Die Kinder der Schiffbrüchigen. Jonas Nowotny

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Die Kinder der Schiffbrüchigen - Jonas Nowotny

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Sie sprach gedämpft. Maria schlief friedlich in einem Tragetuch, das sie um ihren Oberkörper geschlungen hatte.

      »Kannst du dir das nicht denken?«, sagte Alexander. »Ich helfe dir mal: Man hat das Zeug in deinem Weidenkorb gefunden!«

      »Welches Zeug?«

      »Das Zeug, das den Brand ausgelöst hat. Wie ist es in deinen Korb gekommen, Catrin?«

      »Der Korb stand unbeobachtet in einer Ecke, ich hatte ihn abgestellt. Jeder konnte da was reinstecken. Glaubst du wirklich, ich lege Rauchbomben?«

      »Ich glaube gar nichts. Aber die Polizei scheint dich zumindest im Verdacht zu haben ...«

      »Die Polizei hat jeden Winkel unserer Wohnung auf den Kopf gestellt. Sie haben nichts gefunden, nicht das Geringste. Ich habe mit der Rauchbombe nichts zu schaffen. Hör mal, das kannst du mir wirklich glauben, Alex.« Sie sah ihn betreten an. »Es tut mir weh, dass du mir so was zutraust.«

      Alexander glaubte ihr kein Wort. Catrin war nicht dumm. Dass die Polizei keine Beweise bei ihr gefunden hatte, bedeutete gar nichts. Er schwieg, blickte auf den Neckar, beobachtete ein Schwanenpaar, das fauchend einer vorbeiziehenden Stockente drohte.

      »Alex, ich will keinen Hehl daraus machen: Das mit eurer Adoption gefällt mir nicht, das gebe ich gerne zu. Ihr hättet Louis nicht zu euch nehmen dürfen. Es ist gegen die Natur, gegen Gottes Gesetz. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich Bomben lege.« Der Dieselmotor heulte auf und übertönte das Ende ihrer Rede. Gemächlich bewegte das Schiff sich zur Mitte des Flusses und fuhr entgegen dem Strom ab. Am Ufer standen Leute und winkten.

      »Was willst du?«, fragte Alexander mit verschränkten Armen. Er versuchte, ihr direkt in die Augen zu schauen, doch sie wich aus und wandte ihren Blick dem Ufer zu. »Ist das da nicht…?« Sie blinzelte. »Doch! Das ist ja euer Fotograf. Wie hieß er noch gleich?« Sie deutete hustend die Uferböschung hinauf. Alexanders Augen folgten ihrer Hand. Er sah die Linse einer Kamera, die Oliver auf ihn und Catrin gerichtet hielt. Was wollte er schon wieder hier? Unwillkürlich winkte Alexander ihm zu. Oliver winkte zurück.

      »Ein Suchender, wenn du mich fragst«, raunte Catrin.

      »Du hast immer deine Missionarsklauen ausgefahren, was?«

      »Sehr witzig.«

      Oliver stellte den Roller ab und ging auf die Geschwister zu.

      »Hallo!«, grüßte er und nestelte den Rucksack vom Rücken. »Ich habe mir die halbe Nacht um die Ohren geschlagen! Aber jetzt sind sie fertig.« Er lächelte und holte einen Umschlag aus dem Sack.

      »Oh, die Fotos!« Alexander nahm das Kuvert in Empfang. »Das ist ja nett!«

      Ein Lächeln umspielte Olivers Mund. Er blickte tief in Catrins Augen, bis sie ihren Blick verlegen abwandte.

      »Zum Glück habe ich die Speicherkarte nicht gelöscht, nachdem ich die Fotos auf den Rechner kopiert hatte. Sonst wären Sie jetzt zusammen mit meinem Computer bei der Polizei. Wer weiß, wann ich meine Sachen zurückbekomme!« Alexander, der in den Bildern blätterte, richtete den Kopf auf.

      »Die tappen übrigens nach wie vor im Dunkeln. Oder wissen Sie was?«, fragte Oliver. Alexander meinte, etwas Verräterisches in seinen Augen zu erkennen, die jetzt wieder Catrin fixierten. Hatte Oliver vorgestern nicht gesagt, auch die Speicherkarten lägen bei der Polizei?

      »Es tut mir Leid, dass man Sie verdächtigt hat«, tastete Alexander sich heran.

      »Ach, die Beamten haben mir gesagt, prinzipiell sind alle Gäste verdächtig«, erklärte Oliver gelassen. »Hat man Sie nicht verhört, Catrin?«

      Catrin sah ihn mit offenem Mund an. Dann schüttelte sie wortlos den Kopf. Wie zum Protest gegen die Frage schnäuzte sie geräuschvoll in ihr Taschentuch.

      »Oh«, grummelte Oliver, »da hab ich wohl was Falsches gesagt.« Verlegen rückte er den Rucksack zurecht und blickte Alexander an. Das ist schon eine komische Type, dachte Alexander. Oliver räusperte sich, als er nochmals in den Rucksack griff. Er zog einen weiteren, kleineren Umschlag hervor. »Das hier ist eine DVD mit den Dateien. Für weitere Abzüge, wenn Sie wollen.« Er lächelte Catrin verbindlich zu. »Auf Wiedersehen.«

      »Vielen Dank auch nochmal!«, rief Alexander ihm hinterher. Oliver steuerte wieder auf die Vespa zu.

      Catrin sah ihm nach. »Ein schwerer Fall«, raunte sie hinter ihrem Taschentuch und trat gedankenverloren gegen einen Kiesel. Mit dumpfem Plopf versank er im Neckar. »Björn und ich versuchen es wieder«, sagte sie plötzlich unvermittelt. Alexander lachte innerlich. Versuchen, eine nette Umschreibung für Sex. Trotzdem wusste er nicht, was er mit der Information anfangen sollte. Er entschied sich für einen Scherz. »Als Jesus sagte, lasset die Kinder zu mir kommen, hat er sicher nicht gemeint, es müssten alle von euch sein, oder?«

      Catrin lächelte müde, und auch Alexander fand den Witz fad.

      »Deshalb waren wir auf euer Feier.« Catrin stockte und suchte den Boden nach einem neuen Kiesel ab.

      »Ihr ward auf Louis‘ Feier, weil ihr wieder ein Baby wollt?«

      Catrin wagte ein halbes Lächeln, räusperte sich. »Nein, wenn wir ein viertes Kind bekommen, wird unsere Wohnung endgültig zu klein. Ich komme mir jetzt schon vor, als lebte ich auf einer Briefmarke. Wir wollen ein Haus.«

      Alexander zog die Stirn in Falten. Noch immer ahnte er nicht, in welche Richtung die Unterhaltung steuerte. Er blickte seine Schwester ungeduldig an. Komm endlich zum Punkt, dachte er.

      »Unser Bankberater meint, wir haben für ein Eigenheim zu wenig Erspartes.« Erleichtert atmete Catrin aus. Alexander wusste nicht, was er mit der Information anfangen sollte. Seit wann besprach seine Schwester solche Probleme mit ihm? Er gab keinen Anlass anzunehmen, dass sich seit ihrem Zerwürfnis wieder Vertrauen eingestellt hatte. Er schaute zum Himmel. Die Gewitterwolke zog heran. Er deutete mit dem Kinn zum Containerbüro der Thalberg Journeys. Er war im Dunkelblau des Firmenlogos lackiert. Eine schlechte Entscheidung, wie sich herausstellte, denn durch den dunklen Anstrich heizte das Büro sich im Sommer schnell auf. Doch statt den Container in einem helleren Ton zu lackieren, bauten sie eine Klimaanlage ein.

      Das Äußere ließ nicht auf das geschmackvoll eingerichtete Innere schließen: Im Eingangsbereich standen eine Bananenstaude und ein cremefarbenes Sofa. An den Wänden hingen gerahmte Fotos der Thalbergflotte. Der zukünftige Gast sollte sich ein Bild von der Ausstattung der Schiffe machen können. Seine Reise buchte man am Tresen, der den Kundenbereich vom Office trennte.

      »Ist Papa nicht da«, fragte Catrin und setzte sich auf den Drehstuhl ihrer Mutter. Alexander verneinte und machte sich in der winzigen Küchenzeile zu schaffen, die sich hinter einem Vorbau verbarg.

      »Kaffee oder Tee?«

      Catrin hustete. »Tee. Pfefferminz bitte, wenn du hast.«

      »Klar. Mama trinkt ihn literweise.« Alexander fühlte eine Spannung, die sich jeden Moment entladen würde. Der Wasserkocher brodelte, ehe er sich abschaltete. Alexander goss kochendes Wasser in die Tassen.

      »Zucker?«, fragte er und stellte ihr den dampfenden Tee auf den Tisch. Catrin schüttelte den Kopf. Komm, lass die Bombe hoch, Schwesterchen, dachte er. Mariannes Arbeitsplatz war penibel aufgeräumt und damit das genaue Gegenteil zu seinem eigenen. Es dauerte, bis er einen Platz freigeräumt hatte,

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