen auf den Weg zu Oberhofers Haus. Er wollte das Eigentum der Organisation zurückholen: Koste es was es wolle.

      3.

      Mozarts kleine Nachtmusik, gespielt von den Berliner Philharmonikern, erfüllte den Raum. Die Klänge schienen sich in der modern eingerichteten Dachwohnung wohl zu fühlen. Der dunkle Holzboden und die Deckenbalken spielten harmonisch mit dem Weiss der Wände, an denen wenige Gemälde hingen. Die Möbel verteilten sich locker im Raum.

      Jessica Neumann holte die Tasse Earl Gray aus der Küche, nahm das Buch von der silbernen Anrichte im Esszimmer und legte beides auf den kleinen gläsernen Salontisch im Wohnzimmer. Als die Duftkerzen begannen ihren lieblichen Duft zu verströmen, ging sie zu ihrem Lesestuhl und legte die Beine auf den Hocker. Sie trank einen Schluck Tee, nahm das Buch vom Tisch und legte es auf die Beine. Sie schloss die Augen und lauschte einige Augenblicke lang der Musik. Gerne hätte sie sich selber ans Klavier gesetzt und etwas gespielt, doch dafür war es zu spät. In Gedanken liess sie den Tag nochmals Revue passieren.

      Am Morgen hatte sie zwei Vorlesungen an der Universität über Platons „Der Staat“ gehalten. Danach war sie nach Hause gefahren, um das Mittagessen für die Kinder zu bereiten. Obwohl sie Pizza gebacken hatte, schien es eine Ewigkeit zu dauern bis die Kinder ihre Teller leer gegessen hatten. Marco, der älteste, ass mit viel Appetit und war schnell mit dem Essen fertig. Er beeilte sich immer,

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